Appetitanreger für das Topmodell Astra GTC irritiert und erfreut
13.11.2011, 12:08 Uhr
15 Prozent der Astra-Kunden wählten bisher den GTC. Der Neue hat das Zeug, dies zu übertreffen.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Chic, Charme und schöne Linien sind Merkmale, die man in der Vergangenheit eher italienischen Automobilen zuordnete. Dass jetzt auch ein Opel damit glänzen soll, irritiert und erfreut gleichermaßen – der neue Astra GTC ist da.
Wenn ein Autohersteller eine neue Karosserievariante für ein gutlaufendes Modell vorstellt, wird als Indikator für den Innovationswert und die Entwicklungskraft die Anzahl der Gleichteile mit der bekannten Fahrzeugvariante genannt. Ist sie besonders klein, haben die Ingenieure Großes geleistet. Auch bei Opel weiß man um diesen Zusammenhang, weshalb bei der Präsentation des Astra GTC die identischen Bauteile gleich ohne Nachfrage offenbart wurden: Antenne, Türgriffe und Außenspiegel.
Dieses beeindruckende Zeugnis Rüsselsheimer Gestaltungswillens bezieht sich freilich auf die äußere Erscheinung des neuen Modells und spart natürlich wichtige Elemente aus. Die Motoren zum Beispiel. Ein 1,4-Liter Benziner in drei Leistungsstufen, ein 1,6-Liter-Turbobenziner und ein Zweiliter-Diesel sind allesamt alte Bekannte, die in anderen Astra-Modellen ihren bewährten Dienst verrichten. Aber beim GTC geht es auch nicht so sehr um Fakten, sondern um Emotionen. Und die stimmen.
Harmonischer Spannungsbogen
Selten war ein Dreitürer von Opel so stimmig und gelungen. Der Vorgänger noch schleppte sich mit einer wie aufgepfropft aussehenden Heckklappe herum, die nicht recht zu der schlanken, coupéhaften Silhouette passen wollte. Diesmal gibt es keine optischen Brüche, keine skulpturalen Fremdkörper, alles wirkt wie aus einem Guss. Ein harmonischer Spannungsbogen zieht sich vom flachen Bug über die mittlerweile typische Opel-Sichel im unteren Teil der Seiten bis hin zum muskulösen Heck, das die um 30 Millimeter verbreiterte Spur athletisch zur Geltung bringt. Vorn ist die Spur sogar 40 Millimeter breiter als beim normalen Astra, ein Vorteil, den die Insassen beim Fahren auf jedem Kilometer genießen können.

Trotz der coup?haften Silhouette bietet das Auto hinten erstaunlich viel Bequemlichkeit.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Dass die Ladekante 83 Zentimeter hoch ist und eine für schweres Gepäck schwer zu überwindende Hürde darstellt, gehört zu den schmerzhaften Kompromissen, die man eingehen muss, wenn man eine derart dynamische gestaltete Karosserie in der Garage haben will. Ein für die optische Gesamtwirkung nicht unwesentliches Detail sind die verwendbaren Radgrößen. Ab Werk wird das Einstiegsmodell zwar nur mit 17-Zoll-Felgen geliefert, aber in den wuchtigen Radhäusern sind über die Sonderausstattungsliste je nach Geldbeutel bis zu 20 Zoll große Räder unterzubringen. Das ist ein Maß, wie es oft nicht einmal bei den Business-Limousinen der oberen Mittelklasse zu haben ist.
Der Astra GTC schon mit 19-Zöllern unverschämt gut aus, wie die Testwagenflotte bei der Pressepräsentation bewies. Als zusätzliches Schmankerln wird ab nächstem Jahr noch eine Panorama-Frontscheibe angeboten, die freien Blick auf die Gipfel der umliegenden Berge gewähren soll, wenn der Opel zum Beispiel zum Alpenurlaub eingesetzt wird.
Viel Kopfraum auf Rücksitzen

