Auto

Erste Ausfahrt mit dem neuen Opel Astra Dieser Blitz muss einschlagen

Mit dem Füntürer startet Opel die neue Astra-Baureihe, Kombi, Cabriolet und Dreitürer sind schon in der Pipeline.

Mit dem Füntürer startet Opel die neue Astra-Baureihe, Kombi, Cabriolet und Dreitürer sind schon in der Pipeline.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Sein Hauptkonkurrent hat schon ein Jahr Vorsprung. In einer schwierigen Unternehmensphase nimmt der Opel Astra den Kampf um die Kunden auf.

Geschichte wiederholt sich doch: "Der Klassenprimus wird sich warm anziehen müssen", "Der Astra ist dem Golf dicht auf den Fersen", der Astra "ist jetzt erwachsen geworden". Mit jeder neuen Generation des Kompakten von Opel wird in den Bewertungen der Abstand zu dem Bestseller verbal verkürzt. In den Zulassungen eingeholt hat der Rüsselsheimer den Wolfsburger noch nie.

Und das wird sich auch diesmal nicht ändern. Das liegt nicht daran, dass es dem Astra an Gefälligkeit oder Qualität, an Leistung oder Vielseitigkeit mangelte. Es liegt vor allem an dem Hang der einheimischen Kunden zum Gewohnten.

Tatsache ist, dass Opel schon Kompaktwagen baute, als noch niemand ahnen konnte, dass es einmal einen Millionen-Seller namens Golf geben würde. Der erste Opel Kadett wurde 1936 vorgestellt. Die Marke mit dem Blitz im Logo, gerade halbwegs genesen von monatelanger Ungewissheit über die Zukunft des Unternehmens, wird nicht müde, die Jahrzehnte lange Kompetenz im Bau von Autos der unteren Mittelklasse in Erinnerung zu rufen. Dieser Blitz muss einschlagen, sonst kommt Opel nicht mehr aus dem Tal.

"Solide Nummer zwei werden"

Tatsache ist auch, dass bei Opel trotz aller öffentlichen Fürsprache ein realistisches Bild von den Möglichkeiten des neuen Astra herrscht. Ohne sich auf konkrete Stückzahlen festlegen zu wollen nennt Opel-Aufsichtsratschef Carl-Peter Forster, was der Astra in erster Linie leisten muss: "Wir müssen soviel verkaufen, dass er eine solide Nummer zwei ist".

Mit 4,42 Metern Fahrzeuglänge übertrifft der neue Astra seinen Vorgänger um satte 17 Zentimeter.

Mit 4,42 Metern Fahrzeuglänge übertrifft der neue Astra seinen Vorgänger um satte 17 Zentimeter.

(Foto: Textfabrik/Busse)

Zwischen Spitzenreiter und Nummer zwei lagen auf dem deutschen Markt zuletzt Welten. Zwar hat Opel vom aktuellen Astra in den ersten neuen Monaten dieses Jahres in Deutschland schon mehr Autos verkauft als im kompletten Jahr 2008, aber die 84.221 registrierten Neuzulassungen bedeuten nur gut ein Drittel des dessen, was Volkswagen von seinem Golf absetzte. Der Ford Focus als dritter deutscher Wettbewerber steht mit nicht einmal 50.000 Neuzulassungen fast auf verlorenem Posten.

Um die Gewichte zu ihren Gunsten zu verschieben, gehen die Opelaner mit einem Kampfpreis in den Markt. Bei 15.900 Euro startet der Astra, was einen guten Tausender unter dem Preis des Golfs liegt. Dafür ist der Astra fast nackt, aber das ist gewollt. Carl-Peter Forster weiß von seinen Kunden, dass sie es mögen, individuelle Ausstattung dazu zu bestellen. Letztlich komme es nicht nur auf Volumen an, sondern auch darauf, wieviel am einzelnen Auto verdient werden kann, sagt der bisherige Europa-Chef von General Motors. Und verdient wird mit Ausstattung. Was beim Händler aus dem Salon fährt, hat in der Regel nur einen Teil der Extras an Bord, die bei individueller Konfiguration durch die Kunden bestellt werden.

Sonder-Fahrwerk ist jeden Cent wert

Besonders Stolz sind die Opelaner auf ihr neues Astra-Fahrwerk, das als Flex-Ride-System eine Anpassung an die Erwartungen und Vorlieben des Fahrers erlaubt. Der Effekt ist nach Tastendruck und wenigen Kurven spürbar, und mit 930 Euro extra ist es sogar noch erheblich günstiger als zum Beispiel des adaptive Fahrlicht, das die Leuchtweiten automatisch reguliert (+1250 Euro). Mit Flex-Ride kann man sich im Tour-Modus auf eine gemütlich weiche Einstellung freuen, die auch die Lenkung etwas weniger direkt macht und dem Vorsatz "gleiten statt rasen" Geltung verschafft.

