Wirtschaft

Deutschland hadert mit Abnehmern So steht es um die Rüstungsindustrie

Oft sind für die Rüstungsindustrie Exporte in Länder mit starker Nachfrage politisch besonders umstritten.

Oft sind für die Rüstungsindustrie Exporte in Länder mit starker Nachfrage politisch besonders umstritten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Panzer, U-Boote, Kriegsschiffe, Pistolen oder Gewehre - deutsche Rüstungsgüter sind begehrt auf der Welt. Trotzdem hat die Branche zu kämpfen. In Europa sparen die Verteidigungsminister, Exporte ins Ausland sind kompliziert und vor allem politisch hoch umstritten.

Die deutsche Rüstungsindustrie hat es nicht leicht. Die Bundeswehr spart, bei den europäischen Nachbarn sieht es kaum besser aus. Die Konkurrenz auf dem Weltmarkt ist hart - und ausgerechnet Exporte in Länder, in denen die Machthaber keine Geldsorgen haben, sind politisch heikel und hochumstritten. Wenn man nicht aufpasse, werde der Waffenhandel rasch ein "Geschäft mit dem Tod", sagte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel von der SPD jüngst. Bei der CSU betont man hingegen die wirtschaftliche Bedeutung der Branche. Auch die IG Metall macht sich große Sorgen um viele Arbeitsplätze.

Wie viele Menschen arbeiten in der Branche überhaupt?

Aktuelle Zahlen gibt es nicht. Die letzte Erhebung im Auftrag des Bundesverbands der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) zählte 2011 knapp 100.000 Stellen direkt bei den Unternehmen. Weitere rund 120.000 Jobs kommen demnach etwa bei Zulieferern hinzu. Zudem zählt der BDSV noch weitere knapp 100.000 Arbeitsplätze, die indirekt durch die Branche geschaffen werden, etwa im Einzelhandel an großen Standorten. Alles zusammen hingen damit direkt und indirekt rund 320.000 Stellen von der Branche ab.

Welche Bedeutung hat die Industrie?

Deutschland gehört zu den größten Waffenexporteuren der Welt und steht mit einem Anteil von 7 Prozent an dritter Stelle nach den USA mit 30 Prozent und Russland mit 28 Prozent, heißt es beim Friedensforschungsinstitut Sipri. Verglichen mit den globalen Rüstungsriesen sind die deutschen Firmen aber eher kleinere Spezialisten. Airbus ist das einzige zumindest teilweise deutsche Unternehmen, das sich in den Top Ten findet, auf Rang sieben. An der Spitze stehen die US-Giganten Lockheed Martin und Boeing, gefolgt von der britischen BAE Systems und den US-Firmen General Dynamics, Raytheon oder Northrop Grumman.

Wer steckt eigentlich hinter der deutschen Rüstungsindustrie?

Mehr als 40 Firmen finden sich unter dem Dach des BDSV - darunter bekannte Waffenhersteller wie etwa die Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall, deren Produkte wie Leopard oder Boxer weithin bekannt sind. Dazu kommt die Rüstungssparte von Airbus, aber auch Firmen, die auf den ersten Blick nur wenig mit Rüstung zu tun haben, etwa eine Tochter des Hochdruckreinigerherstellers Kärcher, die Glasfirma Schott oder die WEW Westerwälder Eisenwerk GmbH, aber auch der Handwaffenhersteller Heckler & Koch.

Was produzieren die Unternehmen?

Die Bandbreite ist enorm. Von Kriegsschiffen über Panzer und Kanonen bis hin zu Flugzeugen reicht die Palette großer Waffensysteme, die am ehesten mit der Industrie in Verbindung gebracht werden. Doch gemessen am Wert der Gesamtproduktion machen diese sogenannten konventionellen Rüstungsgüter inzwischen den kleineren Teil der Produktion aus. 2011 lag der Produktionswert dieser Güter laut BDSV bei 3,9 Milliarden Euro. Der größere Teil im Wert von 18,7 Milliarden Euro entfiel auf Überwachungstechnik, Schutzeinrichtungen, Computer oder Software, denn Rüstungsgüter sind keineswegs immer Waffen. Auch Dieselmotoren für Lkw können je nach Kunde zum Rüstungsgut werden.

Wer sind die Kunden?

Ganz überwiegend kommen die Aufträge von Staaten, die ihre Armeen ausrüsten. Das ist vor allem in Europa ein Problem: Nach dem Ende des Kalten Krieges gingen Aufträge massiv zurück, kleinere und modernere Streitkräfte brauchten weniger Waffen. Dazu kommen Sparzwänge.

Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise sparen die Finanzminister, auch in Deutschland werden Projekte gekürzt, Bestellungen reduziert und Aufträge verschoben. Weniger sparsame Kunden sind etwa Staaten im Nahen oder Mittleren Osten, die seit Jahren kräftig in den Ausbau ihrer Streitkräfte investieren. Mehr als 20 Prozent der Rüstungsexporte aus der EU gingen allein 2011 in diese Region, wie aus Zahlen des Internationalen Konversionszentrum in Bonn hervorgeht. Doch gerade der Export von Waffen etwa in die Golfstaaten birgt zumindest in Deutschland enormen politischen Sprengstoff.

Quelle: ntv.de, Sebastian Raabe, dpa

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