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Selten, aber oft tödlich "Schwarzer Pilz" bedroht Covid-Genesene in Indien

In Indien sind die Sars-CoV-2 Infektionszahlen besonders hoch.

In Indien sind die Sars-CoV-2 Infektionszahlen besonders hoch.

(Foto: imago images/ZUMA Wire)

Das Coronavirus trifft Indien besonders hart. Wer dort die Sars-CoV-2-Infektion übersteht, hat es dennoch nicht geschafft. Eine Infektion mit dem "Schwarzen Pilz" kann Immungeschwächte das Leben kosten. Immer öfter wird von solchen Fällen berichtet.

Eine Infektion mit dem sogenannten "Schwarzen Pilz" tritt immer häufiger bei Covid-19-Patienten in Indien auf. Die als Mukormykose bezeichnete Infektion wurde in rund 300 Fällen aus vier Städten des Bundesstaats Gujarat gemeldet, wie der "Guardian" unter Berufung auf staatliche Krankenhäuser berichtet. Der Pilz, der sich über die Atemwege besonders in den Schleimhäuten der Nasennebenhöhlen und der Lunge ansiedelt, ist vor allem bei Menschen zu finden, deren Immunsystem geschwächt ist.

Der als "Schwarzer Pilz" bezeichnete Krankheitserreger wird den Schimmelpilzen zugeordnet und kann quasi überall in der Umwelt vorkommen. Eine durch den Köpfchenschimmelpilz (Mucor) ausgelöste Erkrankung ist in der Regel sehr selten. Schätzungen zufolge traten vor der Pandemie beispielsweise in den USA etwa 500 Fälle pro Jahr auf. Die Zahlen sind allerdings ungenau, weil die Erkrankung nicht meldepflichtig ist.

Schmerzen und Atemnot

Als Anzeichen für eine solche Pilzinfektion werden Rötungen der Augen und der Nase, später schwarzer oder blutiger Nasenausfluss, Schmerzen oder Zahnschmerzen, Atemnot, blutiges Erbrechen und veränderte Geisteszustände beschrieben. Die seltene Infektion kann durch Laboruntersuchungen von Flüssigkeits- oder Gewebsproben eindeutig diagnostiziert, aber nur schwer behandelt werden.

Mukormykose verläuft deshalb in rund 50 Prozent der Fälle tödlich. Wegen der schweren Behandelbarkeit müssen sogar lebensrettende Operationen durchgeführt werden, bei denen ganze Körperteile entfernt werden. Indische Medien berichteten bereits davon, dass bei einigen genesenen Covid-19-Patienten mit einer solchen Pilzinfektion der befallene Oberkiefer oder die Augen entfernt wurden.

Normalerweise reicht das Immunsystem

Die Erreger gehören zu einer Familie von Pilzen, die über den Atem in die Nebenhöhlen gelangen und sich dort ansiedeln, wird Professor Peter Collignon, der Mitglied im Expertenausschuss der Weltgesundheitsorganisation WHO ist, im "Guardian" zitiert. Wenn das Immunsystem sie nicht unter Kontrolle halten könne, dann gelangten die Erreger auch ins Gehirn, so Collignon weiter. Das sei dann ein echtes Problem.

Die eingeatmeten Pilzsporen sind vor allem für Menschen, die immungeschwächt sind, eine Gefahr. In der Vergangenheit wurden Infektionen selten, aber weltweit registriert. Besonders gefährdet waren Patienten nach einer Transplantation, da deren Immunsystem durch Medikamente massiv unterdrückt wird. Ansteckungen sind oftmals sogar im Krankenhaus über die Wäsche oder die Belüftungssysteme möglich. Auch Patienten mit Leukämie, Aids oder Diabetes sind gefährdet, da auch bei ihnen das Immunsystem nicht mit voller Kraft arbeitet.

Covid-19 schaffe Bedingungen für eine solche Pilzinfektion, schätzt Collignon ein. Durch die Gabe von Steroiden zur Behandlung der Entzündungen wird das Immunsystem der Covid-19-Patienten zusätzlich unterdrückt. So habe der Pilz leichtes Spiel. Durch die aktuelle Situation in indischen Krankenhäusern, mit überfüllten Räumen und vielen geschwächten Menschen, bekomme der "Schwarze Pilz" noch mehr Chancen, sich auszubreiten, schreibt das Blatt.

Aufruf zu Vorsichtsmaßnahmen

Die Gesundheitsbehörde des Landes hat bereits auf die neue Situation reagiert. Sie forderte die Menschen auf, beim Umgang mit Erde, Moos oder Mist feste Schuhe, lange Hosen, langärmelige Hemden und Handschuhe zu tragen. Mediziner sollten immunsuppressive Medikamente wie Steroide absetzen, sobald es die Situation des Patienten zulässt.

Das indische Gesundheitssystem ist derzeit völlig überlastet. Immer wieder gibt es Berichte über Todesfälle wegen mangelnden Sauerstoffs in Kliniken. Deutschland und andere Staaten schickten inzwischen Nothilfe. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stufte kürzlich zudem die zuerst in Indien nachgewiesene Virus-Mutation B.1.617 als besorgniserregend ein. "Es liegen Informationen vor, die auf eine erhöhte Übertragbarkeit hinweisen", erklärte die WHO-Expertin Maria Van Kerkhove dazu.

Quelle: ntv.de, jaz

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