Mit unscheinbarer Freundlichkeit Ford Kuga - Solide, aber ungefährlich
02.11.2013, 09:58 Uhr
Bei identischem Radstand ist der Kuga im Vergleich zu seinem Vorgänger um rund sieben Zentimeter gewachsen.
(Foto: Axel F. Busse)
Die sieben Zentimeter Längenzuwachs beim neuen Ford Kuga kommen nicht von ungefähr: In der Modellpalette soll Platz geschaffen werden für einen kleineren Bruder, den EcoSport. Was das auf 4,52 Meter gewachsene SUV so drauf hat, klärt der n-tv.de-Praxistest.
Offiziell ist der Kuga gar kein SUV, der Hersteller sortiert ihn als "Crossover"-Modell in die Baureihen-Hierarchie ein. Er ist mit Front- und mit Allradantrieb zu haben, für diesen Test wählten wir die Variante mit Zweiliter-Dieselmotor und Allradantrieb aus. Viele Kunden in Deutschland haben dieses Jahr ebenso entschieden, etwas mehr als 57 Prozent der neu zugelassenen Kugas waren mit Allradantrieb ausgestattet.
Die Frontpartie verzichtet auf einen martialischen Auftritt, sie ist so freundlich und unscheinbar gestaltet, dass man zweimal hinschauen muss, um zu erkennen, was da auf einen zurollt. Für viel Licht und Sicht sorgt die große, sehr schräg gestellte Frontscheibe, die Seitenpartie wird von der nach hinten schmaler werdenden Fenstergrafik dominiert. Mehr Familiensinn hat Chefdesigner Martin Smith an der Heckpartie wirken lassen, denn die ist der des Modells C-Max sehr ähnlich.
Klappenöffnung per Sensor
Wer die Öffnungstaste für die Kofferraumklappe oberhalb des Nummernschildes sucht, wird nicht fündig, die ist weit unten angeordnet, so dass die Ladekante bei 67 Zentimetern liegt. Schade nur, dass zwischen Stoßfänger und Ladeboden noch einmal ein Absatz von fünf Zentimetern ist, so dass die Ladefläche selbst 72 Zentimeter über den Boden beginnt. Die Klappe kann dank eines Bewegungssensors, der unter dem Stoßfänger sitzt, mit einer lässigen Fußbewegung, wie von Geisterhand geöffnet werden. Im Paket mit dem schlüssellosen Zugangssystem kostet das 575 Euro extra. Dass der Motor zum Abgastransport zwei Endrohre braucht, erscheint zweifelhaft, denn andere Ford-Modelle mit dem gleichen Motor entlüften über ein einzelnes Rohr. Beim Kuga kann man sich so aber über eine perfekte Symmetrie an der Rückfront freuen.
Der Vierzylinder-Diesel ist bei Ford ein bewährter und treuer Geselle, aber auch schon ein bisschen in die Jahre gekommen. 140 PS kann man heute aus weniger Hubraum holen. Was aber eigentlich in die Zeit gehört, ist eine Start-Stopp-Automatik, die beim Spritsparen im Stadtverkehr hilft. Die gibt es leider nicht mal optional. Aber immerhin hat man dem Kuga eine Schaltempfehlung spendiert, die im Hauptinstrument vor dem Fahrer an den fälligen Gangwechsel erinnert. Immerhin scheint eine gewisse Logik in dem Verzicht auf die Unterbrecher-Technik zu liegen: Diesel sind Langstreckenautos, wo Ein- und Ausschalten des Motors seltener gefragt ist. Wer viel Kurzstrecke fährt, wird sich ohnehin eher für den 1,6-Liter-EcoBoost-Benziner entscheiden und der hat Start-Stopp.
Das manuelle Sechsgang-Getriebe schaltet geschmeidig, der Schalhebel flutscht fast von selbst in die richtige Übersetzugstufe. Der Antritt ist dank 320 Newtonmeter Drehmoment kraftvoll genug, um das knapp 1,7 Tonnen schwere Auto zügig in Gang zu bringen. Die Durchzugskraft und Elastizität des Motors reicht aus, um den Wagen schaltfaul fahren zu können. Das Laufgeräusch des Selbstzünders wünschte man sich etwas dezenter. Vor allem, wenn es über 3000 Touren hinausgeht, wirkt er etwas brummig. Die höheren Drehzahlen kommen aber fast ausschließlich bei Überlandfahrt vor, so dass sie im Verein mit Abroll- und Windgeräuschen keine ungewöhnliche Schallkulisse mehr bilden. Mit einem Testverbrauch von 7,3 Litern je 100 Kilometer lag der Kuga 1,4 Liter über dem Prospektwert. Etwas weniger als angegeben war es dagegen bei der Höchstgeschwindigkeit: Zwar zeigte der Tacho bei Vollgas 190 km/h, tatsächlich lagen aber nur 178 km/h an.
