Wirtschaft

Maschmeyers Gespür für Macht Wo beginnt Filz, wo endet Freundschaft?

Dass der ehemalige AWD-Chef Maschmeyer die Nähe zu Politikern ausgiebig pflegte, ist bekannt. Die Auswertung von Tausenden Dokumenten zeigt jetzt das ganze Ausmaß des Beziehungsgeflechts zu Altkanzler Schröder und Co.

Über Carsten Maschmeyer lässt sich viel sagen, aber dumm ist er nicht. Er gehörte nie zu den Vorzeigeunternehmern Deutschlands. Auch nicht zu den Lieblingen der Promiszene. Aber er hat es zu etwas gebracht. Er ist der klassische Self-Made-Millionär. Mit knapp 30 gründete Maschmeyer ein Unternehmen, das 12 Jahre später - im Jahr 2000 - erfolgreich an die Börse ging. Von der Gründung bis zu seinem Ausstieg 2007 stieg der Umsatz seines Finanzvertriebs AWD bis auf eine Rekordhöhe von 762 Millionen Euro.

AWD-Gründer Carsten Maschmeyer (2.v.r.) mit Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frau Doris Schröder-Köpf (r) und der Schauspielerin und heutigen Maschmeyer-Gattin Veronica Ferres.

AWD-Gründer Carsten Maschmeyer (2.v.r.) mit Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder, Frau Doris Schröder-Köpf (r) und der Schauspielerin und heutigen Maschmeyer-Gattin Veronica Ferres.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Was Maschmeyer an Glamour und Ansehen in der Öffentlichkeit fehlte, machte er durch den passenden Umgang und - vor allem - viel Geld wett. Sein Werdegang hat System und das System einen Namen: "Beziehungskonto". Man müsse auf bestimmte Konten einzahlen, um Erfolg zu haben, sagte er einmal. Maschmeyer wusste vor allem immer eins: in wessen Kielwasser er schwimmen musste. Er gierte nach Macht und Anerkennung. Deshalb hielt er sich auch vorzugsweise im Dunstkreis der entsprechenden Menschen auf.

Die "Hannover Connection", die Männerfreundschaften zwischen Maschmeyer, Altkanzler Gerhard Schröder und Alt-Bundespräsident Christian Wulff hatten schon immer ein Geschmäckle. Dass es ein gefährliches Geben und Nehmen zwischen Politik und Wirtschaft insbesondere in der Phase der Riester-Reform gab, war bekannt. Jetzt zeigt sich, wie gefährlich nahe sich die beiden tatsächlich standen.

Eine Hand wäscht die andere

Wie es in Hannover jahrelang zugegangen sein muss, verraten interne Dokumente, die eine Handvoll Whistleblower den Stern-Redakteuren Oliver Schröm und Wigbert Löer zuspielten. Vorstandsprotokolle, Bankunterlagen, Verträge und Kundendateien des Finanzdienstleisters AWD beleuchten nicht nur die Methode, mit der Maschmeyer angeblich auf dem Rücken von Mitarbeitern und Kunden reich wurde. Sie schildern auch, wie er die Politik womöglich vor seinen Karren spannte. Und sich sowohl Schröder, als auch Wulff darauf einließen - ohne Scham und ohne Rücksicht auf ihre hohen politischen Ämter.

Die Crux ist, dass nichts von dem, was die Dokumente belegen sollen, strafrechtlich verfolgbar ist, wie die Autoren von "Geld Macht Politik" einräumen. Das Antikorruptionsgesetz brauchte elf Jahre bis es in trockenen Tüchern war. Und immer noch gibt es viele Lücken. Hilfreich wäre zum Beispiel eine Ethikkommission, die sich um eine Karenzzeit vor dem Wechsel zwischen Politik und Wirtschaft kümmert.

Dass die Summe von zwei Millionen Euro, die Maschmeyer Schröder für die Rechte an seiner Biografie zahlte, unverhältnismäßig sind und stark nach Anerkennung für jahrelange gute Zusammenarbeit riechen, steht außer Frage. Damit muss sich die Öffentlichkeit traurigerweise abfinden. Angemessen und üblich wären nach Angaben des Droemer-Verlags 300.000 Euro gewesen.

Feindbild Tausender Kleinanleger

Ungeahndet wird auch bleiben, dass Maschmeyer laut der Buchautoren bei der Reform der Riester-Rente mehr als ein paar Finger im Spiel hatte, weil er höhere Provisionen kassieren wollte. Wie sie mit einem Brief belegen, soll der AWD-Chef nach 2001 in engen Beratungen und Austausch mit dem Bundeskanzler sowie den Fachleuten in dem zuständigen Referat gestanden haben. Besonders erhellend sollen der Stil und die Selbstverständlichkeit sein, mit der Freundschaftsdienste eingefordert wurden.

Maschmeyer, der mit seinen umstrittenen Finanzanlagen zum Feindbild Tausender Kleinanleger geworden ist, ist in Deutschland vom Haken. Nachdem er seine AWD-Anteile  - rechtzeitig bevor all die Anlegeraffären das Unternehmen richtig erwischten - an Swiss Life verkauft hatte, gründete er übrigens die MaschmeyerRürup AG. Auch hier gibt es ein Wiedersehen mit einem alten Bekannten. Denn Bert Rürup beriet Gerhard Schröder in seiner Zeit als Kanzler bei seinen Rentenreformplänen.

Die Männerfreundschaften bestehen fort. Das Buch ist aber ein Beleg dafür, dass es inzwischen eine kritische Öffentlichkeit gibt. Die Akzeptanz für Tauschgeschäfte und Freundschaften zwischen Menschen an den Schalthebeln von Politik und Wirtschaft hat abgenommen. Vielleicht ist ein Stein ins Rollen gekommen. Die Whistleblower hätten dazu einen wichtigen Beitrag geleistet.

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Quelle: ntv.de

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