Wirtschaft

Iran, Opec und ein "Wasserkopf" Warum der Ölpreis niedrig ist

Auch an der Tankstelle machen sich die derzeit niedrigen Ölpreise bemerkbar.

Auch an der Tankstelle machen sich die derzeit niedrigen Ölpreise bemerkbar.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Ölpreise sind auf dem Abstieg. Die Sorten Brent und WTI markieren fast täglich neue Mehrjahres-Tiefs. Als Hauptursache wird immer wieder das Überangebot auf dem Weltmarkt genannt. Aber auch andere Ursachen spielen eine Rolle.

Die Ölpreise sind seit Monaten in einer Abwärtsbewegung. Die Kurse für die Sorten Brent und WTI haben jeweils zwischenzeitlich die 30-Dollar-Marke unterschritten. Und ein Ende des Preisverfalls ist nicht absehbar, Experten unterbieten sich derzeit mit immer geringeren Preisprognosen, die teilweise abstruse Auswüchse annehmen.

Als Hauptursache für den derzeit niedrigen Ölpreis wird immer wieder die klassische Erklärung der Ökonomie herangezogen: Der Preis spiegelt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wider. Im Falle des Öls übersteigt das Angebot zuletzt die Nachfrage, der Preis sinkt daher. Die Existenz des Überangebots wiederum hat ihre eigenen Ursachen:

  1. Iran kehrt auf den Weltmarkt zurück. Mit der Einigung im iranischen Atomkonflikt wird der erdölreiche Iran aller Voraussicht nach als Big Player im Ölgeschäft auf den Weltmarkt zurückkehren. Dafür müssten jedoch erst die Sanktionen gegen das Land aufgehoben werden, was ein Teil der Atom-Vereinbarung ist. Am Markt wird damit gerechnet, dass dies bereits in den kommenden Tagen geschehen könnte. Das wird das Überangebot weiter verschärfen, was den Ölpreis bereits jetzt belastet.
     
  2. Opec ziert sich vor Drosselung der Fördermenge. Die Organisation erdölexportierender Länder (Opec) streitet derzeit darüber, ob die Fördermenge gedrosselt werden soll, um das Öl-Angebot auf dem Markt zu verringern und damit die Preise zu stabilisieren. Einigen Opec-Ländern wäre das mehr als willkommen, Venezuela etwa leidet erheblich unter den ausbleibenden Einnahmen aus dem Ölexport. Auch Saudi-Arabien verzeichnet empfindliche Einbußen, stellt sich aber derzeit noch quer, um keine Marktanteile einzubüßen.
     
  3. Die Schieferölförderung in den USA bleibt auf hohem Niveau. Mit der Erschließung ihrer Schieferölfelder - durch sogenanntes Fracking - sind die USA in den vergangenen Jahren zu einem der größten Öl-Produzenten der Welt aufgestiegen. Allerdings ist diese unkonventionelle Art der Förderung wesentlich kostenintensiver als herkömmliche Förderung und ist vor allem in Zeiten hoher Preise profitabel. Viele Experten hatten daher mit einem deutlichen Rückgang der US-Produktion bereits 2015 gerechnet. Das ist aber nicht eingetreten, die US-Ölindustrie zeigt sich äußerst robust.
     
  4. Russland hat seine Produktion erhöht. Obwohl die Preise seit Monaten auf dem Rückzug sind, hat Russland seine Ölproduktion ausgeweitet. Im Jahr 2015 förderte das Land mehr als 534 Millionen Tonnen und damit so viel wie noch nie seit dem Zerfall der Sowjetunion 1991. Im Dezember gab es sogar einen Höchstwert von 10,83 Millionen Barrel (je 159 Liter) am Tag nach 10,78 Millionen im November. Die jüngsten Daten deuten darauf hin, dass Russland die Produktion 2016 noch mal steigern wird.
     
  5. Die Nachfrage könnte höher sein. Bei einem Überangebot auf einem Markt, wie es derzeit beim Rohöl der Fall ist, könnte natürlich eine höhere Nachfrage das Problem schnell aus der Welt schaffen. Allerdings kann nicht behauptet werden, dass die Nachfrage derzeit besonders gering ist. Wie aus Daten die Internationalen Energie Agentur (IEA) hervorgeht, hat die Nachfrage nach Öl seit den jüngsten Hochzeiten des Ölpreises im Jahr 2013 kontinuierlich zugenommen. Die IEA rechnet aber mit einer künftig weniger stark zunehmenden Nachfrage

Aber nicht nur das Überangebot auf dem Weltmarkt, sondern auch die Eigenheiten der Finanzmärkte beeinflussen die Ölpreise:

  • Starker Dollar. Öl wird in Dollar gehandelt, weshalb auch der Kurs der US-Währung Einfluss auf den Ölpreis hat. So könnten die Preise 10 bis 25 Prozent verlieren, wenn der Dollar um fünf Prozent aufwertet, schrieben Analysten von Morgan Stanley laut "FAZ". Grund ist, dass die Nachfrage nach Öl außerhalb des Dollar-Raums leide, wenn der Dollar - und damit das Öl - teurer wird. Die Analysten von Morgan Stanley sehen zwar das Überangebot als den Grund dafür an, dass der Ölpreis auf 60 Dollar gefallen ist. Für den weiteren Preisrückgang machen sie jedoch die Wertentwicklung des Dollar verantwortlich.
     
  • Spekulationen an Terminmärkten. Der Ölpreis steigt und fällt laut dem n-tv-Börsenexperten Raimund Brichta auch wegen der riesigen Summen, die Anleger und Spekulanten an den Ölterminmärkten bewegen. "Ihre Geschäfte haben sich von der realen Angebots- und Nachfragesituation beim Öl längst abgekoppelt. Sie sind wie ein riesiger Wasserkopf, der auf den Ölmarkt aufgepfropft ist", so Brichta. Denn: Angebot und reale Nachfrage hätten sich in den vergangenen 15 Jahren gleichmäßig entwickelt, die Ölpreise hingegen seien in dieser Zeit extremen Schwankungen unterworfen gewesen.

Quelle: ntv.de, kst

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