Auto-Klassiker 70 Jahre Opel Kapitän
18.07.2008, 08:00 UhrEigentlich wollte Adam Opel niemals Automobile produzieren. Nähmaschinen waren das Geschäft des Sohnes eines Schlossers, mit dem er sich 1863 selbstständig machte. Seinen fünf Söhnen - Carl, Wilhelm, Fritz, Heinrich und Ludwig - ist es zu verdanken, dass es heute überhaupt Automobile aus Rüsselsheim gibt. Die begeisterten mit Hartnäckigkeit und sportlichem Engagement ihren Vater von der Idee wenigstens Fahrräder zu produzieren. Erst 1898, drei Jahre nach dem Tod des Firmengründers, kauften die Brüder die Firma des Dessauer Autopioniers Lutzmann und begannen mit der Produktion von motorisierten Kraftwagen. Der Rest ist Legende. Bereits in den dreißiger Jahren durfte sich Opel zumindest zeitweise über den Titel des größten Automobilproduzenten der Welt erfreuen.
Ein wichtiger Teil dieser Legende ist der Opel Kapitän. Doch sein Start war schwierig. Ende 1938 wurde das Auto der interessierten Öffentlichkeit vorgestellt. Er war das letzte neu konstruierte Auto von Opel vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Das Mittelklassemodell hatte einen 2,5-Liter-Reihenmotor mit 55 PS (40 kW) und fuhr beachtliche 126 km/h. 3575 Reichsmark kostete die viertürige Limousine. Das Cabrio gab es für 4325 Reichsmark. Bis zum Ende der zivilen Produktion 1940 wurden 25.371 Modelle produziert. Danach produzierte die Marke mit dem Stern nur noch den legendären Opel Blitz, der damals als "Rückgrat der Wehrmacht" galt.
Wiederaufnahme der Produktion in 1948
Die Produktion bei Opel begann wieder im Jahr 1947. Ein Jahr später wurde auch der Kapitän wieder gebaut, allerdings in leicht modifizierter Version. Die Scheinwerfer vorne waren rund geworden und ein Cabrio gab es nicht mehr. Erst 1950 überarbeitete man in Rüsselsheim das Modell. Der Mittelschalthebel musste einer Lenkradschaltung weichen, im Innenraum und am Motor gab es leichte Veränderungen. Bei der Modellpflege außen im Jahr 1951 wurde großflächig gearbeitet. Viel Chrom und eine durch US-Design geprägte Optik kennzeichneten den Wagen. Er wurde ein Statussymbol im Wirtschaftswunder-Deutschland. Dabei war er mit einem Preis von rund 9500 DM nicht unbedingt billig.
Schon 1954 wurde das Erfolgsmodell in der Oberklasse erneut grundlegend überarbeitet. Das Äußere wirkte beim Kapitän 54 durch eine Pontonkarosserie noch amerikanischer. Er bekam einen markanten "Haifischmaul"-Kühlergrill und der Motor wurde mit 68 PS noch stärker. Nach einem neuerlichen Facelift verschwand der bemerkenswerte Lufteinlass allerdings wieder und wich senkrechten Gitterstäben.
Richtig amerikanisch wurde es aber mit dem Opel Kapitän P1 ab dem Jahr 1958. Er gilt bis heute als einer der begehrtesten Oldtimer aus Rüsselsheim. Kein Wunder, hat er doch alles zu bieten, was das Herz von Fans klassischer Automobile höher schlagen lässt. Heckflossen, Panoramascheiben und reichlich Chrom. Damals allerdings hagelte es Kritik. In den Fond zu gelangen glich einer akrobatischen Übung, die Sicht war trotz Panoramafenster deutlich eingeschränkt und aufgrund des weit heruntergezogenen Dachs durch den Innenspiegel kaum etwas zu sehen.
Erfolgsmodell Kapitän P2
Nur ein Jahr später legte man in Rüsselsheim erneut Hand an und brachte mit dem Kapitän P2 ein modifiziertes Modell auf den Markt. Der Wurf war aber dann gelungen, den der zweite P wurde der erfolgreichste Kapitän aller Zeiten. Zwischen 1959 und 1963 wurden 145.616 Modelle zugelassen. Damit lag Opel in der Zulassungsstatistik der Sechszylinder-Modelle zum letzten Mal in der Auto-Geschichte vor Daimler Benz. Der Wagen war für die damaligen Verhältnisse geradezu üppig ausgestattet. Aus einem 2,6-Liter-Reihen-Sechszylinder wurden 90 PS (66 kW) gezaubert. Dazu hatte das Auto ein automatisches Dreigang-Getriebe. Die Vorderachse hatte doppelte Querlenker als Radaufhängungen und ab 1962 gab es sogar eine Servolenkung.
An dieses Erfolgsmodell konnte der Kapitän A, der 1964 auf den Markt kam, nicht mehr anknüpfen. Opel stellte die Modelle Kapitän, Admiral und Diplomat auf ein einheitliches Design um. Dieses war wesentlich geradliniger und hatte keine Panoramascheiben mehr. Ab 1964 prangte bei allen Pkws von Opel übrigens auch der noch heute bekannte Blitz an der Motorhaube. Der Kapitän bildete den Einstieg in die automobile Oberklasse von Opel. Dafür spendierte man ihm ein Jahr nach der Premiere einen völlig neuen Motor mit 2,8 Liter Hubraum und 125 PS (92 kW). Das war für das Gewicht und die Klasse nur angemessen. Dazu gab es dann auch ein Viergang-Getriebe, denn drei Gänge hätten für die höhere Endgeschwindigkeit eine zu lange Übersetzung gehabt.
Der Kapitän verschwand 1970 aus dem Programm
Die letzte Episode bildete das Modell B, das nur von 1969 bis 1970 als Kapitän gebaut wurde. Ebenso wie beim Vorgängermodell teilten sich Kapitän, Admiral und Diplomat die Karosserieform. Der Kapitän wurde geringfügig kleiner. Er trat dennoch mit einer schweren Hypothek an, wollte sich Opel mit dem Modell doch mit Mercedes Benz messen. Leider konnte selbst die aufwändige De-Dion-Hinterachse nichts an der Chancenlosigkeit gegen die Schwaben ändern. Der Kapitän B wurde noch bis 1977 als Admiral und Diplomat weitergebaut, doch mit dem Modell verschwand der Name endgültig aus dem Programm von Opel.
Noch erfolgreicher als der Neuwagen ist seit vielen Jahren der Oldtimer. Nicht nur wegen seines klassischen Designs, das sich über die Jahre immer wieder grundlegend verändert hat und dem Geschmack der Zeit anpasste. Auch die Fertigungsqualität erfreut heute noch die Besitzer. Rost ist an restaurierten Kapitänen nur selten zu finden. Die Motoren sind großvolumige, aber einfache Maschinen, die nach grundlegenden Überholungszyklen immer noch große Freude bereiten. Daher wird der Opel Kapitän hoffentlich noch lange unser Straßenbild bereichern.
Quelle: ntv.de