Auto

Es gibt mehr als drei Marken Autoskurrilitäten in Paris

Retro-Look mit BMW-Motor: Das Modell Chevenne von PGO.

Retro-Look mit BMW-Motor: Das Modell Chevenne von PGO.

(Foto: Axel F. Busse)

Mit der Aufgabe, mehr als drei französische Pkw-Marken zu nennen, sind selbst eingefleischte Autofahrer zuweilen überfordert. Doch es gibt sie – und sie stellen auf der "Mondial" in Paris selbstbewusst aus. Ein Streifzug durch die Nischen der Messehallen.

Im Kalender der internationalen Auto-Messen galt Tokio viele Jahre als Schaufenster der absonderlichsten Konstruktionen. Concept-Cars und Studien wie aus einer "Enterprise"-Folge geliehen bestimmten das Bild. Die meisten der Showcars verschwanden aber wieder im Depot. Ein Skurrilitäten-Kabinett ganz anderer Art bietet die "Mondial" dieser Tage in Paris. Die weithin unbekannten Kleinserien-Hersteller basteln aber nicht für die Fotografen, sondern für den täglichen Verkehr.

Effizient entschleunigt: Solche Autos baut der ehemalige Rennstall Ligier heute.

Effizient entschleunigt: Solche Autos baut der ehemalige Rennstall Ligier heute.

Wer sich als Motorsport-Fan noch an die Vor-Schumacher-Zeit der Formel 1 erinnert, dem dürfte auch der Name Ligier etwas sagen. Zwischen 1976 und 1996 nahm der Rennstall aus Abrest in der Nähe von Vichy an 325 Grand-Prix-Läufen teil. Neunmal ging ein Ligier als erster durchs Ziel. Die heutigen Produkte der Firma taugen allerdings nicht mehr dazu, Tempo-Junkies Freude zu machen.

Es geht auch ohne Fahrer

Ligier hat sich komplett auf Stadtautos im Micro-Format verlegt, einige der zurzeit sieben lieferbaren Modelle messen weniger als drei Meter Länge. Der JS 50 zum Beispiel ist 2,85 Meter und wird von einem Zweizylinder-Dieselmotor angetrieben. Die Höchstgeschwindigkeit gibt der Hersteller mit 45 km/h an, der Verbrauch liegt unter dem der meisten Motorräder: 2,5 Liter je 100 Kilometer. Sogar mit Kompaktwagen konkurrenzfähig ist der Kofferraum: 320 Liter.

Modern gestylt, umweltverträglich und extrem teuer: Exagons Furtive eGT.

Modern gestylt, umweltverträglich und extrem teuer: Exagons Furtive eGT.

Noch mehr Geduld auf dem Weg von A nach B bräuchten die Nutzer von "Vipa", einem vierrädrigen Kasten mit sechs Sitzen, der mittels Elektroantrieb eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 10 km/h erzielt. Die Höchstgeschwindigkeit liegt doppelt so hoch. Der Clou: Vipa hat keinen Fahrer. Deshalb ist das 600 Kilo schwere Gefährt für abgeschlossene Einsatzgebiete wie etwa Parks, Industrieanlagen oder Flughäfen konzipiert. Sein Ziel findet der Transporter mittels einer Kamera, die an der Front installiert ist. Ein Computer gleicht die Bilder mit einem vorher eingespeicherten Routennetz ab. Maximal 100 Kilometer soll Vipa autonom mit einer Batterieladung fahren können.

Die Vorzüge der Elektrotechnik wollen auch die Kunden von Exagon Motors nutzen, allerdings nicht auf Tempo verzichten. Die Firma aus Magny Cours in Zentral-Frankreich stellt in Paris ihren Furtive eGT aus, einen Sportwagen mit Kohlefaser-Chassis und zwei von Siemens entwickelten Elektromotoren zu je 148 kW Leistung und mit einem konstanten Drehmoment von 516 Newtonmetern. Diese Werte lassen ahnen, dass es mit dem 2+2-Sitzer zügig vorangeht: Den Sprint von 0-100 km/h soll der Wagen in 3,5 Sekunden schaffen, bei 250 km/h wird elektronisch abgeregelt.

