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Junge Leute und Corona Ansteckungsrisiko nur bei Kindern gering

Lediglich bis zum Teenageralter halten sich die Infektionen in Grenzen.

Lediglich bis zum Teenageralter halten sich die Infektionen in Grenzen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Lange richtet sich der Fokus in der Corona-Pandemie auf offensichtliche Risikogruppen wie Ältere und Vorerkrankte. Doch nun fordern immer mehr Forscher eine fundierte Untersuchung des Infektionsgeschehens bei Kindern und Jugendlichen. Denn das könnte für die gesamte Bevölkerung von Bedeutung sein.

Noch immer scheint es so, als blieben Kinder und Jugendliche bis auf wenige Ausnahmen vom Coronavirus verschont. Doch für den Verlauf der Pandemie gewinnen junge Menschen offenbar immer mehr an Bedeutung. Dieses Bild ergibt sich aus mehreren Studien.

Das US-Center for Disease Control (CDC) kommt beispielsweise zu der Einschätzung, dass Teenager eine wichtige Rolle bei der Corona-Verbreitung spielen. Die Forscher errechneten in einer neuen Studie anhand der 277.285 von März bis September bestätigten Fälle bei Kindern und Jugendlichen in den USA die Inzidenzen in diesen Altersgruppen. Demnach erkrankten Jugendliche doppelt so häufig an Covid-19 wie Kinder: Bei den 12- bis 17-Jährigen gab es 37,4 Fälle auf 100.000. Bei den 5- bis 11-Jährigen waren es 19 Fälle auf 100.000.

Von den Kindern und Jugendlichen, die stationär behandelt werden mussten, hatten 16 Prozent mindestens eine Grunderkrankung. Bei denen, die auf der Intensivstation behandelt wurden, waren es 27 Prozent und bei den Sterbefällen 28 Prozent. Insgesamt wurden 51 Todesfälle registriert, das waren weniger als 0,1 Prozent, wobei Menschen mit lateinamerikanischen Wurzeln und Schwarze besonders betroffen waren. Die Analyse betrifft die Zeit, in der die meisten Schulen des Landes geschlossen waren.

Zu einem ähnlichen Ergebnis waren britische Wissenschaftler bereits in einer übergreifenden Studie gekommen. Sie fanden heraus, dass sich Kinder seltener infizieren als Erwachsene im gleichen Haushalt. Russell M. Viner vom Great Ormond Street Institut für Kindergesundheit in London sieht deshalb deutliche Hinweise darauf, dass Kinder bis etwa 14 Jahre eine erheblich geringere Anfälligkeit für eine Ansteckung haben. Jugendliche haben demnach in etwa das gleiche Ansteckungsrisiko wie Erwachsene. Da die Studie bereits im August vorgelegt wurde, sind die weltweit erhobenen Daten jedoch auch durch die Schulschließungen beeinflusst. Im jüngsten "Coronavirus-Update"-Podcast des NDR verweist der Virologe Christian Drosten darauf, dass viele Studien anfällig sind, weil sie auf Lockdown-Daten basieren.

Trügerische Immunerfahrung

Allerdings gibt es weiter große Unsicherheit darüber, wie stark Kinder und Jugendliche an der Weiterverbreitung von Sars-CoV-2 beteiligt sind. Schweizer Studien haben bestätigt, dass Kinder lebensfähige Viren im Nasenschleim tragen, sodass sie mit ziemlicher Sicherheit auch infektiös sind. Auch wenn sie selbst nur leicht erkranken, müssten sie als Überträger der Infektion berücksichtigt werden, schlussfolgern die Forscher um Arnaud G. L'Huillier vom Universitätsklinikum Genf.

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Drosten sieht besonders die Gefahr, dass Kinder bei unkontrollierten Ausbrüchen in Schulen ihre Eltern anstecken. Unter diesen Erwachsenen mittleren Alters seien Risikopatienten, die, wenn sie erkranken, möglicherweise im Krankenhaus und auf den Intensivstationen landen. "Das müssen und können wir vermeiden, wenn wir die Schulsituation transparent im Auge behalten", betont Drosten. Er fordert daher wie viele seiner internationalen Kolleginnen und Kollegen mehr Daten zur Rolle der Kinder im Infektionsgeschehen.

Drosten äußerte auch eine Vermutung, warum Kinder nicht so schwer erkranken. Demnach greifen Ältere bei der Bekämpfung des Coronavirus auf Immunerfahrungen zurück, die sie mit früheren Krankheitserregern gemacht haben. Diese Antworten seien aber nicht immer richtig, "und es kann zu schweren Verläufen der Krankheit kommen." Das sogenannte Immun-Gedächtnis erweise sich in diesen Fällen als wenig schlagkräftig. Jüngere bauen dieses Gedächtnis hingegen jetzt in der Auseinandersetzung mit Sars-CoV-2 auf, deshalb falle ihre Immunantwort gezielter aus.

Quelle: ntv.de

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