Rund um Polo, Fiat und Co. Große Show für die Kleinen
03.03.2009, 15:22 UhrDie Kleinen stehlen den PS-Protzen die Schau: Waren noch vor kurzem Supersportwagen und andere Exoten die Stars jeder Automesse, so stehen nun in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise sparsame Kleinwagen im Mittelpunkt. Das zeigt sich auch auf dem Genfer Autosalon (5. bis 15. März), wo Fahrzeuge wie der neue VW Polo oder das Fiat 500 Cabrio die Trends setzen. Und daran wird sich nach Einschätzung von Experten auch so schnell nicht ändern, denn umweltfreundlichen Kleinwagen gehört die Zukunft.
"Die Kleinwagen werden in ihrer Bedeutung und ihren Marktanteilen in den nächsten zehn Jahren deutlich steigen", sagt Branchenexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Galten sie früher vor allem als spartanische Einstiegsmodelle oder Autos für Leute mit schmalem Geldbeutel, haben sie dieses negative Image längst abgelegt. "Kleinwagen können heute schon Premium-Produkte sein", sagt Dudenhöffer und verweist auf den erfolgreichen Mini von BMW. Mittlerweile wetteiferten mehrere Hersteller mit Premium-Kleinwagenprojekten um die Gunst der Kunden.
VW Polo auf neuem Niveau
Die veränderte Bedeutung des Fahrzeugtyps wird besonders beim neuen VW Polo deutlich, der in Genf Premiere hat. Maßgabe der Entwickler sei es gewesen, das Konzept des kompakten Golf in das nächst kleinere Segment zu übertragen - und den Kleinwagen somit auf ein neues Niveau zu heben. Daher wurde der Polo ein paar Zentimeter länger und breiter, was mehr Platz für die Insassen bedeutet, und er erhielt eine hochwertigere Serienausstattung. Dazu gehören neben dem Schleuderschutz ESP, Kopf-Thorax-Airbags auch aktive Kopfstützen.
Als Extras lassen sich beim Polo Abbiege- und Tagfahrlicht, ein Navi mit Freisprecheinrichtung oder Bi-Xenonscheinwerfer ordern - also alles Ausstattungsmerkmale, die Autokäufer eher von höheren Fahrzeugsegmenten gewohnt sein dürften.
Wie VW will auch Fiat seinen Kunden künftig mehr "Premium" bieten. Die Italiener machen das zum Beispiel mit der Erweiterung der Modellpalette beim 500 um ein Cabrio. Der Fiat 500C bekommt ein Faltdach aus Stoff, das sich auf Knopfdruck samt der Glasheckscheibe auf den Kofferraumdeckel legt. Und mit einer Sonderedition des Kleinwagens Ypsilon folgt auch die Schwestermarke Lancia in Genf dem Premium-Trend: Der Ypsilon Versus entstand in Zusammenarbeit mit der gleichnamigen Versace-Marke und ist besonders edel ausgestattet.
Alles spricht für "die Nummer kleiner"
Als weitere Gründe, warum gerade den Kleinwagen eine große Zukunft bevorsteht, nennt Autoexperte Dudenhöffer deren Wirtschaftlichkeit und Umwelteigenschaften. So böten Kleinwagen für die City-Mobilität und künftigen Elektroautos "eine hervorragende Plattform". Sie kämen der Energiesparwelle entgegen und fänden beim Trend zu kleineren Familien immer mehr Anhänger. "Es spricht also viel für die 'Nummer kleiner' beim Auto", sagt Dudenhöffer.
VW hat den neuen Polo sparsamer als den Vorgänger gemacht: Der neue 1,2-Liter-TSI-Benziner mit 77 kW/105 PS kommt zum Beispiel auf einen Verbrauch von nur noch 5,5 Litern (CO2-Ausstoß: 129 g/km). Genügsamstes Aggregat ist aber der 1,6-Liter-TDI-Diesel mit Common-Rail-Einspritzung und 66 kW/90 PS, der in Verbindung mit dem "BlueMotion"-Sparpaket nur noch 3,8 Liter verbraucht (96 g/km). Dem Trend zu sparsameren Motoren folgt auch Fiat: Die Italiener stellen in Genf die Variante 500 "Pur-O2" vor. Ihr 1,2 Liter großer Benziner kommt mit Start-Stopp-Automatik und verbrauchsoptimierter Steuerung des halbautomatisierten Getriebes auf 4,6 Liter Sprit (110 g/km).
Sportlichkeit und Leistung
Doch es gibt auch Hersteller, die bei den Kleinwagen andere Schwerpunkte setzen: Sportlichkeit und Leistung. So hat BMW vom Mini Cabrio die neue Werkstuning-Variante "John Cooper Works" vorgestellt. Sie wird von einem 1,6-Liter-Turbodirekteinspritzer mit 155 kW/211 PS angetrieben. Ihr Verbrauch soll 7,1 Liter betragen (169 g/km). Auch Renault hat für das Clio Facelift an der Leistungsschraube gedreht: Neu ist eine sportlich ausgelegte GT-Version, die von einem 1,6 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 94 kW/128 PS angetrieben wird.
Und auch Alfa Romeo hat der Kleinwagen-Kundschaft in Genf Sportliches zu bieten. Die Marke zeigt am Lac Lman die Studie MiTo GTA. Das designierte Topmodell der MiTo-Baureihe hat einen 1,75 Liter großen Turbo-Benziner mit Direkteinspritzung unter der Haube, der 176 kW/240 PS leistet. Den genauen Verbrauch nannte der Hersteller nicht.
Kleine, sparsame Motoren
Einen Widerspruch bedeuten diese Trends nicht unbedingt. Denn trotz des Strebens nach mehr Leistung bemühen sich die Hersteller, die Motoren kleiner und somit sparsamer zu machen. Das zeigt etwa das Aggregat des MiTo GTA. Der Turbo bringt laut Hersteller die Leistung eines 3,0-Liter-Saugmotors, hat aber den Verbrauch eines 1,75-Liter- Triebwerks.
Dass noch mehr geht, will die Schweizer Designschmiede Rinspeed mit dem Konzept E2 demonstrieren. Der Prototyp auf Basis des Fiat 500 Abarth verfügt über eine variable Motorleistung. Je nach Anforderung des Fahrers - etwa im Stadtverkehr oder auf der Autobahn - leistet das Aggregat 44 kW/60 PS oder 118 kW/160 PS. Entsprechend verändert sich der Verbrauch von rund vier auf etwa sieben Liter (95 und 166 g/km). Der Fahrer wählt den "Energie-Level" per Knopfdruck. Rinspeed versteht die Idee als Antwort auf die veränderten Bedingungen für Autohersteller und Tuner: Es sei heute ein intelligenter Umgang mit Ressourcen gefordert.
Quelle: ntv.de, Felix Rehwald, dpa