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"Top gewartete Langläufer" Gebrauchte Mietwagen als Schnäppchen?

Im Portfolio der Mietwagenfirmen gibt es viele Autos, die auch als Gebrauchte noch Begehrlichkeiten wecken.

Im Portfolio der Mietwagenfirmen gibt es viele Autos, die auch als Gebrauchte noch Begehrlichkeiten wecken.

(Foto: dpa)

Mietwagen stehen in dem Ruf, dass der Umgang mit ihnen nicht gerade pfleglich ist. Insofern sind sie auch als Gebrauchte keine Empfehlung. Aber sind sie das wirklich nicht? Und lässt sich hier vielleicht doch ein echtes Schnäppchen machen?

Ausrangierte Autos aus dem Verleih haben keinen guten Ruf: grob behandelt, kalt getreten. Aber das sind Vorurteile, die nicht in jedem Fall stimmen. Anbieter versprechen lückenlosen Service, Restgarantien und niedrige Preise. Das Angebot von Sixt Car Sales zum Beispiel bietet Autos von über 30 Marken. Die meisten stammen von VW, aber es ist auch mal ein Maserati dabei. Mit ein paar Klicks kann ein Auto für drei Tage reserviert und ein Termin für die Probefahrt vereinbart werden. Schon, so Sixt auf seiner Internetseite, sei der "erste Schritt zum Traumwagen" gemacht.

Schnäppchen sind möglich

Die Vorgehensweise beim Verkauf der ausrangierten Mietwagen ist bei allen Mietwagenfirmen gleich.

Die Vorgehensweise beim Verkauf der ausrangierten Mietwagen ist bei allen Mietwagenfirmen gleich.

(Foto: dpa)

Sixt ist nicht der einzige Autovermieter, der Fahrzeuge nach deren Einsatz als Mietwagen zum Verkauf anbietet - allerdings einer der wenigen, die sich mit einer Internet-Verkaufsplattform auch direkt an den Endkunden wenden. Größtenteils gehen die Fahrzeuge über Auktionen oder im Rahmen von Rückkauf-Verträgen vom Autovermieter paketweise an Händler oder Hersteller zurück. Auch Hertz und Europcar verfahren mit den allermeisten Ex-Mietautos so: "Über den Car-Sales-Bereich gehen an Endkunden weniger als fünf Prozent der Flotte", sagt Sixt-Sprecherin Stefanie Seidlitz. Doch letztlich kommen ausrangierte Mietfahrzeuge über die genannten Umwege massenweise in den regulären Markt. Wer beim Händler also einen Gebrauchten nachfragt, dürfte oftmals ehemalige Mietwagen gezeigt bekommen.

Manchmal liegen die Preise selbst recht junger Autos unter 40 Prozent des ehemaligen Neuwagenpreises. Zudem sind die Autos gut ausgestattet. "Wie in der Vermietflotte können Kunden mit einer gehobenen Ausstattung rechnen", sagt Seidlitz. Tempomat oder Navigation sind so gut wie immer mit an Bord. Nur: Handelt es sich wirklich um Traumwagen, wie geworben wird? Zumindest Zweifel sind angemeldet, selbst wenn mit Motorisierung, Ausstattung oder Wagenfarbe im Kundensinne alles stimmt. Denn Mietwagen haben den Ruf nicht gerade pfleglich behandelt zu werden.

Familienkutsche besser als Sportwagen

Werden Fahrzeuge permanent im hohen Drehzahlbereich gefahren, kann der Motor Schaden nehmen.

Werden Fahrzeuge permanent im hohen Drehzahlbereich gefahren, kann der Motor Schaden nehmen.

(Foto: dpa)

Der Nutzerkreis ist bei Mietwagen denkbar groß. Je öfter das Fahrzeug genutzt wurde, desto höher ist das Risiko, dass Mieter darunter waren, die den Wagen bei kaltem Motor mit hohen Drehzahlen gefahren sind. Das mögen Einzelfälle sein, doch ein Restrisiko bleibt - das vor allem vom Fahrzeugtyp abhänge, sagt Marcel Mühlich vom Auto Club Europa (ACE).

"So werden Sportwagen eher ausgeliehen, um damit Spaß zu haben, was für viele bedeutet, den Mietwagen entsprechend zu treten", sagt der Technikexperte des Clubs. "Fahrzeuge, die hingegen genutzt werden, um von A nach B zu kommen, werden wohl eher normal gefahren." Wer also einen moderat motorisierten Opel Insignia oder einen VW Passat Kombi als ausrangierten Mietwagen sucht, dürfte kaum Probleme bekommen. Anders könnte das bei einem Seat Leon Cupra oder Ford Mustang aussehen.

Moderne Motoren weniger anfällig

Aber selbst unsachgemäßes Fahren ist heutzutage nach Experteneinschätzung ein geringeres Risiko. "Moderne Motoren sind nicht mehr so empfindlich wie früher. Das Motormanagement, bessere Materialien und Motoröle schützen das Triebwerk vor übermäßigem Verschleiß durch unsachgemäße Behandlung weitgehend", sagt ACE-Mann Mühlich. Schon vor Jahren hatte der Tüv Süd in einer Untersuchung festgestellt, dass erhöhter Verschleiß bei einem Fahrzeug aufgrund häufig wechselnder Fahrer kaum zu befürchten sei.

