Nichts mehr für Bastler Das Geheimnis der modernen Autobatterie
14.04.2018, 16:42 Uhr
Die Autobatterie ist im Zuge ihrer Entwicklung ein recht komplexer Bestandteil des Autos geworden.
Eine Autobatterie tauschen? Ist ganz einfach! Nur bei älteren Autos. Wer einen Wagen mit Start-Stopp-Technik oder Rekuperations-Funktion hat, sollte den Batteriewechsel in Eigenregie tunlichst unterlassen. Andernfalls kann es böse Überraschungen geben.
Das Herz eines Autos ist die Batterie – sagt Johnson Controls. Der US-amerikanische Zulieferer weiß, wovon er spricht: Schließlich verkauft er nicht nur unter seiner eigenen Marke Varta unzählige Autobatterien und beliefert die Hersteller als Erstausstatter, sondern fertigt die Stromspeicher unter anderem auch für den Joint-Venture-Partner Bosch. Ihre Kompetenz haben sich die heute in Hannover beheimateten Batteriebauer lange erarbeitet, schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts tüftelten diverse Varta-Vorgänger am optimalen Stromspeicher.
Bis vor kurzem war die Hauptaufgabe der Autobatterie den Motor anzuwerfen. Danach hat der Verbrenner über die Lichtmaschine selbst den für Radio, Beleuchtung oder Fensterheber benötigten Strom erzeugt. Und jeder, der sein Auto schon mal mit angeschaltetem Licht geparkt hat, weiß – wenn der Motor nicht läuft, ist die Batterie schnell erschöpft. Genau das aber passiert in letzter Zeit immer öfter: Um den schärferen CO2-Vorschriften gerecht zu werden, setzen die Autohersteller seit einigen Jahren auf die Start-Stopp-Technik, und die stellt schon bei kurzen Wartezeiten, zum Beispiel an der Ampel, den Motor einfach aus. Bereits heute sind rund 90 Prozent der Neufahrzeuge in Europa mit Start-Stopp-Technik ausgerüstet. Schon bald wird ein Drittel des gesamten Fahrzeugbestandes über die Motor-Aus-Funktion verfügen.
Akkumulatoren immer komplexer
Auf den Stromspeicher kommen zwei neue Herausforderungen zu: Die Batterie muss während der Motor-Aus-Phase die gesamte Bordelektronik mit Energie versorgen, und sie muss viel mehr Start-Vorgänge überstehen, bei denen dem Akku besonders hoher Strom entnommen wird. Und es gibt noch weitere, neue Belastungen: Zum einen verfügen moderne Autos über immer mehr Zusatz-Verbraucher, wie Massagesitze, riesige Infotainmentsysteme und Fahrassistenten, die mit Energie versorgt werden müssen. Zum anderen ziehen viele Fahrzeuge nicht mehr nur Strom aus der Batterie, sondern schicken beim Bremsen oder Rollen durch Rekuperation zurückgewonnene Energie wieder in den Speicher. Herkömmliche Autobatterien sind diesen Anforderungen nicht mehr gewachsen.
Eine Lösung für das Problem musste her, doch die heißt – anders, als man meinen könnte – nicht Lithium-Ionen-Batterie. Die Blei-Säure-Batterie, da ist sich Johnson Controls sicher, hat noch lange nicht ausgedient. Sie ist schließlich deutlich günstiger als ihr neuer High-Tech-Bruder, und dazu fast komplett recyclebar. Also wurde viel Hirnschmalz in die Weiterentwicklung investiert, und inzwischen stehen neben den normalen Starterbatterien auch EFB und AGM-Batterien im Regal. Bei der EFB – Enhanced Flooded Battery – wird über ein spezielles Polyester-Geflecht ein geringer Widerstand sichergestellt, und so ein schnelles Auf- und Entladen ermöglicht.
Das wird den höheren Leistungsansprüchen und den vermehrten Ladezyklen bei Start-Stopp-Autos gerecht, für Fahrzeuge die Energie rekuperieren, sind die meisten EFB zu schwach. Dann schlägt die Stunde der AGM-Batterie (steht für Absorbent Glass Matt), die auf Glasfaser-Vliesschichten setzt, die die sonst frei fließende Säure quasi aufsaugen. Sie führen nochmal zu einer deutlichen Leistungssteigerung und einer noch größeren Anzahl von Ladezyklen– und zu einem höheren Preis.
Kein Geiz beim Batteriewechsel
Geiz ist beim Batteriewechsel übrigens unangebracht: Wer die falsche Batterie einsetzt, muss im besten Fall mit einer geringen Lebensdauer des neuen Stromspeichers rechnen, im schlimmsten Fall geht das Auto in das Notlauf-Programm – und muss in die Werkstatt. Allerdings sollten Batteriewechsel bei neuen Autos ohnehin nur von Fachbetrieben durchgeführt werden: Die Werkstatt kann mit einer externen Stromversorgung sicherstellen, dass das Fahrzeug auch beim Batterietausch nie komplett Spannungsfrei ist.
Entnimmt man einfach den alten Akku, vergessen zahlreiche Steuergeräte ihre Einstellung. Während man früher nur den Radio-Code eingeben oder die Fensterheber anlernen musste, verlieren heute mitunter sogar sensible Bauteile wie der Lenkwinkelsensor ihre Einstellungen. Außerdem muss dem Auto mitgeteilt werden, dass eine neue Batterie montiert wurde – und das geht in der Regel nur über die Diagnoseschnittstelle. Wird der alte Stromspeicher schwach, funktioniert bei vielen Autos beispielsweise die Start-Stopp-Automatik nicht mehr, und lernt man die neue Batterie nicht an, bleibt die Funktion oft auch weiterhin deaktiviert.
Wenigstens Überbrücken kann man die meisten Autos bei einem Spannungstief noch selbst, in der Regel gehen die gespeicherten Werte erst verloren, wenn die Batterie komplett ausgebaut ist. Aber: Neue Autos, bei denen die Batterie oft im Kofferraum, im Beifahrerfußraum oder sonst wo versteckt ist, bieten in der Regel einen Pluspol und Massepunkt im Motorraum, und nur dort sollten die Start-Hilfe-Kabel angeschlossen werden. Sonst drohen ebenfalls Probleme mit der sensiblen Elektronik!
Quelle: ntv.de, Michael Gebhardt, sp-x