Briten haben ihren eigenen Kopf Großbritannien war doch nie EU
03.06.2016, 19:00 Uhr
Briten haben ihren eigenen Kopf.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Die britische Bindung zu Rest-Europa war nie eine Liebesbeziehung. Ob Tee oder Linksverkehr - die Briten zelebrieren viel zu gerne ihr Anderssein. Ein Brexit passt perfekt ins Bild.
Vielleicht hatte sich Europa mehr Treue von seinem Partner auf der anderen Seite des Ärmelkanals versprochen - allein wegen all der Jahre, die man Seite an Seite um die europäische Integration gerungen hat. Aber es ist anders gekommen. Am 23. Juni könnte die Mehrheit der Briten für einen EU-Austritt stimmen, dann ist Schluss mit der Partnerschaft. Das wäre ein bisschen traurig, ein Drama ist es nicht.
Nicht-Briten könnten an diesem Tag vielmehr über die Frage brüten, warum und seit wann Großbritannien überhaupt zu Europa gehörte. Es mag überraschen, aber das Königreich ist ein Unterzeichner des Maastricht-Vertrags der ersten Stunde. Seit 1973 gehört es der Europäischen Gemeinschaft (EG) an, 1992 unterzeichnete es mit elf anderen Staaten den "Vertrag über die Europäische Union". Seitdem war aber auch das Genörgel unüberhörbar. Formal mag Großbritannien deshalb zur Europäischen Union gehören, tatsächlich hat es aber immer auch sein eigenes Ding gemacht.
(K)ein Insel-Koller
Gründe warum Großbritannien nie richtig zur EU gehörte, hat die Online-Plattform ze.tt zusammengestellt - zwar mit viel Augenzwinkern, aber die Liste birgt trotzdem eine Reihe von Aha-Effekten. Der offensichtlichste Grund, warum Großbritannien anders ist, ist die Insellage, durch die die Briten schon rein geographisch eine Sonderstellung haben. Manche meinen, diese Isolation sei schuld an einer gewissen Eigensinnigkeit.
Die britische Geschichte sei geprägt von kriegerischen Eroberungen, so das Online-Portal. Die vielen Burgen und Festungsanlagen in Großbritannien erzählen von dieser Geschichte. Seit damals hat sich nicht viel verändert. Der Brite verschanzt sich noch immer gerne.
Die Insellage ist die Ursache vieler Eigenheiten. Auch beim Schengenraum pflegt Großbritannien eine Sonderrolle. Es ist zwar in der EU, aber mehr als ein "Schengen Light" ist nicht drin. Reisende aus den europäischen Partnerstaaten müssen bei Ein- und Ausreise ihren Pass vorzeigen.
Wie im Mittelalter
Auch bei der Währung legt man Wert auf einen eigenen Kopf. Während immer mehr Staaten über die Jahre die europäische Gemeinschaftswährung Euro einführten, hielt Großbritannien am Pfund Sterling fest. Für alle, die nicht auf der Insel leben, bedeutet das: Geld umtauschen. "Wie im Mittelalter", findet ze.tt. Der Grund dafür? Die Briten wollen von der Europäischen Zentralbank (EZB) unabhängig sein. Ihnen steht die Bank of England in London näher.
Unpraktisch für alle Reisenden, die nicht gewohnt sind auf der "anderen" Straßenseite zu fahren, ist der Linksverkehr. In Europa gibt es ihn sonst nur in Irland, Zypern und Malta. Angeblich gibt es den Linksverkehr, weil römische Reiter das Schwert in der rechten Hand hielten. Gerüchteweise verordnete Napoleon Bonaparte auf seinem Siegeszug durch Europa - weil er Linkshänder war - den Eroberten den Rechtsverkehr. Großbritannien hielt stand.
Was sich in den vergangenen Jahres auch nicht in eine EU-Norm zwängen ließ, sind die Steckdosen. Adapter sind mindestens genauso mittelalterlich wie Geld tauschen, aber in England, Irland und Schottland ein Muss für Reisende.
Exzessives Zelebrieren
Auch bei der Ernährung braten sich Briten im wahrsten Sinne des Wortes ein Extra-Würstchen. Welcher Europäer mag das typisch britische Frühstück? Oder wem läuft bei Porridge das Wasser im Munde zusammen? Auch das Teetrinken ist ur-britisch, auch wenn hier die Bastion langsam zu fallen scheint.
Das erste, was vielen zu Großbritannien einfällt, ist jedoch die Monarchie. Kein Volk liebt seine Königsfamilie so wie die Briten. Die Treue der Menschen zu ihrer Queen ist nahezu unerschütterlich. Von 28 EU-Mitgliedsstaaten haben zwar acht eine Monarchie, so ze.tt. Aber nur auf der Insel ist die Königin auch verfassungsgemäßes Staats- und Kirchoberhaupt.
Briten sind eben anders. Und sie zelebrieren es gerne, ob mit Tee, ihren Royals oder ihrem Linksverkehr. Letztlich auch mit der Volksabstimmung zu einem Brexit. Das Referendum passt perfekt ins Bild.
Quelle: ntv.de