Bayern haben X6 geschrumpft BMW X4 für Selbstdarsteller
06.03.2014, 13:59 Uhr
Der kleine Bruder des X6 soll vor allem bei denen Punkten, denen der X3 zu bieder ist.
Mit dem X6 hat BMW einen echten Coup gelandet. Auch wenn es 2008 noch keiner glaubte, verkauft er sich gerade im Ausland wie geschnitten Brot. Jetzt soll der X4 eine Klasse tiefer die Erfolgsgeschichte wiederholen. Geht das?
Elegant, praktisch, familienfreundlich und je nach Motorisierung sogar halbwegs vernünftig. So hat es der BMW X3 zum Bestseller in seinem Segment geschafft. Doch neben Autos wie dem Range Rover Evoque und dem Porsche Macan wirkt der gerade sanft geliftete Bayer immer noch etwas brav. Aber nicht mehr lange. Denn für Schöngeister und Selbstdarsteller in der SUV-Mittelklasse wird der Praktiker jetzt zum Provokateur und startet im Sommer als X4 durch. "Wo der X3 vor allem rationale Kunden anspricht, wollen wir mit diesem Fahrzeug alle jene Käufer erreichen, die sich für das Design begeistern", begründet Produktmanager Richard Jacobi diesen Schritt.
Viel Mut braucht es dafür freilich nicht. Schließlich kann Jacobi auf die Erfahrungen mit dem großen Bruder X6 bauen, der die internen Erwartungen weit übertroffen und sich zum Shooting-Star entwickelt hat. Rund 250.000 verkaufte Exemplare in sechs Jahren. Der Wagen wird mit Lieferfristen belegt und hat in Russland mehr Zulassungen als der X5. Das hätte sich in München selbst der größte Optimist nicht träumen lassen. "Diesen Erfolg wollen wir jetzt eine Klasse darunter wiederholen", sagt Jacobi.
X4 ist kein zu heiß gewaschener X6
Allerdings ist der X4 kein X6, der zu heiß gewaschen wurde. Musste man sich an das Design der ebenso protzige wie provozierende Wuchtbrumme aus der Oberklasse bei ihrem Debüt 2008 erst einmal gewöhnen, ist sein kleiner Bruder sehr viel sozialverträglicher gezeichnet. Sportlicher und schnittiger als der X3, flacher und eher in der Breite betont, sieht der X4 in sich stimmig aus.
Das Coupé ist zwar mit 4,67 Metern exakt gleich lang wie der X3 und hat natürlich auch vier Türen. Doch die Dachlinie duckt sich vier Zentimeter tiefer auf die Straße und wo der X3 mit Rücksicht auf Kind und Kegel einen geräumigen Kasten als Heck hat, leistet sich der X4 eine Kuppel, die in einem kessen Bürzel ausläuft. Die Form, nicht die Funktion gibt hier den Ton an. Trotzdem reicht auf der Rückbank der Platz für zwei und zur Not mal für drei Personen. Nur beim Einsteigen muss man den Kopf ein bisschen einziehen. Und beim Einpacken ein wenig aufs Gepäck achten. Denn der Kofferraum schrumpft auf 500 Liter und lässt sich künftig auch nur noch auf 1400 Liter erweitern.
Sportlich schon in der Basis
Um der dynamischen Form auch im laufenden Verkehr Rechnung zu tragen, gibt es eine sportliche Auslegung für die Lenkung. Unterstützt wird das Ganze von der Fahrwerksauslegung und entsprechenden Regelsystemen. Außerdem lässt BMW die Einstiegsmotoren für Sparer und Spaßbremsen genauso entfallen wie den reinen Hecktriebler und geht unter der Haube gleich in die Vollen. Beinahe zumindest. Denn ein reinrassiges M-Modell wird es selbst als Antwort auf den Porsche Macan wohl nicht geben, muss Produktmanager Jacobi einräumen.
Aber darum wird der X4 nicht zum Schleicher. Schon die Basisversion kommt als Diesel auf 190 PS und als Benziner auf 184 PS. Und wer sich jeweils zwei Stufen weiter nach oben hangelt, der hat am Ende 313 PS oder 306 PS im Fahrzeugschein stehen. Selbst der schwächste X4 sprintet deshalb in 8,1 Sekunden von 0 auf 100, der schnellste schafft diese Disziplin in 5,2 Sekunden und für das Spitzentempo geben die Bayern zwischen 212 und 247 km/h an. Und falls es bei so einem Auto wirklich jemanden interessiert: Der Verbrauch soll sich zwischen 5,2 Litern für den 20d und 8,3 Litern für den 35i bewegen.
Einen X2 wird es nicht geben
Wie immer wenn es um den schönen Schein geht, muss man dafür auch ein bisschen tiefer in die Tasche greifen. Schließlich startet der am Juli lieferbare X4 erst bei 45.600 Euro. Doch von den rund 4500 Euro, die ihn damit vom X3 trennen, sollte man sich nicht schrecken lassen, mahnt Produktmanager Jacobi. Ein Gutteil davon lässt sich mit der Mehrausstattung verrechnen. Immerhin sind anders als beim X3 immer Xenon-Scheinwerfer, die elektrische Heckklappe, die 18-Zöller und die sportliche Programmierung für Lenkung und Automatik an Bord. "Damit schmilzt der reale Preisunterschied auf etwa 1000 Euro", sagt Jacobi und muss sich um den Absatz wahrscheinlich keine Sorgen machen. Nachdem die Fabrik in Spartanburg schon jetzt am Limit läuft, muss das US-Werk deshalb wohl nun noch einmal ein bisschen aufgestockt werden.
Der X6 ein Renner und der X4 ein aussichtsreicher Erfolgskandidat – lässt sich diese Geschichte nicht vielleicht ein weiteres Mal wiederholen? Da ist Produktmanager Jacobi eher skeptisch. Nachdem der ähnlich gestrickte Mini Paceman nicht gerade das Straßenbild dominiert und die Umstellung auf die neue Frontantriebsarchitektur für den nächsten X1 der Fahrdynamik wenig dienlich ist, hat sich BMW von dieser Idee offenbar verabschiedet, sagt Jacobi: "Den geplanten X2 haben wir deshalb wieder gestrichen."
Quelle: ntv.de, hpr/sp-x