Markencups als Geschäftsmodell Porsche startet neue Rennserie
22.11.2009, 10:21 Uhr
In zwei Sprintrennen zu jeweils 30 Minuten suchen die GT3-Fahrer ihre Besten.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Wer meint, dass die Formel 1 eher dem Bereich Entertainment zuzurechnen ist als dem Motorsport, der braucht nach Belegen dafür nicht lange zu suchen: Wie eine gute Rockband hat auch die Königsklasse der Rennwagen ihre Vorgruppe - einen Porsche Markenpokal. Nach dem gerade vergebenen Meistertitel im Supercup wurde auch der Hauptdarsteller dieser Serie verabschiedet, das Modell GT 3 Cup.

Der gerade eingeweihte Rennkurs in Abu Dhabi wird ab Dezember auch Schauplatz der neuen Rennserie im Mittleren Osten sein.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Mit rund 1400 Exemplaren seit 1998 ist der Porsche GT3 das meistgebaute Rennfahrzeug der Welt. Im zehnten Jahr der größtenteils manuellen Fertigung erreichte er mit 285 Stück einen Produktionsrekord. In der nächsten Saison wird statt des 3,6-Liter-Boxermotors ein 3,8 Liter-Triebwerk eingesetzt. Basis für die Wettbewerbsautos der künftigen Rennen ist der neue 911 GT3 RS, der auch mit Straßenzulassung zu haben ist und auf der IAA vorgestellt wurde. Wer für sich eine Zukunft als Rennstallbesitzer in Erwägung zieht, bekommt für einen im Vergleich zur Formel 1 Schnäppchen zu nennenden Preis von rund 750.000 Euro einen regelkonformes Fahrzeug nebst technischer Unterstützung des Herstellers.
Die Leistung des Fahrers entscheidet
Bei Porsche ist es ein seit Jahrzehnten gepflegtes Prinzip, nicht selbst als Produzent der Autos Rennsport zu betreiben, sondern auf so genannten Kundensport zu setzen. Das bedeutet, Rennwagen werden im Entwicklungszentrum Weissach konstruiert und gebaut, dann an Teams wie zum Beispiel Konrad Motorsport verkauft. Auch andere Hersteller wie Volkswagen, Lamborghini oder BMW haben die Idee von Markencups aufgegriffen. Aus Sicht des Zuffenhausener Herstellers ein höchst sinnvolles Geschäftsmodell, denn die Autos sind seriennah entwickelt und haben für das Publikum einen hohen Wiedererkennungswert. Zum Beispiel in der amerikanischen Le Mans Serie konnten die 911er vor Kurzem den 100. Sieg einfahren. Weder die Mitbewerber von Ferrari, von BMW oder Corvette konnten verhindern, dass die Weissacher Rennautos Meisterschaft, Team- und Fahrertitel holten.

Den Eigenheiten des arabischen Raumes müssen sich auch Sponsoren beugen: Brauerei-Namen sind verpönt.
(Foto: Textfabrik/Busse)
In den von Porsche inszenierten Rennserien, wie zum Beispiel den Carrera Cup oder den Supercup, sind technisch identische Fahrzeuge am Start, das Abschneiden "hängt zu 95 Prozent vom Fahrer ab", sagt Jeroen Bleekemolen, der gerade in Abu Dhabi die Meisterschaft des Supercups für sich entschied. Der eilige Holländer ist ein vielbeschäftigter Mann. In der Vorjahressaison trat der 28-Jährige bei etwa 50 Rennen an, bei den meisten schaffte er es aufs Podium. Berühmt geworden ist er dadurch nicht, denn die an Motorsport interessierte Öffentlichkeit ist von ihrer Fixierung auf die Formel 1 nur schwer abzubringen.
Neue Profilierungsmöglichkeiten
Um ein wenig aus der Ecke des Minderheitenprogramms heraus zu kommen, hat sich Porsche mit dem Supercup an die Formel 1 gehängt. Als so genannte Unterstützungs-Veranstaltung ("Support Event"), können sich Teams und Fahrer in der Aufmerksamkeit eines Grand-Prix-Publikums sonnen, so wie die Vorgruppe bei einem Rockkonzert den Applaus der Hauptband mitkassiert.

Aschenbecher am Kraftstofflager: Nicht alles am Boxengeschehen ist mit Logik zu erfassen.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Mögen die Live-Zuschauer den qualitativ hochklassigen Rennsport auch schätzen, der Weg ins Fernsehen ist dennoch oft verbaut. Lediglich den Zuschauern von Spartensendern wie Eurosport oder dem Bezahlsender Sky dürfte in Deutschland Begriff Supercup überhaupt etwas sagen.
Als Unternehmen mit globaler Absatzperspektive hindert das Porsche aber nicht daran, weitere Rennserien ins Leben zu rufen. Schon im Dezember wird die Startampel für die GT3 Cup Challenge Middle East auf Grün schalten. Sechs Rennen in Bahrein, Saudi-Arabien und Abu Dhabi werden hoffnungsvollen Fahrern weitere Möglichkeiten der Profilierung geben. Einer davon ist der Spanier Siso Cunill, gerade 19 Jahre jung.
Porsche braucht den Mittleren Osten
In dem von gesetzlichen und kulturellen Besonderheiten geprägten arabischen Raum lassen sich die Rennställe auf manche Eigenwilligkeit ein. Schon beim Supercup-Abschluss Anfang November in Abu Dhabi musste der deutsche Sponsor des MRS-Teams auf die Nennung seines Namens komplett verzichten. Statt des Schriftzugs der Brauerei stand neben dem Firmenwappen nur das Wort "Frisches" auf den Autos. Alkoholwerbung ist in den Emiraten nicht erlaubt.

Weise Männer in weißen Gewändern: Dass der Cayenne das bekannteste Porsche-Modell am Golf ist, möchte der Hersteller gerne ändern.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Doch nur die Bereicherung des globalen Motorsportkalenders reicht als Grund für die neuen Rennserie nicht aus. Handfeste wirtschaftliche Interessen stehen dahinter, denn im arabischen Raum kennt man Porsche in erster Linie als Geländewagenmarke. Am Persischen Golf ebenso wie in Asien werden bis zu zwei Drittel der Porsche-Umsätze durch Cayenne-Fahrzeuge gemacht, der in Europa oder USA als Sportwagen-Ikone geltende 911er spielt eine eher untergeordnete Rolle.
Dass muss sich aus Sicht von Porsche vor allem deshalb ändern, weil die Marke den Mittleren Osten als Absatzgebiet für den Viertürer Panamera dringend braucht. Ohne die Zuneigung der Scheichs sind die 20.000 Stück jährlich, die Vorstand Klaus Berning als Zielgröße ausgab, nicht zu erreichen. Und Verkaufserfolge liefern die besten Argumente, wenn es darum geht, sich als Marke unter einem weit gespannten VW-Konzerndach zu behaupten.
Quelle: ntv.de