Auto

Verschmähter Aerodynamiker 30 Kerzen für den Ford Sierra

Das Alphatier war der Ford Sierra RS Cosworth.

Das Alphatier war der Ford Sierra RS Cosworth.

Als der Ford Sierra vor 30 Jahren auf die deutschen Straßen rollte, schockte er das an scharfe Ecken und Kanten gewöhnte Publikum. Dabei waren die strömungsgünstig integrierten Stoßfänger und die mit der Außenhaut bündig verklebten Scheiben wegweisend. Heute ist der einstige Aufrührer aus dem Straßenbild fast verschwunden.

Ford feiert 30 Jahre Sierra. Doch bereits 20 Jahre nach dem Auslaufen der Produktion ist der einstige Design-Schocker fast restlos aus dem deutschen Straßenbild verschwunden. Auf dem Papier war der 1982 präsentierte Ford Sierra die Ablösung des letzten Taunus, des kantigen TC ’80. Optisch trennten die beiden Hecktriebler allerdings Welten.

Der Sierra war ein Produkt des Windkanals.

Der Sierra war ein Produkt des Windkanals.

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger war der Sierra ein Produkt des Windkanals. Der cw-Wert von 0,34 galt als einer der besten überhaupt. Die Verbrauchswerte standen Anfang der 80er Jahre nach den beiden Ölkrisen 1973 und 1979 immer mehr im Fokus und die Verringerung des Luftwiderstandes ist ein probates Mittel, den Verbrauch zu senken.

Die strömungsgünstig integrierten Stoßfänger aus Polykarbonat, mit der Außenhaut bündig verklebte Scheiben sowie integrierte Scheinwerfer und Kühlluftöffnungen machten den Sierra extrem stromlinienförmig. Wo der Taunus TC senkrechte Stirnflächen aufwies und aufrecht durch die Straßen glitt, zeigte sich sein Nachfolger flach, windschlüpfig und geduckt.

1982 polarisierte das windschnittige Design aus der Feder von Designer Uwe Bahnsen die Ford-Fans. Bahnsen hatte zuvor bereits die beiden Ford Capri-Generationen und "die Badewanne" Ford Taunus P3 entworfen. Zum Verkaufsstart war der Sierra ausschließlich als viertürige Schrägheck-Limousine, auch "Aero-Heck" genannt, erhältlich und bot eine für diese Zeit außergewöhnliche Silhouette, im Dezember 1982 folgte der Turnier.

Mehr Raum für alles

Zum Verkaufsstart war der Sierra ausschließlich als viertürige Schrägheck-Limousine zu erhalten.

Zum Verkaufsstart war der Sierra ausschließlich als viertürige Schrägheck-Limousine zu erhalten.

(Foto: Ford-Werke GmbH, Koeln)

Obwohl die Karosseriedimensionen des Sierra gegenüber dem Taunus praktisch unverändert geblieben waren, hatte sich das Raumangebot in Schlüsselmaßen wie Bein- und Kopffreiheit spürbar vergrößert. Auch für Sprit und Transportgut hatte der Sierra nun mehr Kapazität als der Taunus. Das Tankvolumen wuchs um 6 auf 60 Liter, das Gepäckabteil von 392 auf 408 Liter, wobei sich das Fassungsvermögen durch Umklappen der Rücksitzbank fast verdoppeln ließ. Noch mehr Variabilität gab es ab der L-Ausstattung: Die Rücksitzbank konnte im Verhältnis 1/3 zu 2/3 geteilt werden. Das alles gab es bereits für 16.600 DM.

Zur Wahl standen zwei Vierzylindermotoren mit 75 PS und 105 PS und drei Sechszylinder mit 90 PS, 114 PS und 150 PS. Das Highlight in Sachen Wirtschaftlichkeit bildete ein Dieselmotor von Peugeot mit 67 PS, den erst 1990 ein 75 PS Turbodiesel aus eigener Produktion ablöste. Die Top-Version XR4i mit 150 PS und Sportfahrwerk sowie das Coupé schob Ford 1983 nach, 1985 folgte der Allrad- Sierra XR4x4 ausschließlich mit dem 150-PS-V6. Das Fahrwerk hatten die Ingenieure im Vergleich zum Vorgänger deutlich überarbeitet. Der Sierra behielt den Heckantrieb, nun aber mit Einzelradaufhängung. Vorne kamen Mc-Pherson-Federbeine zum Einsatz.

RS Cosworth wird zum Alphatier

1990 wird der Sierra RS Cosworth noch einmal aufgewertet.

1990 wird der Sierra RS Cosworth noch einmal aufgewertet.

(Foto: Ford-Werke AG, Koeln)

Das Alphatier der Baureihe, der Sierra RS Cosworth, ging 1986 mit 204 PS an den Start und sorgte mit seinen Fahrleistungen für offene Münder: In sieben Sekunden schaffte er es von 0 auf 100 km/h. Ein Ende hatte der Geschwindigkeitsrausch im Cosworth bei 240 km/h. Der englische Motorenhersteller Cosworth stattete den Zweiliter-Ford-Motor mit Vierventil-Technik und Turbolader aus.
 

In dieser Konfiguration lieferte der Sierra die Basis für Einsätze im Motorsport. In den Folgejahren fuhr der Sierra diverse Rallye-Erfolge und Siege in verschiedenen Tourenwagen-Meisterschaften ein. 1987 gewannen Dieter Selzer und Franz-Josef Bröhling die Klassenwertung beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring und 1988 sicherte sich Klaus Ludwig auf dem Sierra Cosworth RS 500 die Deutsche Tourenwagen Meisterschaft (DTM). Die Erstauflage mit monstermäßigem Heckflügel war auf 5000 Sierra RS Cosworth und 500 Evolutionsmodelle RS 500 limitiert. Ein unlimitierter "Cossie" folgte Ende 1987, optisch wesentlich dezenter, aber mit identischem Motor und zu Preisen ab etwa 60.000 Mark. Für ein gut erhaltenes Exemplar bezahlen Liebhaber heute zum Teil weit über 20.000 Euro.

Zweite "Cossie"-Stufe gezündet

Die Modellpflege für den Jahrgang 1990 zündete dann eine neue "Cossie"-Stufe: Dank strömungsoptimierter Ein- und Auslassbereiche, modifiziertem Turbolader und vergrößertem Ladeluftkühler leistete der Hochleistungssportler nun nicht nur 220 PS und entwickelte ein maximales Drehmoment von 290 Nm, das Spitzenmodell brachte seine Kraft jetzt auch über alle vier Räder auf die Piste und trug deswegen das Zusatzkürzel "4x4". Auch ein neuer Sechszylinder schmückte das Angebot: Der 145 PS starke 2,9-Liter-V6 besetzte die Position des souveränen Cruisers, der mit geschmeidigem Durchzug aus dem Tiefgeschoss der Drehzahlen seine Passagiere zufrieden lächeln ließ.

1993 lief die Produktion des Sierra aus und Ford entschied sich zur Einführung eines komplett neuen Modells, dem Mondeo. Blickt man heute zurück, war der Ford Sierra trotz anfänglicher Skepsis bei der Käuferschaft mit über 2,7 Millionen verkauften Exemplaren zwischen 1982 und 1993 äußerst erfolgreich.

Quelle: ntv.de, hpr

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen