Abenteuer Schulweg Gefahren durch Falschparker
07.09.2004, 10:00 UhrDie Suche nach einem Parkplatz ist in manchen Stadtvierteln nach Feierabend eine Tortur. Gerade in den Großstädten müssen Autofahrer mitunter lange herumkurven, um noch irgendwo eine freie Lücke zu erwischen.
Viele genervte Parkplatzsucher haben daher keine Hemmungen, ihr Auto zur Not auch auf Geh- oder Radwegen abzustellen. In Stadtvierteln, in denen die Parkplatznot besonders groß ist, werden auch regelmäßig Zebrastreifen, Einmündungen und enge Kurven zugeparkt. Was vielen Falschparkern allenfalls als Kavaliersdelikt erscheint, stellt jedoch für Kinder auf dem Schulweg eine Gefahr dar.
"Kinder haben eine ganz andere Wahrnehmung als Erwachsene", sagt Bernd Kulow vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat (DVR) in Bonn. Sie können zum Beispiel nicht über parkende Autos hinwegsehen und auf diese Weise sich nähernde Fahrzeuge erkennen.
Außerdem sei ihr peripheres Sehen - also die optische Wahrnehmung in den Randbereichen des Sichtfeldes - noch nicht entwickelt. Beim Überqueren von Straßen kommt es daher nach Angaben von Rainer Hessel von der Deutschen Verkehrswacht (DVW) in Meckenheim bei Bonn immer wieder zu schweren Unfällen: Ahnungslos treten Kinder zwischen den Parkreihen auf die Straße und laufen direkt vor ein heranfahrendes Auto.
Selbst an vermeintlich sicheren Verkehrsüberwegen kann das Überqueren einer Straße für Kinder durch Falschparker gefährlich werden: Wenn beispielsweise Autos am Straßenrand bis dicht vor einem Zebrastreifen stehen, versperren sie Autofahrern die Sicht auf den Überweg - und auf die Kinder. "Kinder, die hinter parkenden Autos hervorkommen, werden auch von aufmerksamen Fahrern nicht gesehen", sagt Maximilian Maurer, Pressesprecher des ADAC in München.
Nicht minder gefährlich ist es laut Bernd Kulow vom DVR, wenn Autos auf Geh- und Radwegen parken: Durch die Hindernisse werden Kinder gezwungen, von ihrem eingeübten Schulweg abzuweichen. Sie müssen unter Umständen ohne Ampel die Straßenseite wechseln oder auf die Straße ausweichen. Abgesehen von den dabei lauernden Gefahren ist eine unvorhergesehene "Umleitung" für Kinder immer kritisch. Da sie sich nicht mehr auf ihrem gewohnten Weg befinden, werden sie unsicher und machen womöglich Fehler, die ihnen sonst nicht passieren würden.
Viele Falschparker machen sich diese Folgen gar nicht bewusst. "Die Parksituation wird von den Parkenden nur aus Sicht des fließenden Verkehrs oder möglicher Kontrollen beurteilt", sagt DVW-Sprecher Hessel. Zwar seien in vielen Stadtvierteln in der Tat zu wenig Parkplätze vorhanden, so Maximilian Maurer vom ADAC. Manche Autofahrer parkten aber auch nur aus Bequemlichkeit vor ihrer Wohnung "wild". Falschparken werde zudem von vielen Verkehrsteilnehmern nicht richtig ernst genommen, ergänzt Bernd Kulow vom DVR.
Ernst meint es dagegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) mit den Vorschriften für das Parken. Diese seien auch als "Schutzfunktion" für Fußgänger und Radfahrer zu verstehen, sagt Rainer Hessel. Parkende müssten daher auch deren Situation berücksichtigen und vor allem die vorgeschriebenen Abstände einhalten.
"Grundsätzlich ist es immer verboten, an engen und unübersichtlichen Straßenstellen zu parken", sagt ADAC-Sprecher Maurer. Für den fließenden Verkehr müssten in der Regel 3 Meter Straßenbreite bleiben. Ansonsten gelten laut dem Verkehrsexperten unterschiedliche Regeln: Vor Fußgängerüberwegen muss in Fahrtrichtung fünf Meter Platz gelassen werden. Ebenfalls fünf Meter frei bleiben müssen vor und hinter Einmündungen - von den Schnittpunkten der Randsteinlinien aus gemessen. Ein Parkverbot gilt zudem 15 Meter vor und hinter Haltestellen sowie innerhalb von zehn Metern vor einem Vorfahrtszeichen. Auch Feuerwehreinfahrten müssen frei bleiben.
Erwischten Falschparkern droht laut Maurer ein Bußgeld-Regelsatz von 10 Euro. Je nach Situation seien Verschärfungen möglich. Kämen noch Gefährdung und Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer hinzu, "dann wird es teuer". So werden laut Maurer für Falschparken mit Behinderung 15 Euro fällig. Parken an einer Gefahrenstelle - etwa in einer engen Kurve - mit Behinderung kostet bereits 25 Euro. Steht der Falschparker auf einem Rettungsweg, sieht der Bußgeldkatalog 35 Euro vor. Werden sogar Rettungsfahrzeuge behindert, werden 40 Euro und ein Punkt in der Verkehrssünderkartei in Flensburg fällig.
Neben den Vorschriften sollten Autofahrer im Bereich von Schulen und Bushaltestellen "doppelt und dreifach" beachten, ob sie beim Parken möglicherweise Geh- und Radwege oder die Sicht versperren, sagt Rainer Hessel von der DVW. Eltern von Schulkindern empfiehlt DVR-Sprecher Bernd Kulow, mit ihnen beim Üben des Schulwegs auch das Verhalten in unvorhergesehenen, kritischen Situationen zu trainieren. Dadurch wüssten sie beispielsweise, was zu tun ist, wenn ihnen einmal ein parkendes Auto den Radweg versperrt: nicht auf die Straße ausweichen, sondern absteigen und das Rad an der der Fahrbahn abgewandten Seite am Hindernis vorbeischieben.
Hilfreich ist es laut Maximilian Maurer auch, sich für den Weg zur Schule Alternativstrecken zu überlegen und hin und wieder den üblichen Weg der Kinder zu kontrollieren. Es könnte ja schließlich sein, dass dort in der Zwischenzeit eine Baustelle eingerichtet wurde und morgens Baufahrzeuge oder andere Hindernisse den Weg versperren.
Quelle: ntv.de