Heißbegehrter Mercedes Der W123 wird 30
05.07.2005, 10:00 UhrOldtimer fahren für gewöhnlich nicht als Taxi durch die Gegend und stehen nachts nicht unter freiem Himmel an der Straße. Anders ist das Auto mit der Baureihenbezeichnung W 123 von Mercedes, das vor 30 Jahren im Juli 1975 vorgestellt wurde.
Obwohl der 123er heute noch gar nicht richtig alt wirkt, war er damals nicht einmal ein echter Hingucker, dessen Modernität ins Auge sprang. Vielmehr wirkte die kleinste Limousine aus Stuttgart schon beim Start in erster Linie vernünftig - und sogar eine Spur spießig. Statt großartige Design-Neuerungen in den Vordergrund zu stellen, erinnerten viele Linien noch an den mittlerweile legendären Vorgänger, den so genannten Strich-Achter. Für Laien beschränkten sich die äußerlichen Unterscheide vor allem auf die nun quer liegenden Scheinwerfer und die breiteren Rückleuchten.
Die vorderen Lampen dagegen dienten nicht nur der Ausleuchtung der Straße - sie machten auch auf den ersten Blick klar, wer sich Besseres leisten konnte. Denn während die Topmodelle 280 und 280 E moderne, eckige Breitwandscheinwerfer trugen, mussten sich sparsamere Mercedes-Kunden mit einfältig glotzenden Kulleraugen begnügen. Auf einen neuen Standard der Sicherheitstechnik konnten dagegen alle Käufer vertrauen. Denn die eigentlichen Neurungen des 123er lagen unter dem Blech. So waren Sicherheitszelle und Knautschzonen optimiert worden, ganz neu war die so genannte Sicherheitslenksäule.
An anderer Stelle dagegen wurde auf Bewährtes gesetzt. So mussten Dieselfahrer zumindest anfangs noch zum Vorglühen des Aggregates an einem vorsintflutlich wirkenden Hebel ziehen. Auch unter der Haube fand sich meist das, was der Strich-Achter-Fahrer schon kannte. Neu war nur der 2,5-Liter-Sechszylinder des Modells 250. So hielt man es bei Mercedes immer noch für normal, einen 1,4-Tonner mit den 41 kW/55 PS des 200 D auf die Straße zu schicken - wo dann mit Rückenwind gerade einmal 130 Stundenkilometer erreicht werden konnten. Ein 280 E dagegen brachte es auf 130 kW/177 PS und Tempo 200.
Die Kunden jedoch erwärmten sich für diesen Mercedes so wie für kaum einen anderen. Nachdem Anfang 1976 die ersten Autos auf den Markt kamen, waren Mercedes-Verkäufer schnell begehrte Menschen mit vielen Freunden. Denn wer zu ihnen keine guten Kontakte hatte und nicht eines der wenigen Fahrzeuge in den Verkaufsräumen ergattern konnte, musste oft mehr als zwei Jahre auf seinen neuen 123er warten.
So gefragt damals die Limousine war, so begehrt ist heute eine andere Modellvariante, die 1977 vorgestellt wurde: das Coup. Technisch und optisch lehnte sich der Zweitürer an die Limousine an - trotzdem wirkte er mit verkürztem Radstand und zierlichem Dach eleganter. Außerdem gab es hier keine Zweiklassengesellschaft: Nicht nur die teuren 280 C und 280 CE, auch der schwächere 230 C bekam zusätzlichen Chromschmuck und Breitwandscheinwerfer.
Im Herbst des Jahres wurde eine Modellvariante präsentiert, vor deren Verwirklichung sich die Stuttgarter lange gedrückt hatten. Nun endlich fand ein Kombi den Weg in das Verkaufsprogramm. Bekam das Coup den Zusatzbuchstaben C als Erkennungsmerkmal, so trug der erste Mercedes-Kombi ein T. Auf der technischen Seite unterschied sich der Fünftürer durch eine Niveauregulierung von den anderen Varianten.
Mit dem letzten Exemplar endete 1985 nach 2.375 440 Limousinen, 99.884 Coups und 199.517 Kombis (bis 1986) nicht nur die Karriere der Baureihe: Der 123er signalisiert auch das Ende der Chrom-Ära, wie sich heute an manchem Taxi-Stand zeigt, an dem der Alte in vollem Glanz neben seinen mit Kunststoff ummantelten Nachfolgern steht.
Quelle: ntv.de