Wirtschaft

"Wir fahren auf Sicht" VW streicht Investitionen zusammen

Matthias Müller muss seinem Konzern einen strikten Sparkurs verordnen.

Matthias Müller muss seinem Konzern einen strikten Sparkurs verordnen.

(Foto: dpa)

Noch ist das Ausmaß des Schadens hinsichtlich des Abgasskandals nicht genau beziffert. Volkswagen baut schon einmal vor und schwingt bei den Investitionen den Rotstift. Autoexperte Becker bleibt skeptisch.

Volkswagen kürzt wegen des Abgasskandals erstmals seit der Finanzkrise 2009 die Investitionen. Vorstandschef Matthias Müller kündigte anlässlich einer Aufsichtsratssitzung in Wolfsburg an, die Sachinvestitionen für 2016 auf 12 Milliarden Euro zu senken. Gleichzeitig werde Volkswagen im kommenden Jahr 100 Millionen Euro mehr als bisher für alternative Antriebe ausgeben. Der Konzern will sich wegen Dieselskandals verstärkt auf Elektroautos konzentrieren. n-tv.de Autoexperte Helmut Becker bleibt skeptisch.

"Die Kürzung betrifft mit rund fünf Milliarden Euro fast  ein Drittel der für 2016 geplanten Investitionen - das ist heavy und allein den drohenden Strafzahlungen geschuldet", sagt Becker. "Dagegen nehmen sich die 100 Millionen Euro mehr für alternative Antriebe eher wie eine PR-Maßnahem aus", kritisiert er. "Substanziell kann man damit wenig bewirken!"

"Nicht auf Kosten der Zukunft sparen"

"Wir fahren in den kommenden Monaten auf Sicht", sagte Müller. VW werde aber nicht auf Kosten der Zukunft sparen, sondern sich auf die Technologien der Zukunft konzentrieren. Müller wird vorübergehend auch das Personalressort von Horst Neumann übernehmen. Dieser geht in den Ruhestand.

"Neumann war die alte Seilschaft. Offensichtlich meint Müller es ernst mit der Kulturrevolution", kommentiert Autoexperte Becker. "Zumindest hat er dafür jetzt den Schlüssel in der Hand."

Im vergangenen Jahr hatte der Aufsichtsrat für Investitionen im Fünf-Jahres-Zeitraum von 2015 bis 2019 die Rekordsumme von 85,6 Milliarden Euro beschlossen, 17,1 Milliarden Euro pro Jahr. Müller hatte aber bereits nach Bekanntwerden der Abgasmanipulationen angekündigt, alle Ausgaben auf den Prüfstand zu stellen.

Volkswagen hatte nach langem Ringen mit den US-Umweltbehörden im September zugegeben, Stickoxid-Werte durch eine Software geschönt zu haben und muss mit hohen Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen rechnen. Womöglich muss der Konzern auch Aktionäre für erlittene Kursverluste entschädigen. Analysten schätzen den möglichen Schaden für den Konzern auf 20 bis 40 Milliarden Euro, einige rechnen sogar mit noch mehr.

6,7 Milliarden Euro hat Volkswagen bereits für den millionenfachen Rückruf von Fahrzeugen mit manipulierten Abgaswerten zur Seite gelegt. Weitere zwei Milliarden Euro könnten wegen falscher CO2-Angaben hinzukommen. Insidern zufolge verhandelt der Konzern mit mehreren Banken über eine Brückenfinanzierung von bis zu 20 Milliarden Euro, weil sich der Konzern derzeit mit der Finanzierung am Anleihemarkt schwertut.

Rückkauf von Autos

Neben Strafzahlungen, Schadensersatzforderungen sowie Kosten für Reparaturen muss der Konzern womöglich auch Autos zurücknehmen. Die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde CARB, Mary Nichols, sagte dem "Handelsblatt", es sei "ziemlich wahrscheinlich, dass VW wenigstens einen Teil der Flotte von den Besitzern zurückkaufen muss". Erfahrungen mit anderen Herstellern hätten gezeigt, dass ein Nachrüsten der Fahrzeuge oft nicht so gut funktioniere wie geplant.

In den USA sind rund 500.000 Diesel-Autos mit einer Software unterwegs, die Stickoxidwerte auf den Prüfstand senkt, die  Leistung im Normalbetrieb auf der Straße aber nicht einschränkt. Bis zu diesem Freitag muss Volkswagen den US-Umweltbehörden einen Plan präsentieren, wie der Rückruf funktionieren soll. Betroffen davon sind überwiegend Autos mit 2,0-Liter-Motoren. Die US-Behörden vermuten allerdings, dass Volkswagen auch bei 3,0-Liter-Motoren getrickst hat. Dies haben Wolfsburger dementiert.

Quelle: ntv.de, bad/wne/rts

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