In der Regel sind moderne Motoren sehr verschleißarm.

In der Regel sind moderne Motoren sehr verschleißarm.

(Foto: dpa)

Ein wichtiges Kriterium ist dennoch das Alter. Wurde ein Auto tatsächlich nur ein Jahr oder weniger gefahren, dürfte kaum erhöhter Verschleiß vorliegen. "Da ist dann nix dran", sagen selbst Mitarbeiter von Prüforganisationen unter vorgehaltener Hand. Altersbedingte Ausfallerscheinungen wie verschlissene Wischerblätter oder schwächelnden Kupplungen sind unwahrscheinlich. Je mehr der Wagen aber in die Jahre kommt, desto erheblicher sind dann auch anfallende Kleinreparaturen, die in Summe dann doch wieder ins Geld gehen.

Anbieter zerstreuen Zweifel

Die Anbieter jedenfalls versuchen, die Zweifel am Mietwagen als schlecht behandelten Gebrauchtwagen mit jungem Fahrzeugalter zu zerstreuen. "Ein Großteil der Autos ist sechs bis zwölf Monate alt", sagt die Sixt-Sprecherin. Die durchschnittliche Fahrleistung liege bei nur 19.000 Kilometern. Zudem gälte für viele der Fahrzeuge noch die Herstellergarantie. "Sollte diese aufgrund einer längeren Haltedauer bereits ausgelaufen sein, übernehmen wir das entsprechende Garantieversprechen für mindestens ein Jahr."

Auch auf der Europcar-Plattform 2ndMove, die sich an gewerbliche Kunden wendet, werden "qualitativ hochwertige Gebrauchtfahrzeuge" angepriesen, die durchschnittlich zwischen 12 und 36 Monaten alt sind. Was immer versprochen wird: eine Top-Wartung. Alles andere als lückenlos geführte Scheckhefte wäre in professionellen Flotten auch verwunderlich. Dennoch kann man in Einzelfällen Pech haben.

Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt einen Gebrauchtwagencheck machen.

Wer auf Nummer sicher gehen will, lässt einen Gebrauchtwagencheck machen.

(Foto: dpa)

"Motor- und Getriebeschäden sind die schlimmsten Folgen, die aus einer unsachgemäßen Handhabung entstehen können", sagt Markus Scherer, Technikexperte der KÜS. Die Nutzung sei grundsätzlich ein entscheidender Aspekt, meist könne nur ein Fachmann Indizien deuten, die auf unsachgemäße Nutzung schließen lassen - anhand des Zustand des Öls, dem Motorlauf oder Einträgen im Fehlerspeicher, den Fachwerkstätten auslesen können. Wer schon beim Motorstart klackernde Geräusche hört oder feststellt, dass beim Kaltstart eine blaue Wolke aus dem Auspuff kommt, sollte Abstand vom Kauf nehmen. Das ist ein Hinweis darauf, dass Öl verbrennt.

Mit Gebrauchtwagen-Check absichern

Auf Nummer sicher geht, wer den Wagen ordentlich durchsehen lässt. Solche Gebrauchtwagen-Checks bieten etwa der ADAC oder der Tüv an. Die Sachverständigen-Organisation Dekra vergibt ein Gebrauchtwagensiegel für 150 Euro: Auf Schäden und Fehler überprüft werden Karosserie, Steuergeräte und die Technik. Das sei vergleichbar mit einer Hauptuntersuchung, so Dekra-Sprecher Wolfgang Sigloch. Den letzten Punkt können sich Kunden sparen, wenn das Mietfahrzeug gerade eine frische Plakette hat. Mietwagen müssen im Gegensatz zum Privatwagen alle zwölf Monate zur HU.

Markus Scherer von der KÜS sieht zudem einen ganz spezifischen Vorteil der Mietwagen: Sie würden meistens auf Langstrecken gefahren - eine Wohltat für den Motor. Bei Rückläufern aus Carsharing-Flotten, die in der Stadt oft nur für wenige Kilometer genutzt und dann wieder abgestellt werden, bevor die Betriebstemperatur erreicht ist, kann das ganz anders aussehen.

Geringe Chancen auf E-Auto

Auch ansonsten empfiehlt sich genaues Hinschauen. Typ und Ausstattung sollten zum persönlichen Profil passen, um ein Auto zu bekommen, das langfristig zu den eigenen Bedürfnissen passt und dementsprechend über Jahre gefahren wird. Denn, "beim Wiederverkauf ist der Wertverlust in der Regel im Vergleich zu privat genutzten Pkw wesentlich höher", sagt Mühlich.

So könnte sich der möglicherweise erzielte Schnäppchenpreis schnell wieder in Luft auflösen. Und einen weiteren Punkt gibt es zu beachten: Die Chancen darauf, ein Elektroauto zu ergattern, stehen in der Regel nicht gut. Sixt-Sprecherin Seidlitz: "Wir verkaufen über Car Sales hauptsächlich Fahrzeuge mit Diesel- und Benzinmotoren."

Quelle: ntv.de, Stefan Weißenborn, dpa

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