
Rupert Stadler muss nicht ins Gefängnis.
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Um einer Gefängnisstrafe zu entgehen, räumt der frühere Audi-Chef Rupert Stadler ein, von den Diesel-Betrügereien gewusst zu haben. Die Einsicht kommt auf Druck und in letzter Sekunde. Wirkliche Reue? Die sieht anders aus.
Die Vollbremsung geschah in allerletzter Sekunde. Und auch erst dann, als ein Ausweichmanöver in keine Richtung mehr möglich schien.
Jahrelang hatte der langjährige Chef der Volkswagen-Vorzeigetochter Audi, Rupert Stadler, seine Unschuld beteuert. Und betont, er habe von den Betrügereien um vermeintlich emissionsarme Diesel-Motoren, die von seinen Ingenieuren entwickelt und im gesamten VW-Konzern verbaut wurden, nichts gewusst. Erst als die Beweislage erdrückend war und eine Gefängnisstrafe nicht mehr vermeidbar schien, kam er zur Einsicht. Und wohl auch nur, weil das Gericht mit einem Deal winkte. Ergo: Stadler gesteht. Im Gegenzug könnte er mit einer Bewährungsstrafe und einer Zahlung von 1,1 Millionen Euro davonkommen.
1,1 Millionen Euro sind für die betrogenen Kunden viel Geld. Für Stadler, der in seiner Manager-Karriere Dutzende Millionen Euro kassierte, ist die Summe vernachlässigenswert. Selbst die Kosten, die bei der Justiz im Rahmen der Aufarbeitung des Diesel-Betrugs anfielen, dürften wohl höher sein.
Der über Jahre erfolgsverwöhnte Manager der Deutschland AG fällt tief - so tief, wie kaum ein anderer deutscher Wirtschaftsboss vor ihm. Dabei galt Stadler vielen lange als Vorbild. "Erfolge gibt es nicht im Abo", war eines seiner Mantras. Man müsse jeden Tag neu um den Erfolg am Markt kämpfen. Im Nachhinein dürfte das auf Belegschaft wie Kunden zynisch wirken. Und feige. Echte, tief empfundene Demut? Davon ist in Anbetracht des Geständnisses so kurz vor knapp nichts zu spüren. Buße als Ausweg.
Das Signal, das von dem Geständnis ausgeht, ist fatal: Die Kleinen hängt man. Die Großen kommen davon. So könnten das manche Beobachter empfinden. Sicher: An den Manipulationen, die Diesel-Motoren deutlich emissionsärmer erscheinen lassen sollten, waren viele beteiligt. Aber als Audi-Chef stand Stadler ganz oben. Er hätte das Betrugssystem ausbremsen oder zumindest früher gestehen können. Das hätte die jahrelange, aufwendige und teure Aufarbeitung der Staatsanwaltschaft erspart.
Rupert Stadler hat gelogen. So lange, bis es nicht mehr ging. Er hat damit nicht nur Mitarbeiter und Kunden betrogen. Auch seinen Kollegen in Führungsetagen der deutschen Unternehmen, die sich Tag für Tag um Glaubwürdigkeit mühen, erwies er damit einen Bärendienst.
Quelle: ntv.de