Wirtschaft

Aramco soll an die Börse Saudi-Arabien plant gigantischen Staatsfonds

Der Reformer in Riad: Mohammed Bin Salman gehört zu einer neuen Generation im saudischen Königshaus.

Der Reformer in Riad: Mohammed Bin Salman gehört zu einer neuen Generation im saudischen Königshaus.

(Foto: REUTERS)

Saudi-Arabien kämpft mit dem niedrigen Ölpreis - das ist auch im Haushalt spürbar. Nach dem Milliardendefizit 2015 muss das Land dringend Strukturreformen einleiten: Nun soll der staatliche Ölkonzern Aramco an die Börse gebracht werden.

Die Ölmacht Saudi-Arabien leidet massiv unter dem niedrigen Ölpreis, seit zwei Jahren fallen die Preise ins Bodenlose. Nun reagiert das Land und kündigt einen Strategiewechsel an.

Ölpreis
Ölpreis 69,75

In einem fünfstündigen Gespräch mit der Agentur Bloomberg erklärt der stellvertretende Kronprinz Mohammed Bin Salman seine Vision für die Zukunft: Er will den größten Öllieferanten und saudischen Staatskonzern Aramco spätestens 2018 an die Börse bringen. Private Investoren sollen als Teil der neuen Strategie rund fünf Prozent der Anteile erwerben können – der Rest bliebe unter Kontrolle des Königsreichs. Für die Verwaltung der Öleinnahmen solle ein Staatsfonds geschaffen werden, so Salman: Es wäre der größte der Welt.

Der saudische Staatsfonds würde mit geschätzten zwei Billionen Dollar den aktuell größten Staatsfonds aus Norwegen, der seinen Ölreichtum im "Statens pensjonsfond utland" bündelt, bei Weitem überflügeln. Zum Vergleich: Norwegens Fonds lag Ende des vergangenen Jahres bei lediglich 825 Milliarden US-Dollar. Der saudische Fonds wäre groß genug, um Apple, den Google-Mutterkonzern Alphabet, Microsoft und Berkshire Hathaway zu kaufen – die vier größten börsennotierten Unternehmen der Welt.

"Der Börsengang von Aramco und der Verkauf von Anteilen würde technisch gesehen Ölförderung als Haupteinnahmequelle durch Investitionen ersetzen", sagte der saudische Prinz in dem Interview. Der Staatsfonds, in dem die Einkünfte aus dem Ölgeschäfte verwaltet werden, solle dem Land helfen, seine Wirtschaft zu diversifizieren, erläuterte Salman weiter. Der Umbau könne den Öl-Giganten Aramco und damit auch Saudi-Arabien in die Zeit nach dem Öl führen. Innerhalb von 20 Jahren, so Salman, würde Saudi-Arabien zu einer vom Öl unabhängigen Wirtschaft.

Preiserhöhung für Benzin, Strom und Wasser

Der Entwurf für einen Strukturwandel reiht sich ein in eine Serie von Maßnahmen, die das Königreich im vergangenen Jahr eingeleitet hat. Experten befürchten allerdings, dass diese nicht ausreichen. Der Staatshaushalt hatte im vergangenen Jahr mit einem Rekordminus von 98 Milliarden Dollar, umgerechnet 89,4 Milliarden Euro, abgeschlossen. Die Regierung zog umgehend Konsequenzen: Die Benzinpreise wurden drastisch erhöht und Subventionen auch für Wasser und Strom gekürzt. Mehr solcher kurzfristigen Maßnahmen gemäß einem "Nationalen Transformationsplan" will das Königshaus im Laufe des kommenden Monats vorstellen.

Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Umschwung als Reaktion um die Preisschlacht am Ölmarkt zu spät kommt. Eine Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) von 2014 zeigt jedenfalls, dass es "viele Beispiele fürs Scheitern" gibt, wenn Ölmächte versuchen, ihre Abhängigkeit vom schwarzen Gold zu reduzieren. Die Golfstaaten könnten ihre beste Chance dazu verpasst haben, als der Ölpreis noch bei 100 US-Dollar pro gefördertes Fass lag.

Neue Generation in Riad

Die Pläne des Kronprinzen Mohammed Bin Salman kommen im streng abgeschirmten Öl-Imperium dennoch einer Revolution gleich. Fast achtzig Jahre nach Entdecken der erstens saudischen Ölquellen hat das Königshaus offenbar im 30-Jährigen Kronprinzen jemanden gefunden, der das Land öffnen und so eine neue Wirtschaftsära einleiten könnte. Salman selbst beschrieb seine Pläne als "sehr aggressiv" – allerdings habe Aramco als größter Ölproduzent der Welt, die Energiezukunft mitzugestalten und zu kontrollieren: "Von heute an", so der Prinz, "wollen wir diesen Weg gehen."

Ob der konservativer eingestellte Teil des Königshauses und vor allem die religiöse Fraktion im Land den Wandel mitträgt, muss sich zeigen – allerdings könnte schon bald die Frage im Raum stehen, ob das Land überhaupt eine Wahl hat. Der Internationale Währungsfonds hat Saudi-Arabien gewarnt, dass ohne Einsparungen und Reformen die Finanzreserven des Landes in nur fünf Jahren aufgebraucht sein würden.

Quelle: ntv.de, jgu

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