A6 Avant beeindruckt mit neuem Diesel Kraftvolle Soundmaschine
23.07.2011, 13:35 Uhr
313 PS packten in die Ingolstädter in den drei Liter großen V6.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Mit einem neuen High-Tech-Diesel garniert Audi die Markteinführung des A6-Kombis. Der Avant wird bei Bedarf über 313 PS aus sechs Zylindern verfügen, so viel wie zuletzt nur Acht- oder Zehnzylinder zu leisten vermochten. Ein Fahrbericht von Audis neuem Kraftprotz.
Die Wachstums-Automatik war lange ein Ausstattungsmerkmal, das Autokunden nie bestellt, aber immer mitbezahlt haben. Beim Modellwechsel war der Nachfolger stets ein wenig größer geworden, bis schließlich aus Kleinwagen Kompakte und aus Kompakten Mittelklässler geworden waren. Um diese Selbstverständlichkeit zu durchbrechen, hatte Audi für die Entwicklung des neuen A6 die Maxime "wir wollen nicht mehr wachsen" ausgegeben. Stärker zu werden war nicht verboten, wie der neue A6 Avant eindrucksvoll belegt.
313 PS Leistung und ein maximales Drehmoment von 650 Newtonmetern sind die Eckdaten des drei Liter großen V6. Statt eines Turboladers wie beim Vorgängermotor kommen nun zwei in Reihe geschaltete Verdichter zum Einsatz, wobei der kleinere von beiden dank nach wie vor variabler Schaufeleinstellung schon bei geringem Abgasstrom mit der Wirkung einsetzt. Ab etwa 2500 Umdrehungen öffnet sich das so genannte Turbinenumschaltventil, was den zweiten Lader mit in Betrieb setzt. Ab etwa 3500 Touren ist dann die größere Turbine allein dafür zuständig, dass verdichtete Verbrennungsluft für optimale Leistungsausbeute sorgt.
Mehr PS aus weniger Hubraum
Reichlich Kraft und Durchzugsvermögen gibt es auch bei anderen Selbstzündern, doch die brauchten in der Vergangenheit deutlich mehr Hubraum, um in solche Kraftregionen vorzustoßen. Als Volkswagen 2002 die gleiche Leistung, also 230 kW, im Touareg anbot, sorgte dafür ein fünf Liter großer Zehnzylinder. Genau 4432 ccm war ein BMW-Achtzylinder groß, aus dem die bayerischen Ingenieure zunächst 300, später 329 PS holten. Nun hat Audi die Schraube der Literleistung erneut angezogen. Das maximale Drehmoment, entscheidend für Spurtqualität und Durchzug, steht schon ab 1450 Umdrehungen zur Verfügung.
Nicht nur auf der Leistungsskala, sondern auch akustisch ist der Motor ein Sonderfall. In die Abgasanlage ist ein so genannter Soundaktuator integriert, der beim Beschleunigen für einen bei Dieselmotoren völlig untypischen Klangteppich sorgt. Wenn die Drehzahlnadel nach rechts kippt, bollert es aus den beiden Endrohren fast wie bei einem V8-Benziner. Mit sonorem Bass dumpf grollend, beim Hochdrehen energisch fauchend, erreicht der A6 Avant schon nach 5,3 Sekunden die Marke von 100 km/h. Kein Wert, den man unbesehen einem 4,90-Meter-Kombi zurechnen würde.
Kleiner Schönheitsfehler: Unter 58.250 Euro ist der Spaß nicht zu haben, selbst wenn der Normverbrauch von 6,4 Litern je 100 Kilometer versöhnlich stimmt. Für die Kraftübertragung sorgt in diesem Modell serienmäßig die Siebengangautomatik, die über eine Start-Stopp-Fähigkeit sowie einen Sportmodus verfügt. Das untere Ende des Motorenprogramms wird von einem zwei Liter großen Vierzylinder-TDI mit 177 PS markiert. Wer sich für Handschaltung und Frontantrieb entscheidet, kann mit einem Durchschnittsverbrauch von fünf Litern rechnen. Bei dessen Anschaffung werden 40.850 Euro fällig. In Deutschland greifen allerdings mehr als die Hälfte der A6-Kunden zum Quattro-Allradantrieb.
