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Maßlose Stimmungsmache Verdi ignoriert mit Streiks die aktuelle Lage

Der Verteilungskampf wird in den kommenden Wochen hitzig geführt- den Menschen in Deutschland steht ein heißer Frühling ins Haus.

Der Verteilungskampf wird in den kommenden Wochen hitzig geführt- den Menschen in Deutschland steht ein heißer Frühling ins Haus.

(Foto: picture alliance/dpa)

Trotz beunruhigender Wirtschaftsdaten bläst die angriffslustige Dienstleistungsgewerkschaft Verdi wiederholt zum Streik und fordert kräftige Lohnanstiege. Auch deshalb, weil Beschäftigungssicherung bei den Gewerkschaftlern nicht im Vordergrund steht. Bürgern drohen nervenzehrende Wochen.

Deutschland am Boden. Weil die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi die Bodenbediensteten an gleich mehreren deutschen Flughäfen zum Warnstreik aufruft, geht am heutigen Freitag nichts mehr. Die Airports in Frankfurt, München und Hamburg stellen ihren regulären Betrieb ein. Tausende Starts und Landungen - nicht möglich. Über Rosenmontag geplante Kurzurlaube irgendwo im Warmen - geplatzt.

Die Verdi-Funktionäre lassen die Muskeln spielen. Sie wollen damit Druck machen auf die Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen. Angestellte der Flughafen-Betreiber werden oft nach den Tarifverträgen der Kommunen entlohnt. Und auf die Verhandlungen für die Bodenverkehrsdienste und die Beschäftigten der Luftsicherheit. Auch für diese Berufsgruppen werden aktuell Tarifverhandlungen geführt.

Streiks funktionieren so: Sie sollen maximalen Druck entfalten. Jeder soll spüren, wie wichtig es ist, dass das System funktioniert. Dass es durch einen Kabelschaden in einem Glasfasernetz bereits am Mittwoch zu massiven Störungen in weiten Bereichen des deutschen Luftverkehrs kam, dürfte die Verdi-Verhandler nicht stören. Im Gegenteil. Die entstandenen Umsatzausfälle der Lufthansa und ihrer Tochterfirmen, die von der Leitungsunterbrechung betroffen waren, dürfte in der Verdi-Logik sogar noch den Druck erhöhen.

Gute Stimmung täuscht

Auf den ersten Blick mag der Alarm, den Verdi aktuell auslöst, nachvollziehbar erscheinen. Die Gewerkschafter nutzen die Inflationsfolgen zur Begründung. Die Reallöhne schrumpften im vergangenen Jahr um 4,1 Prozent im Vergleich zu 2021 und damit das dritte Jahr hintereinander. Die reale Kaufkraft der Arbeitnehmer ist inzwischen so niedrig wie im Jahr 2014. Die Wohlstandsgewinne der vergangenen acht Jahre - ausradiert.

Außerdem zeigen wichtige Wirtschaftsindizes nach oben. Der IFO-Geschäftsklimaindex steigt zum vierten Mal nacheinander. Die ZEW-Konjunkturerwartungen waren zuletzt zum ersten Mal seit einem Jahr wieder positiv. Und das HDE-Konsumbarometer zeigt inzwischen wieder ein Niveau an wie vor dem Ukraine-Krieg. Da passt es ins Bild, dass deutsche Großkonzerne reihenweise über erzielte Milliardengewinne jubilierten. Aber das täuscht.

Im Moment scheint die Stimmung deutlich besser als die faktische Lage. Die Einzelhandelsumsätze schrumpften im Dezember um mehr als fünf Prozent im Vergleich zum November. Auch die Umsätze in anderen wichtigen Bereichen - dem produzierenden Gewerbe, der Baubranche und energieintensiven Branchen - gingen zuletzt deutlich zurück.

Verdi ignoriert das. Die aktuelle Stimmungsmache ist maßlos. Auch wenn die Dienstleistungsgewerkschaft immer schon eher die Lohnerhöhungen und weniger die Beschäftigungsgarantien - anders als Industriegewerkschaften - im Blick behält. Im öffentlichen Dienst werden Stellen selten gestrichen. Im Zweifel werden Nachbesetzungen für ausgeschiedene Mitarbeiter storniert. Der Verteilungskampf wird in den kommenden Wochen hitzig geführt. Und dies für alle spürbar. Mit keinem anderen Streik lassen sich so erkennbare Folgen erzielen wie mit Arbeitsniederlegungen in Kitas, Bahnen oder bei der Müllabfuhr. Den Menschen in Deutschland steht ein heißer Frühling ins Haus.

Quelle: ntv.de

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