Präzision und gute Rückmeldung von der Straße bietet die Lenkung des Astra GTC.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Den könnte man, zumindest zu zweit, unbesorgt antreten, denn auch voluminöses Wintergepäck ist innerhalb der 1165 Liter Stauraum unterzubringen. Zu viert (offiziell sind es fünf Sitze) bleiben 385 Liter, was innerhalb des Kompaktsegments ein respektabler Wert ist. Nicht unerwähnt bleiben sollte auch die Tatsache, dass die hintere Rückbank ungewöhnliche tiefe Polster bietet. Die Sitzfläche misst 52 Zentimeter, anderswo sind es weniger als 45, womit durch vergrößerten Abstand zur Rückenlehne der Vordersitze optisch eine Beinfreiheit vorgegaukelt wird, die real gar nicht vorhanden ist. Anders als erwartet ist unter dem flachen und nach hinten abfallenden Dach auch für Erwachsene genügend Kopffreiheit, nur um die Schultern kann es bei voller Sitzbelegung etwas unkommod werden.
Wer einen sportlich-dynamischen Auftritt pflegt, sollte dies auch durch Fahrleistungen untermauern. Von den Ottomotoren stand der 1,6-Liter-Turbo zur Verfügung, der 180 PS abgibt. Das klingt für ein rund 1400 Kilo schweres Coupé nach ausreichend Leistung. Leider ist schon nach wenigen Kilometern zu erkennen, dass zwar die Leistung stimmt, aber zur Erzeugung von Fahrfreude die Drehzahl stets hoch gehalten werden muss. Auf 230 Newtonmeter Drehmoment kann man erst ab 2200 Umdrehungen zurückgreifen, was zum Beispiel bei engen Kurven oder beim Abbiegen leicht unterschritten werden kann. Da heißt es also vorher schalten, wenn man ausgangs wieder genügend Schub haben will. Gleiches gilt am Berg. Mit Dauer-Drehzahlen um 3000 ist jedoch der Normverbrauch von 7,2 Litern nicht zu halten.

Ab 2012 wird der GTC auch mit einer ins Dach verlängerten Panoramascheibe lieferbar sein.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Spaß gegen Sprit lautet der Deal, womit der GTC keine Ausnahme darstellt. Erschwerend kommt aber hinzu, dass der Motor in höheren Drehzahlbereichen nicht immer souverän und ausgewogen klingt, sondern die ihm abverlangte Anstrengung auch akustisch übermittelt. Der Fahrspaß eines sportlichen Autos wird jedoch nicht unwesentlich von dessen Geräuschpegel bestimmt und da wünschte man diesem Astra mehr Überzeugungskraft. Da ist es auch wenig tröstlich, dass Opel davon ausgeht, hierzulande werden die meisten Kunden zu den 1,4-Liter-Motoren greifen. Hoffnung bleibt Kunden mit nervösem Gasfuß dennoch. Die Leistungslücke zwischen 180 und dem OPC-Modell mit 280 PS ist so groß, dass sich der Hersteller bestimmt noch ein weiteres Modell einfallen lassen wird, um sie zu schließen.
Satter Durchzug im Diesel
Mehr Appetit auf das Topmodell macht der Zweiliter-Diesel, der dank seines ordentlichen Drehmoments von bis zu 380 Newtonmetern einen enormen Zug zum Horizont erkennen lässt. Die Durchzugskraft liegt schon ab 1750 Umdrehungen, also 450 Touren früher als beim Benziner an, so dass auch "untenrum" eine ansehnliche Kraftentfaltung zu spüren ist. Bei der Testfahrt stellte sich die dritte Übersetzungsstufe des Sechsganggetriebes als wahre Allzweckwaffe heraus, denn schwungvollen Rechts-Links-Kombinationen an der mallorcinischen Nordwest-Küste braucht man praktisch keinen anderen Gang.
Was außer dem Diesel das Fahren zu einem Vergnügen macht, ist die Vorderachse des GTC. Hier wurde, statt der üblichen McPherson Radaufhängung das Vorbild aus dem Insignia OPC adaptiert. Das sogenannte High-Performance-Strut trennt die Funktionen von Lenkung und Dämpfung, so dass die aufzuwendenden und abzufedernden Kräfte einander nicht beeinflussen können. Folge: Sehr präzises und leichtgängiges Einlenkverhalten, sensible Rückmeldung von der Straße und - einfach mehr Spaß.
Aus kosmetischen Gründen ist Opel mit dem Einstiegspreis des GTC unter der 20.000-Euro-Schwelle geblieben. 17-Zoll-Stahlfelgen, Mager-Ausstattung und Fünfgang-Getriebe nebst 100-PS-Motor dürften jedoch nicht allzu viele Kunden anziehen. Empfehlenswert ist dagegen der Diesel in der Variante "Innovation", der für 27.855 Euro außer Alufelgen und Sportsitzen auch Klimaautomatik, Adaptives Fahrlicht, Regensensor und Tempomat bietet.
Quelle: ntv.de