Kognitive Spätschäden Covid-19-Überlebende zeigen erhöhtes Demenzrisiko
14.03.2022, 11:02 Uhr
Die Untersuchten erkrankten zu Beginn der Pandemie schwer und wurden in Wuhan behandelt.
(Foto: REUTERS)
Eine schwere Covid-19-Erkrankung kann für die Betroffenen langfristig dramatische Folgen haben. Chinesische Forschungsergebnisse zeigen, dass sich in dem Jahr nach der Krankheit bei vielen der Überlebenden kognitive Störungen bis hin zur Demenz entwickeln.
Die Corona-Pandemie könnte die Zahl der an Demenz erkrankten Menschen drastisch steigen lassen. Chinesische Forscher berichten in "JAMA Neurology", dass sie unter den ersten Senioren, die im Frühjahr 2020 in Wuhan wegen einer schweren Covid-19-Erkrankung in drei verschiedenen Krankenhäusern behandelt wurden, im Folgejahr eine Häufung von kognitiven Störungen und Demenzen beobachtet haben.
Das Team um Yan-Jiang Wang von der Daping-Klinik in Chongqing (800 Kilometer westlich von Wuhan) erkundigte sich jeweils nach sechs und ein weiteres Mal nach zwölf Monaten telefonisch nach dem kognitiven Status von 1438 älteren Covid-19-Überlebenden. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei 69 Jahren.
Dies geschah einmal mit einem telefonischen Screeningtest. Zum anderen wurden die Angehörigen mit einem Fragebogen nach dem Zustand der Genesenen befragt. Als Vergleichsgruppe dienten 438 Ehepartnerinnen und -partner, die nicht an Covid-19 erkrankt waren. Teilnehmer mit kognitiver Beeinträchtigung vor der Infektion, einer begleitenden neurologischen Störung oder einer Demenz in der Familienanamnese wurden ebenso ausgeschlossen wie solche mit schwerer Herz-, Leber- oder Nierenerkrankung oder jeglicher Art von Tumoren.
Deutlich erhöhte Zahlen
Demnach kam es vor allem bei den schwer erkrankten Patienten im ersten Jahr nach der Entlassung zu kognitiven Störungen. Als schwer erkrankt wurden Patienten eingestuft, bei denen es während der Klinikbehandlung zu deutlichen Störungen der Lungenfunktion (Atemfrequenz über 30 je Minute, schwere Atemnot oder Sauerstoffsättigung unter 90 Prozent) gekommen war.
In dieser Gruppe hatten 41 Prozent der Studienteilnehmenden eine High-Flow-Sauerstofftherapie erhalten, 32 Prozent waren maschinell beatmet worden. Nach sechs Monaten erfüllten 10 Prozent der Patientinnen und Patienten die Screening-Kriterien einer Demenz. Nach zwölf Monaten stieg der Anteil auf 15 Prozent. Hinzu kamen bei beiden Untersuchungen Patienten, bei denen eine leichte kognitive Beeinträchtigung vorlag, aus der sich eine Demenz entwickeln kann. Ihr Anteil lag bei 26 Prozent.
Bei einem Fünftel der Patienten (21,1 Prozent) hatte sich der Zustand nach zwölf Monaten gegenüber sechs Monaten weiter verschlechtert. Fast 10 Prozent (9,6 Prozent) der schwer Erkrankten, die nach sechs Monaten noch unauffällig waren, zeigten den Forschern zufolge nach 12 Monaten erstmals Hinweise auf eine kognitive Störung. Bei 39,6 Prozent der schwer Erkrankten stabilisierte sich der Zustand nach den ersten sechs Monaten.
Bei den Seniorinnen und Senioren, bei denen es in der Klinik zu keiner schweren Störung der Lungenfunktion gekommen war, waren die Auswirkungen weniger dramatisch. "Diese Ergebnisse implizieren, dass die Pandemie in Zukunft wesentlich zur weltweiten Demenzbelastung beitragen könnte", schreiben die Autorinnen und Autoren zur Bewertung ihrer Ergebnisse. Zuletzt hatte eine Arbeitsgruppe um Gwenaëlle Douaud vom Nuffield Department of Clinical Neurosciences (NDCN) an der University of Oxford gezeigt, dass eine Reduktion der grauen Substanz in bestimmten Hirnregionen eine mögliche Folge einer Infektion mit Sars-CoV-2 ist.
Quelle: ntv.de, sba