Cockpit verlangt nach Orientierung
Im Innern herrscht ein angenehm großzügiges Raumgefühl, was durch ein Panorama-Glasdach (+1100 Euro) noch verbessert wird. Die bequemen und langstreckentauglichen Sitze könnten etwas längere Sitzpolster vertragen, die Schenkelauflagefläche ist recht knapp bemessen. An der Verstellbarkeit stört lediglich der etwas versteckt angebrachte Hebel für die Neigung der Rückenlehne.
Die Cockpit-Gestaltung ist ein Fall für sich, besonders wenn Türeinsätze und Konsolenumrahmung wie bei der Titanium-Ausstattung üblich in piano-anthrazit ausgeführt sind. Die glänzend polierte Oberfläche führt bei hellem Lichteinfall zu Spiegelungen, so dass die Orientierung zwischen den teils winzigen Tasten auf der gewölbten Oberfläche nicht ganz leicht fällt. Wer schon seit Jahren Ford fährt, hat mit den Funktionen des zentralen Dreh-Drückstellers keine Probleme, andere müssen sich an die sehr eigene Logik der Ford-Bedienung erst gewöhnen. Zweifellos ist das Informationsangebot üppig. Sicher gut gemeint ist es, den Navigations-Monitor des Sony-Systems blendfrei unter einer mittig gelegenen Abdeckung zu platzieren. Dort ist er aber gut einem Meter von den Augen des Fahrers entfernt und bei einer Display-Diagonale von nicht einmal sechs Zoll ist die Ablesbarkeit verbesserungswürdig. Wer auf der Kartengrafik Details erkennen will, muss häufiger mit der Zoom-Funktion hantieren.
Auf der Rückbank herrscht genügend Beinfreiheit für bequemes Reisen. Die Lehnen lassen sich mit einem einfachen Handgriff einzeln umlegen, und weil dabei auch die Sitzfläche nach unten gleitet, entsteht eine komplett ebene Ladefläche. Das Gepäckabteil ist mit dem Modellwechsel um 46 Liter gewachsen und bei umgelegter Rückbank kann ein maximales Volumen von 1653 Litern genutzt werden.
Umfangreiche Sicherheitsausstattung
Ford bietet für den Kuga eine Reihe von Sicherheits-, Assistenz- und Komfortpaketen an. Darin ist auch die sehr nützliche beheizbare Frontscheibe enthalten. Für einen Aufpreis von 1050 Euro ist das automatische Notbremssystem "Active City Stop" zu erhalten, mit im Paket sind dann Toter-Winkel-Assistent, Fahrspur-Assistent mit Müdigkeitswarner und ein Fernlicht-Assistent. Die ebenfalls integrierte Verkehrsschilderkennung soll an Tempobeschränkungen erinnern. In diesem Test erwies sie sich aber nicht zu 100 Prozent als verlässlich. Wer weitere 700 Euro lockermacht, erwirbt ein Auto mit Einpark-Assistent. Der kann den Kuga dann in zuvor vermessene Längs-Parktaschen abstellen. Am bequemsten ist dies natürlich in Verbindung mit einem Automatik-Getriebe.
Das Fahrwerk kommt mit Kopfsteinpflaster gut zurecht und lässt die Insassen unaufgeregt über die Holperpiste gleiten. Nur stellen sich bei solchen Gelegenheiten gern Verwindungsgeräusche ein. Beim Testwagen konnte man es vernehmlich knistern und zirpen hören. Außer Leichtmetallrädern und Klimaautomatik gehören auch Tempomat und ein automatisch abblendender Innenspiegel zur Titanium-Ausstattung.
Fazit: Zwar wird auch dieser Kuga die Marktführerschaft des Tiguan in Deutschland nicht ernsthaft in Frage stellen, aber als solide Alternative taugt er allemal. Mit den Eigenheiten von Cockpitgestaltung und Bedienbarkeit kann man sich anfreunden, alles andere ist so, wie man es sich von einem praktischen und vielseitigen Auto wünscht. Wer noch etwas Geduld hat, wartet auf die nächste Generation Dieselmotoren, die dann sicher auch Start-Stopp-fähig sind.
DATENBLATT | Ford Kuga 2.0 TDCi |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,52 / 2,07 / 1,70 m |
Leergewicht (DIN) | 1692 kg |
Maximale Zuladung | 558 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 481/1653l |
Motor | Vierzylinder Diesel mit 1997 ccm Hubraum |
Getriebe | 6-Gang Handschalter |
Leistung | 103 kW/140 PS |
Kraftstoffart | Diesel |
Antrieb | elektronisch geregelter Allradantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 188 km/h |
max. Drehmoment | 320 Nm bei 1750 - 3750 U/min |
Beschleunigung 0-100 km/h | 10,7 Sek |
Normverbrauch (außerorts/innerorts/Duchschnitt) | 5,1 / 7,2 / 5,9 l |
Testverbrauch | 7,3 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 154 g/km |
Abgasnorm | EU 5 |
Grundpreis | 31.400 Euro |
Preis des Testwagens | 40.400 Euro |
Quelle: ntv.de