Wut gegen Starenkasten An der Eifel tobt ein "Blitz-Krieg"
29.03.2012, 11:33 Uhr
Mit einem Blitzer an der Eifel soll ein Uhu geschützt werden. Tausende Autofahrer sind außer Rand und Band.
(Foto: picture alliance / dpa)
Kraftfahrer sind außer sich: Grund ist ein Starenkasten auf einer Landstraße, der das Tempo auf einer 900 Meter langen Strecke von 70 auf 50 km/h reduziert. Zum Schutz eines Uhus wohlgemerkt. In den letzten zehn Monaten jagten 7600 Kraftfahrer in die für sie unnütze Falle. Mit Farbe, Eisenstangen und einem Traktor wurde der Stein des Anstoßes schon traktiert.
Es ist ein erbitterter Kampf mit zum Teil brachialen Mitteln. Tausende Autofahrer sind auf einer Eifeler Landstraße in eine Radarfalle gerauscht und wurden bestraft. Die ersten Racheakte begannen, da war die Anlage bei Heimbach noch so gut wie neu - eine Anschlagsserie mit Farbe, Knüppeln und sogar mit einem gestohlenen Traktor. Einfach umgefahren haben Unbekannte den Blitzer damit. Jetzt ist der Starenkasten ein Fall fürs Gericht. Eine Temposünderin klagt gegen Tempo 50 auf der Strecke und die strenge Kontrolle durch den Blitzer, der dem Naturschutz dienen soll. Widerrechtlich sei das, sagt ihr Anwalt Wolfgang Beyer.
Blitzer schützt Tiefflieger
Es geht um 900 Meter Straße zwischen den Örtchen Heimbach-Blens und Hausen in Nordrhein-Westfalen, ganz nah an einem bedeutenden Vogelschutzgebiet. In den steilen Buntsandsteinfelsen brütet der in Deutschland geschützte Uhu. Der Vogel gilt tendenziell als Tiefflieger, der mit schwerer Beute in den Krallen nur träge auf Hindernisse reagieren kann. Je langsamer die Autos, desto geringer das Kollisionsrisiko mit dem Uhu, meinen Uhu-Experten wie der Düsseldorfer Biologe Rolf Krechel.
Diese 900 Meter Strecke wurden in den letzten Jahren zu einer schönen, breiten Straße ausgebaut - richtig tierschutzfreundlich mit Tunnel für Biber und Kröten, für sechs Millionen Euro. Vorher war sie eine "Buckelpiste", ein schlichter Feldweg. Wer die damals erlaubten 70 km/h fuhr, hat sich sein Auto kaputtgemacht.
"Das ist keine gemeine Falle"
Die Stadt Heimbach wollte die Straße ausbauen, unbedingt. Kommunen und Behörden wussten, dass die Tierschützer für eine Klage in den Startlöchern standen. Also machen sie den Deal: Der Kreis sorgt für eine wirksames Tempo-Limit 50 und die Naturschützer ziehen nicht vors Gericht. "Ich hätte auch 30 unterschrieben", bekennt der Heimbacher Bürgermeister Bert Züll (CDU) trotz des ganzen Ärgers. Er steht zu dem Abkommen. Niemand hatte aber die Rechnung mit den Autofahrern gemacht.
Das Stück Straße in landschaftlich reizvoller Umgebung wurde schön ausgebaut, die Leute mussten langsam fahren. Auf der Strecke weisen Schilder auf die Radarfalle und auf die Uhus im Felsen hin. "Das ist keine gemeine Falle", sagte der Sprecher des Kreises Düren, Josef Kreutzer. Aber in nur zehn Monaten wurden trotzdem 7600 Auto- und Motorradfahrer geblitzt. "Die Leute sind richtig sauer", sagt Züll und kriegt den Unmut als Bürgermeister auch persönlich ab. Ein guter Bekannter von ihm musste für einen Monat den Führerschein abgeben.
Der Unmut macht sich Luft
In Friedrichshafen ist ein Starenkasten heute ein Vogelhaus. Nomen est omen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Anschlagsserie auf die Radarfalle begann mit Farbe vergleichsweise harmlos, wenig später eskalierte die Lage. Unbekannte klauten einen Traktor und nieteten den Kasten einfach um - mit 50.000 Euro fast Totalschaden. Der Kreis Düren stellte sie wieder auf. Im Dezember schlugen Unbekannte erneut zu, "mit Eisenstangen", erzählt Kreutzer. Die Anlage war noch außer Gefecht, da kam im Februar schon die nächste Gewalt-Attacke.
Seit Monaten macht die Anlage keinen Mucks mehr. Die Ersatzteile liegen schon bereit, aber der Kreis Düren unternimmt erst mal nichts. "Wir warten das Urteil ab", sagt Kreutzer. Das wollen die Richter am 10. April sprechen. Ein friedenstiftendes Urteil? Bürgermeister Züll weiß das nicht: "Die Leute meinen: Der Uhu war doch schon immer da. Der geht wegen der 20 Kilometer mehr doch nicht weg."
Vom Starenkasten zum Vogelnistplatz
Vielleicht könnte es ja an der Eifel werden wie in Friedrichshafen. Dort blitzte ein Starenkasten früher rasende Autofahrer, heute bietet er - seinem Namen entsprechend - Meisen-Küken Unterschlupf: Mitarbeiter des Landratsamtes Friedrichshafen am Bodensee haben nämlich einen ausrangierten Starenkasten zum Vogelnistplatz umgebaut. "Der Blitzer ist kaputtgefahren worden und lag bei uns in der Garage", sagt Harald Baur vom Ordnungsamt des Landkreises.
Gemeinsam mit dem Hausmeister tüftelten die Behördenmitarbeiter an der neuen Vogelbrutstätte herum, entfernten die Kamera im Inneren, legten alles mit Holz aus und brachten zum Schluss noch zwei Einschlupflöcher an.
Der Erfolg kam umgehend: "Letztes Jahr hat ein Blaumeisenpärchen drin gebrütet, im Moment sind es Kohlmeisen", sagt Baur. "Das hat uns gefreut, dass es überhaupt angenommen wurde - weiß man ja vorher nie." Der Nistkasten hängt nun vor dem Fenster der Amtsstube an einem Baum.
Quelle: ntv.de, dpa/hpr