Wirtschaft

Meuterei gegen May Willkommen in der Realität, Brexit-Fans!

Theresa Mays Regierung steht vor dem Aus. Kann das Land den Chaos-Brexit noch abwenden?

Theresa Mays Regierung steht vor dem Aus. Kann das Land den Chaos-Brexit noch abwenden?

(Foto: picture alliance/dpa)

Zwei Jahre Schönfärberei, nun fliegt die Brexit-Lüge auf: Theresa Mays Regierung zerfällt, die EU diktiert die Bedingungen, Großbritannien versinkt im Chaos. London hat nur noch eine Chance: den Exit vom Brexit.

"Brexit bedeutet Brexit, und wir werden einen Erfolg daraus machen." Je mehr die Verhandlungen mit der EU in den vergangenen zwei Jahren jedoch in die Sackgasse gerieten, desto gebetsmühlenartiger wiederholte Theresa May ihr Mantra. Nun, da die Einigung endlich vorliegt, hat es Großbritannien schriftlich: Ihre Versprechen waren reine Augenwischerei.

Ihre wichtigsten Minister werfen aus Protest gegen den Deal das Handtuch, ihrer Regierung droht das Aus. Im Parlament wird der Plan ziemlich sicher scheitern. Fast 50 Tory-Hardliner wollen zur Meuterei gegen May aufrufen. Hilfe, mit diesem Abkommen bleibt alles wie es ist - nur, dass wir in Brüssel bald nicht mehr mitbestimmen können! "Wir werden vom Vasallen zum Sklaven", jaulen sie.

Herzlich willkommen in der Wirklichkeit! Möchte man ihnen zurufen. Hört auf, euch verdutzt die Augen zu reiben! Es war absehbar, dass die Brexit-Fans mit Volldampf vor die Brüsseler Wand fahren würden. Nach fast zwei Jahren Dauergetöse zerplatzen ihre Traumtänzereien mit einem lauten Knall. Sie haben darauf gewettet, dass die EU einknickt - und sich katastrophal verzockt. Zum ausgehandelten Deal wird es keine Alternative geben.

Die Brexit-Lüge fliegt auf

Was dachten sie wird passieren, wenn sie Europa die Tür vor der Nase zuschlagen? Dass Brüssel auf Knien wieder um Einlass bettelt? Erstens hat die EU dazu keinerlei Grund: Als Block von 27 Ländern und Großbritanniens wichtigster Handelspartner ist sie in der stärkeren Verhandlungsposition. Zweitens muss sie hart bleiben, um Nachahmer abzuschrecken.

Drittens sind viele Brexit-Probleme technisch anders kaum lösbar als durch ein Abkommen, das den Status Quo bei Handel und Zöllen weitgehend erhält: Wie soll die Grenze zwischen Irland und Nordirland sonst offen bleiben, damit der Frieden gewahrt bleibt? Und viertens bleibt keine Zeit für weiteres Hickhack, wenn London einen Austritt ohne Abkommen vermeiden will. In kaum vier Monaten läuft die Frist ab, alle EU-Länder und das Europaparlament müssen den Deal noch absegnen.

Die Brexit-Fans - und mit ihnen ganz Großbritannien - stehen nun vor einem Scherbenhaufen. Jedem, der die Sache zu Ende gedacht hat, war schon vor zwei Jahren klar, dass ihre Rosinenpickerei nur scheitern konnte: Im gemeinsamen Binnenmarkt bleiben, aber anderen EU-Bürgern die Einreise verweigern? Freie Fahrt für britische Banken in Europa, ohne dass sie sich an Brüssels Regeln halten? Die Vorteile der EU genießen, ohne dafür zu bezahlen? Reinste Realsatire.

Noch dreister waren die Lügen, mit denen die Brexit-Politiker ihre Anhänger einlullten: Milliarden, die nicht mehr an die EU, sondern ins eigene Gesundheitssystem fließen sollten. Ein "besseres, globaleres Großbritannien". Lukrativere Handelsverträge mit dem Rest der Welt, befreit von vermeintlichen Brüsseler Fesseln. Alles hohle Phrasen. Ein geleaktes Geheimpapier zeigte schon vor Monaten, dass Mays Regierung nicht mal selbst an ihr eigenes Gerede glaubt.

Vernunft oder Chaos - die Briten haben die Wahl

Die Brexit-Fans haben Großbritannien ins Aus manövriert. London bleibt nun nur noch die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder den mühsam ausgehandelten Deal abzulehnen und einen Chaos-Brexit ohne Abkommen zu riskieren. Oder den soften Abschied vom Kontinent zu Brüssels Bedingungen zu akzeptieren - ein Brexit, der in Wahrheit keiner ist.

Es steht zu befürchten, dass sich die Hardliner lieber ins Schwert stürzen und den Deal platzen lassen - und dabei das Land mit in den Abgrund reißen. Auch für die Labour-Opposition ist die Verlockung groß: Lassen sie May im Parlament scheitern, ist ein harter Brexit zwar kaum noch zu vermeiden. Aber die britischen Sozialdemokraten hätten bei den wahrscheinlich folgenden Neuwahlen gute Chancen, die Regierung abzulösen.

Es gibt noch eine dritte Möglichkeit, die Politiker wie Ex-Premier Tony Blair immer lauter ins Spiel bringen: Ein zweites Referendum. Den Exit vom Brexit. Es könnte Großbritanniens letzte Chance sein, den politischen Selbstmord abzuwenden.

Quelle: ntv.de

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