"Wir wollten eine Erholung sehen" Industrie vermisst Aufträge
06.10.2015, 08:47 Uhr
Der Juli-Abschwung scheint sich zu verfestigen: Die deutsche Industrie sieht schwereren Zeiten entgegen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Düstere Signale für die deutschen Konjunkturaussichten: Die heimische Industrie erleidet im August einen überraschenden Rückschlag beim Auftragseingang. Vor allem die Bestellungen aus dem Inland brechen ein.
Die deutsche Industrie muss im August einen spürbaren Auftragsrückgang hinnehmen. Die Bestellungen sanken überraschend um 1,8 Prozent zum Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) mitteilte.
Im Vorfeld befragte Ökonomen hatten für August fest mit einem Plus von 0,5 Prozent gerechnet, nachdem im Juli bereits ein Rückgang von 2,2 Prozent zu verzeichnen war. "Die Auftragseingänge entwickelten sich nach der starken Belebung im zweiten Quartal zuletzt schwach", erklärte das Ministerium. Im zweiten Quartal hatte das BMWi bei den Auftragseingängen in der Industrie ein Plus von 2,9 Prozent verzeichnet.
Der aktuelle Rückgang im August sei "durch Ferieneffekte überzeichnet", teilten die Konjunkturexperten aus dem Haus von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel mit. Das Minus von 1,8 Prozent wurde allerdings als preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigt ausgewiesen. Im Zweimonatsvergleich Juli/August gegenüber Mai/Juni schwächten sich die Bestellungen um 2,2 Prozent ab.
Europa stützt Deutschland
Die Bestellungen aus dem Ausland sanken im August um 1,2 Prozent, die Inlandsorders um 2,6 Prozent. Die Aufträge aus der Eurozone legten dabei um 2,5 Prozent zu, während der Auftragseingang aus dem restlichen Ausland um 3,7 Prozent einbrach. Die Impulse aus Ländern außerhalb des Euroraums erschienen "gegenwärtig weniger verlässlich", erklärten die Experten.
Über alle Produktgruppen hinweg entwickelte sich der Auftragseingang rückläufig: Die Bestellungen von Investitionsgütern nahmen um 2,8 Prozent ab, die von Konsumgütern um 1,5 Prozent und die von Vorleistungsgütern um 0,4 Prozent.
Aktienexperten schwer enttäuscht
An der Börse kommen die neuen Daten aus dem Wirtschaftsministerium gar nicht gut an: Ein Händler bezeichnete den Auftragseingang im August als "grottenschlecht". Mit dem saisonbereinigten Rückgang um 1,8 Prozent wurden die Hoffnungen auf eine Erholung massiv enttäuscht. "Wir wollten eine deutliche Erholung sehen, damit sich der Abschwung vom Juli nicht weiter verfestigt", sagte ein Börsianer. Doch genau dies sei nun geschehen.
Für die Aktienmärkte müsse dies aber nicht unbedingt eine schlechte Nachricht sein, ergänzte ein Marktbeobachter: "Es untermauert die Ansicht der Notenbanken, die Welt weiter mit billigem Geld fluten zu müssen." Fantasien auf erweiterte Stützungsmaßnahmen in Europa dürften damit neue Nahrung erhalten.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts