Wirtschaft

Arzneimittel bald billiger? Medikamenten-Preisbindung ist rechtswidrig

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Die Preise für rezeptfreie Arzneimittel sind flexibel, hier können Kunden erheblich sparen. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten sieht das in Deutschland bisher anders aus. Nun räumt der EuGH Apotheken mehr Spielraum ein.

Ein rezeptpflichtiges Arzneimittel kostet in Deutschland überall gleich viel. Egal ob man es in einer ausländischen Versandapotheke oder in einer Apotheke vor Ort kauft. Nach einem EuGH-Urteil steht die Preisbindung in ihrer aktuellen Form auf der Kippe.

Ein wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs wirbelt den deutschen Apothekenmarkt auf. Die Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente schränke den grenzüberschreitenden freien Warenverkehr ein und verstoße damit gegen EU-Recht, urteilten die Luxemburger Richter (Rechtssache C-148/15). Von einem Preiswettbewerb könnten hingegen die Patienten profitieren, hieß es. Apothekerverbände zeigten sich entsetzt.

Bislang ist die Preisbindung in Deutschland streng geregelt: Die Hersteller legen die Preise ihrer rezeptpflichtigen Medikamente fest. Auf die Einkaufspreise erheben die Apotheken dann einen einheitlichen Aufschlag von drei Prozent. Dazu kommt ein Fixbetrag von 8,35 Euro je Packung, zuzüglich 16 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes. Ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel kostet also überall in Deutschland dasselbe. Und an die einheitlichen Abgabepreise müssen sich aktuell auch Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland halten.

EuGH ist nicht für deutsche Apotheken zuständig

Da der grenzüberschreitende Warenverkehr - auch mit rezeptpflichtigen Medikamenten - EU-Recht berührt, war nun der EuGH mit dem Fall befasst. Die Preisbindung für Medikamente, die innerhalb Deutschlands vertrieben werden, fällt hingegen allein in die nationale Zuständigkeit.

Die bestehende Regelung könne Anbietern aus anderen EU-Ländern den Zugang zum deutschen Markt erschweren, befanden die Luxemburger Richter nun. Grundsätzlich könne zwar eine Beschränkung des freien Warenverkehrs mit dem Schutz der Gesundheit und des Lebens gerechtfertigt werden, doch die Preisbindung sei dazu nicht geeignet.

In einer ersten Reaktion teilte das Gesundheitsministerium mit, die Preisbindung sei nach dem Urteil nicht mehr auf Versandapotheken im EU-Ausland anwendbar. Nun würden Konsequenzen geprüft. Priorität habe für die Bundesregierung indes ein flächendeckendes Apotheken-Netz. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums ist es ein Ziel der Preisbindung zu verhindern, dass Medikamente zu teuer und Krankenkassenbeiträge unbezahlbar werden.

Versandhandelsverbot als Option

Die Richter erklärten hingegen, es sei nicht nachgewiesen worden, inwiefern durch eine Festlegung einheitlicher Preise eine flächendeckende Verteilung traditioneller Apotheken in Deutschland gefördert würde. Vielmehr könne ein Preiswettbewerb auch Anreize zur Niederlassung in Gegenden bieten, in denen wegen der geringeren Zahl an Apotheken höhere Preise verlangt werden könnten.

"Es kann nicht sein, dass ungezügelte Marktkräfte über den Verbraucherschutz im Gesundheitswesen triumphieren", sagte der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, Friedemann Schmidt. "Eine denkbare Lösung wäre ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland."

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) erwartet, dass jetzt der Druck auf die Arzneimittelpreise nach dem Urteil zunehmen wird. Auf diesen Effekt hat auch der EuGH-Generalanwalt Maciej Szpunar in seinem Gutachten zu der Frage verwiesen: Ohne eine Preisbindung könnte es zu niedrigeren Preisen kommen, "was dem System der sozialen Sicherung zugutekommen könnte", führte er aus.

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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