Signalfarbe spart Insektizide Rote Netze schützen Gemüsepflanzen am besten
18.02.2024, 15:18 Uhr Artikel anhören
Bei den Experimenten wurden Lauchzwiebeln mit verschiedenen farbigen Netzen geschützt.
(Foto: 2024 Tokumaru et al./Scientific Reports)
Netze werden im Gemüseanbau zum Schutz der Pflanzen vor Schädlingen eingesetzt. Bisher galt dabei: je kleiner die Maschen, umso besser der Schutz. Doch einer aktuellen Untersuchung zufolge ist auch die Farbe der Netze entscheidend.
Eine einfache kleine Änderung könnte Forschern zufolge helfen, bestimmte Schädlinge besser von Gemüsebeeten fernzuhalten. Rote Netze hielten Insekten weitaus besser fern als herkömmlich weiß oder schwarz gefärbte, berichtet ein Forschungsteam im Fachjournal "Scientific Reports". Das Rot wirkt demnach wie ein Stopp-Schild. Dank der "optischen Schädlingsbekämpfung" müssten deutlich weniger Insektizide verwendet werden.
Landwirtschaftliche Netze werden regional weit verbreitet dazu verwendet, Nutzpflanzen zu schützen und dabei weniger Insektizide zu benötigen. Wie ein Moskitonetz über einem Bett verhindern sie, dass Insekten zu den Pflanzen gelangen. Wichtigstes Merkmal ist die Maschengröße - je kleiner, desto schlechter passen selbst winzige Insekten hindurch. Nun wird deutlich, dass auch die Farbe der Netze eine Rolle spielt.
Forschende nutzen Zufallsentdeckung
Vorangegangen war eine überraschende Entdeckung im Jahr 2015, wie das Forschungsteam erklärt: Es wurde beobachtet, dass der Befall mit bestimmten Schädlingen abnimmt, wenn Nutzpflanzen mit rotem Licht, also mit einer Wellenlänge von 650 bis 750 Nanometern bestrahlt werden - das für die Insekten eigentlich nicht sichtbar ist.

Der Zwiebelthrips verwüstet viele wichtige Kulturpflanzen (unter anderem Lauchzwiebeln, Kohl, Kartoffeln, Melonen, Kürbisse, Erdbeeren, Baumwolle), indem er ihre Blätter beschädigt und Krankheiten verbreitet.
(Foto: 2024 Tokumaru et al./Scientific Reports/dpa)
Das Team um Masami Shimoda von der Universität verwendete nun ganz oder teils rot gefärbte Netze bei Kulturen von Lauchzwiebeln (Kujo negi). Diese Zwiebeln sind ein traditionelles Gemüse in der Region Kyoto und ein fester Bestandteil der lokalen Küche. Getestet wurde die Reaktion eines weit verbreiteten landwirtschaftlichen Schädlings, des sogenannten Zwiebelthrips (Thrips tabaci).
Diese winzigen Insekten sind weltweit verbreitet und befallen unter anderem auch Kartoffeln, Wein und Tabak. Sie übertragen Viren und verursachen auch auf diesem Weg schwere Schäden an verschiedenen Gemüsesorten, wie es in der Studie heißt. Zudem sind sie resistent gegen verschiedene Insektizide und lassen sich darum oft nur schwer bekämpfen.
Verschiedene Farb-Varianten getestet
Bei Netzen mit zwei Millimetern Maschenweite reduzierten rot-weiß gefärbte Netze das Eindringen der Thripse um ein Drittel im Vergleich zu rein weißen Netzen. Bei Netzen mit 0,8 Millimetern Maschenweite verringerten rot-schwarz gefärbte den Thripsbefall auf etwa ein Viertel, durchgehend rote auf ein Achtel im Vergleich zu weißen Netzen. In Feldversuchen wurden bei teilweise oder vollständig mit roten Netzen bedeckten Lauchzwiebelkulturen ein Viertel bis die Hälfte weniger Insektizide benötigt als bei einem völlig unbedeckten Feld.
"Wir haben rote Netze getestet, deren Maschengröße größer war als der Insektenkörper, die aber dennoch wirksamer waren als herkömmliche schwarze oder weiße Netze mit einer kleineren Maschengröße", sagte Shimoda. Größere Maschenweiten nutzen zu können, sei ein großer Vorteil, da Atmungsaktivität und Lichtzugang dann besser seien und das Risiko für Pilzinfektionen sinke.
"Die Entwicklung fortschrittlicher Schädlingsbekämpfungsmethoden, die ohne Insektizide auskommen, ist ein wichtiges Thema für eine nachhaltige Landwirtschaft", heißt es in der Studie. Rote Netze könnten eine nachhaltige und effektive Unterstützung beim Schutz auch vor anderen Schädlingen im Obst- und Gemüseanbau bei verringertem Pestizideinsatz sein, nehmen die Forscher an. "Wenn die Verbraucher an dieser Art von nachhaltiger Landwirtschaft und am Einsatz von weniger chemischen Pestiziden interessiert sind, habe ich keinen Zweifel daran, dass sich diese einfache, aber wirksame Lösung weit verbreiten wird", sagte Shimoda.
Insekten können kein Rot sehen
Die meisten Insekten haben keine roten Photorezeptoren in ihren Augen und es ist schwierig für sie, die Farbe Rot zu sehen. Auch bei den Thripsen ist das so. Daher mute das Ergebnis zunächst merkwürdig an, so die Forschenden.
Sie haben eine bestimmte Vermutung, warum die roten Netze dennoch abschreckend wirken: Das Facettenauge von T. tabaci bestehe vermutlich aus drei Typen von Photorezeptoren - UV-empfindlich, blau-empfindlich und grün-empfindlich. Bei Wellenlängen von mehr als 600 Nanometern sei der Reflexionsgrad bei den roten Netzen höher als bei den anderen. "Daher könnte der Schädlingsbekämpfungseffekt darauf zurückzuführen sein, dass die langwellige Komponente des vom Netz reflektierten Lichts die grünen Photorezeptorzellen der Thripse stimuliert." Dazu seien nun weitere Analysen nötig. Untersucht werden soll auch die Wirkung auf andere Schädlinge.
Quelle: ntv.de, Annett Stein, dpa