Bis zu 360 elektrische Kilometer

Das Modell Neoma gibt es inzwsichen auch geschlossen, hinten der Raodster.

Das Modell Neoma gibt es inzwsichen auch geschlossen, hinten der Raodster.

Laut Hersteller ist der Spaß dank einer Batteriekapazität von 53 Kilowattstunden (kWh) durchaus nicht von kurzer Dauer. Bei Nutzung im städtischen Umfeld wird eine Reichweite von 360 Kilometern versprochen, nach den Bedingungen des europäischen Standard-Fahrzyklus sind es immer noch 310 Kilometer. Hinderlich dürfte eher der Preis des High-Tech-Stromers sein: Die Rede ist von mindestens 200.000 Euro. Der Hersteller ist dennoch zuversichtlich – er rechnet mit einer Jahresproduktion von 100 bis 120 Fahrzeugen.

Leichter erschwinglich ist der Neoma Roadster, den der Hersteller Lumeneo in Paris vorstellt. Der wie ein verbastelter Smart aussehende offene Zweisitzer ist 2,70 Meter lang und nutzt Lithium-Polymer-Akkus für die Energieversorgung. 14 kWh Kapazität stehen in dem Batteriepack zur Verfügung. Damit lässt sich bis zu 110 km/h schnell fahren, aber in dem Falle nicht mehr 140 Kilometer weit, wie es die maximale Reichweite verspricht. An einer Stelle ist der Roadster aber besser bestückt als zahlreiche Kleinwagen aus fernöstlicher und auch europäischer Fertigung: Zum Anhalten nutzt er Scheibenbremsen an allen vier Rädern.

Ebenfalls elektrisch, aber noch etwas kürzer (2,50 Meter) ist das Modell Smera, das dem in diesem Jahr von Renault vorgestellten Zweisitzer Twizy nicht unähnlich ist. Hauptunterscheidungsmerkmal ist die komplett geschlossene Karosserie des Smera, der obendrein nur 96 Zentimeter breit ist und deshalb so manchen Weg nutzen könnte, der für andere vierrädrigen Gefährte tabu ist. Rund 100 Kilogramm leichter als Twizy (550 kg) ist Smera aber schneller (110 km/h) und rollt unter idealen Bedingungen sogar weiter (100 km). Besonderheit: Smera neigt sich beim Kurvenfahren zur Seite und überträgt damit kinetische Eigenschaften eines Zweirades auf eine vierrädrige Plattform. Die Preise teilt der Hersteller auf Anfrage mit. Sie sollen zwischen 20.000 und 30.000 Euro liegen.

Retro-Porsche mit BMW-Motor

St.-Christol-lez-Alès liegt im Süden Frankreichs etwa 50 Kilometer vor Nimes. Dort ist die Heimat von PGO Automobiles, wo die Freunde von Retro-Design auf ihre Kosten kommen. Auf der Mondial in der Hauptstadt zeigt das Unternehmen leichte Sportwagen mit enormer Leistung, deren Designer möglicherweise ein Fan des legendären Porsche 356 ist. Die offenen Zweisitzer Cevennes und Speedster II zeigen jedenfalls deutliche Merkmale eines späten Nachkommen des Ur-Porsches. Dazu gibt es eine geschlossene Version namens Hermera.

Und tatsächlich steckt deutsche Technik in den ulkigen Mini-Sportlern (Länge zwischen 3,70 und 3,85 Metern). Zum Antrieb werden nämlich 1,6 Liter große Vierzylinder-Benzinmotoren von BMW benutzt. Sie leisten jeweils 184 PS, was bei den um die 1000 Kilogramm leichten Autos für 225 km/h Höchstgeschwindigkeit reichen soll. Geschaltet wird mit einem manuellen Sechsganggetriebe. Doch eine Frage beantwortet nicht einmal die Website der Firma (www.pgo.fr): Was kostet der Spaß?

Quelle: ntv.de

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