Drückt man die Sport-Taste auf der anderen Seite der mit Knöpfen etwas überfrachteten Konsole, dann werden Gaspedal und Lenkradkranz sensibler, die Dämpfer verhärten sich und es geht gleich sportlich-dynamischer ums Eck. Eine neu konstruierte Hinterachse entkoppelt Federungs- und Dämpfungskräfte. Ein so genanntes Watt-Gestänke erlaubt, Aufhängungen weich zu konstruieren, ohne dabei Stabilität und Seitenführungskräfte einzubüßen. Die neue Hinterachse und eine feinfühlige Lenkung sind für den Fortschritt verantwortlich, dass der Astra präzise reagiert, sich griffig anfühlt und der Fahrer gute Rückmeldung von der Straße bekommt. Gleichzeitig lässt diese Hinterachse Raum für den Flex-Fix-Fahrradträger, der für 590 Euro extra die zusätzliche Lademöglichkeit elegant im Schubkasten unter der Heckklappe mitführt.

Zwischen der zweifarbigen Innenausstattung (Option) und dem Kadett B Coupé (Hintergrund) liegen 32 Jahre Opel-Geschichte

Zwischen der zweifarbigen Innenausstattung (Option) und dem Kadett B Coupé (Hintergrund) liegen 32 Jahre Opel-Geschichte

(Foto: Textfabrik/Busse)

Bislang sind freilich nicht alle Motoren in der Lage, dieser fahrwerktechnischen Dynamik auch im gefühlten Vortrieb ein Äquivalent zu bieten. Der 1,4-Liter-Turbo (140 PS, ab 19.075 Euro) ebenso wie der 125 PS starke 1,7-Liter- Diesel (ab 22.990 Euro) präsentierten sich bei der Fahrvorstellung mit Temperamentspotenzial nach oben. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass mit dem neuen Astra auch deutlich mehr Auto als vorher unterwegs ist. 17 Zentimeter mehr Fahrzeuglänge als beim Vorgänger bedeuten nicht nur mehr Platz, sondern auch mehr Gewicht. Am muntersten zeigte sich beim Erstkontakt mit dem Astra der aufgeladene 1,6-Liter-Benziner. Der 180-PS-Vierzylinder ist so drehfreudig und durchzugsstark, so dass die kurvige Auffahrt zum Großen Feldberg auch beim fünften Durchgang nicht langweilig wurde.

71 Millimeter Zugewinn beim Radstand kommen der Beinfreiheit der Fondpassagiere zugute und die Architektur der Frontscheibe in Verbindung mit der Konsole schaffen ein sehr gutes Raumgefühl für die vorne Sitzenden. Gleichzeitig wurde im Innenraum eine Fülle neuer Ablagen und Staufläche geschaffen, die in der Summe rund 25 Liter Volumen ausmachen und damit 50 Prozent mehr als beim Vorgänger. Die vom Insignia inspirierte Innengestaltung macht einen hochwertigen und ausgewogenen Eindruck, lediglich die Mittelkonsole sollte bei der nächsten Modellpflege ein wenig von Tasten und Knöpfen entschlackt werden. Dann könnte man sich auch gleich von einer weder durch Logik noch die Gewohnheiten der Nutzer geprägte Petitesse trennen, nämlich dem irritierenden Dreh-Druckregler für die Navi-Befehle.

Statt Hybrid lieber Voll-Elektro

Dass die Gleichung "mehr Größe = mehr Gewicht = mehr Verbrauch" unauflöslich ist, weiß auch Carl-Peter Forster. "Die Körpergrößen der Menschen in Eurpopa haben in den letzten Jahrzehnten im Schnitt zugenommen, da müssen die Autos mitwachsen, damit sie für die Nutzer nicht gefühlt kleiner werden". Nur die Verwendung leichter Werkstoffe und kleinerer Motoren kann deshalb den Verbrauch langfristig im Zaum halten. Forster prognostiziert, dass "in den nächsten Jahren drei Viertel der von uns verwendeten Motoren weniger als 1,4 Liter Hubraum haben werden".

Auf diese Weise will Opel den Begriff "Downsizing" im eigenen Hause konsequent umsetzen. Unter das genannte Maß fällt auch der für nächstes Jahr vorgesehene 1,3-Liter-Dieselmotor, der ohne Start-Stopp-Automatik auf 4,2 Liter Verbrauch und 109 Gramm CO2-Ausstoß kommen soll. Für Entwickler Dr. Peter König sind die derzeit auf dem Markt befindlichen Start-Stopp-Systeme noch nicht voll ausgereift und vor allem zu temperaturempfindlich. Opel will ein eigenes, besseres System entwickeln, aber das ist noch nicht fertig. Eine Kombination von Verbrennungs- und Elektromotor ist dagegen von Opel vorerst nicht zu erwarten. Carl-Peter Forster macht kein Hehl daraus: "Ich bin persönlich sehr skeptisch, was Hybrid-Technik im mittleren und kleinen Segment angeht. Deshalb machen wir lieber gleich den großen Schritt zum reinen Elektroauto wie dem Ampera".

Quelle: ntv.de

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