Flachere Nase und weniger Speck
Im Unterschied zur weltweit nachgefragten A6-Limousine ist der Avant ein sehr europäisches Auto. 98 Prozent der Kombis bleiben in Deutschland, gehen nach Schweden und Italien. In jedem Land sind die Erwartungen der Kunden andere. Da Kompromisse bei der Umsetzung der Entwicklungsziele unvermeidlich sind, wird die Messlatte zu Beginn besonders hoch gelegt. "Man darf nicht den Fehler machen", sagt Entwicklungsvorstand Michael Dick, "am Anfang zu wenig zu wollen." Technisch wünschenswertes steht nicht selten im Konflikt mit den dafür aufzuwendenden Kosten. Und so auch vereinzelt die scheinbar zweitbeste Lösung den Vorzug, weil sie unter den Faktoren Zeit und Geld einerseits, den Prämissen des Designs andererseits, die Vernünftigste ist.
"Der Neue steht wesentlich geduckter im Wind", erklärt der gelernte Maschinenbau-Ingenieur Dick die veränderten Linien an Scheinwerfern, Single-Frame-Grill, Bugschürze und Lufteinlass. Die gefühlte Leichtigkeit sollte von der messbaren untermauert werden, so dass in der Entwicklung jede Fachgruppe, egal ob für Karosserie, Motor, Getriebe oder Elektronik zuständig, vom Ist-Gewicht auf ein Ziel-Gewicht eingeschworen wurde. Am Ende kamen 70 Kilogramm Einsparung heraus. "Mit 120 Kilo hätten wir uns besser gefühlt", sagt Dick. Weniger Gewicht bedeutet weniger Verbrauch, aber auf 1,7 Tonnen Fahrzeugmasse gerechnet, bleibt die Differenz unterhalb der Schwelle des für Kunden Erlebbaren. Ebenso wie der neue A6 Avant war auch der "Alte" ein fahraktives, dynamisches und mit Agilität zu bewegendes Gefährt.
Auto als rollender Hotspot
Was Blechkleid und Motortechnik versprechen, muss die Innenarchitektur halten. Wer in das neue Modell einsteigt, erkennt wesentlich mehr Veränderungen, als das Äußere für den flüchtigen Betrachter hergibt. Mit vorbildlicher Verarbeitungsqualität und originellen Detaillösungen hat Audi in der Vergangenheit die Erwartungen hoch geschraubt. Das Head-Up-Display zum Beispiel, von Kunden ebenso dringend verlangt wie vom Audi-Vertrieb, hat einen größeren Platzbedarf als die betont flach gehaltene Schalttafelabdeckung des A6 eigentlich hergibt.
Freuen können sich die Nutzer des Navigationsgeräts über den deutlich gewachsenen Monitor, der nunmehr versenkbar ist. Dank der auf 20 Zentimeter gewachsenen Bildschirm-Diagonale können nicht nur die Details der google-earth-gestützten Routenbeschreibung besser erkannt werden, sondern auch die Bilder der Rückfahrkamera und der neuartigen Umgebungskamera gleichzeitig visualisiert werden. Per UMTS-Modul wird der A6 Avant zum rollenden WLAN-Hotspot und die Insassen können mit bis zu acht Endgeräten während der Fahrt fröhlich im Internet surfen. Wer derart vernetzt unterwegs sein will, braucht nicht nur die Sonderausstattung Bluetooth Telefonie online, sondern auch das Navigationssystem plus für zusammen 4390 Euro. Doch auch bei einem so ausgereiften System wie dem Audi-MMI ist noch Optimierungspotenzial der Bedienlogik zu erkennen: Soll im Hauptmenü eine Funktion angesteuert werden, deren Symbol rechts von der Mittelstellung liegt, muss man den Wählknopf nach links drehen.
Den Avant bestellen sich in erster Linie Menschen mit differenzierten Transportbedürfnissen. Ihnen die die nur 63 Zentimeter hohe Ladekante wichtig, auch die bis zu 1,93 Meter lange Ladefläche. Die Kapazität von 565 Liter Kofferraumvolumen wächst durch Umklappen der Rücksitze auf 1680 Liter. Das ist zwar weit entfernt vom Klassenbesten, doch Audi geht diesen Kompromiss bewusst ein, um die typische Schräge des Heckfensters nicht zu gefährden, die bisher alle Avants auszeichnete.
Quelle: ntv.de