Neuer Einstiegsmotor im Alfa Spider Mehr PS aus weniger Hubraum
01.09.2009, 06:00 Uhr
Eigenheit: Der Alfa-Grill macht es nötig, dass die Kennzeichen seitlich montiert werden.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Mehr als doppelt so viele Kunden wie im Vorjahreszeitraum meldeten im ersten Halbjahr 2009 in Deutschland einen Alfa Romeo für sich an. Den kräftigen Zuwachs haben die Mailänder vor allem dem Modell Mito zu verdanken. Damit nicht allzu viel Terrain verloren geht, gibt es für die Baureihen 159, Brera und Spider neue Turbo-Motoren. Praxistest mit dem 1.8 TBi 16V.
Es ist wie mit Designer-Mode: Die Optik ist zum Niederknien, der Preis zum Fürchten. So erging es in der Vergangenheit auch manchen Alfa-Fahrer, die sich am hinreißenden Design ihrer GTs, Beras oder Spiders jeden Tag aufs Neue ergötzen können, deren Schluckfreude ihnen aber den letzten Nerv raubt. "Intelligentes Downsizing", so nennt es der Hersteller, soll Abhilfe schaffen. Weniger Hubraum, dafür Direkteinspritzung und Turboaufladung sind die wesentlichen Merkmale des 1,8 Liter großen Vierzylinder-Ottomotors, der außer im Spider auch im Modell Brera angeboten wird.
Steuerfrei bis Ende 2010

Serienmäßig gibt es 17-Zoll-Felgen, diese 19er vom Typ "Competizione" kosten 1600 Euro extra.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Der Fortschritt lässt sich in Zahlen ausdrücken: Der 2,2-Liter große Vierzylinder, der jetzt abgelöst wird, leistete 185 PS. Bei Ausfahrten auf kurvigen Bergstraßen hat sich das Auto dadurch unauslöschlich in das Gedächtnis des Testers eingegraben, dass es trotz gemäßigter Fahrweise mit rund 16 Litern Super je 100 Kilometer versorgt sein wollte. Der aufgeladene 1,8-Liter-Benziner bringt es dagegen auf 200 PS, bei gleichzeitigen 320 Newtonmetern Drehmoment schon ab 1400 Touren. Da scheint Fahrspaß vorprogrammiert. Obendrein kann er bis Ende 2010 Kfz-Steuer-frei bewegt werden, denn der Motor erfüllt mit 192 Gramm CO2 bereits die Euro-5-Norm.
Verpackt ist der neue Motor in eine Blechrobe von klassischer Schönheit. In dem Zweisitzer herrscht eine kuschelige Enge. Die Logik einer räumlichen Trennung der Bedienelemente für Lehnenverstellung, Sitzheizung und Lordosenstütze erschließt sich nicht auf Anhieb. Hinter den mit sportlicher Härte gepolsterten Sitzen sind zwei abschließbare Boden-Boxen und ein wenig Stauraum für Handtaschen vorhanden. Alles andere muss in dem 253 Liter großen Kofferraum seinen Platz finden, der immerhin durch die Benutzung des Klappverdecks nicht dezimiert wird.
Mitverantwortlich für die elegante Ausstrahlung der Karosserie ist die sehr stark geneigte Frontscheibe. Diesen Winkel sollte man stets im Kopf haben, damit man den Rahmen beim Ein- oder Aussteigen nicht plötzlich schmerzhaft an der Stirn hat. Dankenswerter Weise ist Alfa beim Textilverdeck geblieben, alles andere hätte dem Charakter des Autos widersprochen.

Geschlossen ist der Spider nur zwei Zentimeter flacher als das Coupé-Schwestermodell "Brera".
(Foto: Textfabrik/Busse)
Sichteinschränkung nach hinten
Nicht ganz zeitgemäß erscheint die Tatsache, dass man das Fahrzeug zum Öffnen oder Schließen zum Stillstand bringen muss, darüber hinaus können die 30 Sekunden dafür quälend lang werden, wenn der Hintermann an der Ampel schon drängelt. Wieviel Bewegungsmechanik in dem Dach steckt, kann ermessen, wer mit dem geschlossenen Spider einmal über grobes Pflaster gerattert ist: An allen Ecken und Enden knistert und zirpt es, die Stoffmütze des Testwagens war eine unerwartete Quelle von Nebengeräuschen. Im Rahmen des Erwarteten bewegt sich die Sichteinschränkung nach hinten, die ein Schließen des Daches mit sich bringt.
Als umso vergnüglicher erwies sich die offene Fahrt. Die Belastungen durch Zugluft hielten sich in Grenzen. Freude macht die präzise und griffige Lenkung, die guten Kontakt zur Fahrbahn vermittelt und von den Einflüssen des Frontantriebs weitgehend frei ist. Wie ein hyperaktives Kind mischt sich der Turbolader nur allzu gern ins Geschehen ein. An Temperament fehlt ist in keiner Situation, mit Nachdruck sorgen die kleinen Schaufelräder dafür, dass Pedalbewegung unmittelbar in Vortrieb umgesetzt wird.
Insofern erfüllte das Testfahrzeug die Erwartungen an Agilität und Fahrdynamik in vollem Umfang. Auch gegen niedertourige Fahrweise erhob das Aggregat keine spürbaren Einwände, es steht immer genug Drehmoment für ein spontanes Manöver zur Verfügung. Der Auftritt als Sparkommissar wollte sich freilich nicht einstellen, beendete der Spider 1.8 TBi 16 V seine Testtage laut Bordcomputer doch mit einem Durchschnittsverbrauch von 11,1 Litern. Das liegt nur 0,8 Liter unter dem für reinen Stadtverkehr angegebenen Wert und ist für ein überwiegend auf Landstraße gefahrenes Streckenprofil eindeutig zuviel.

Hinter der Verdeckbox bleiben offen wie geschlossen 253 Liter Kofferraumvolumen.
(Foto: Textfabrik/Busse)
Verbrauchsanzeige gibt Rätsel auf
Ob die Insassen sich auf diese Angaben verlassen können, ist jedoch nicht sicher. Offenkundig ist es noch nicht gelungen, eine technisch bedingte Eigenheit abzustellen, die schon bei anderen Alfa-Testfahrten für Verwirrung sorgte. Auch im reinen Schiebebetrieb fällt die Anzeige des Momentanverbrauchs nie unter 2 Liter – in der Fahrsituation also, wo realistischer Weise eine Null stehen sollte. Viele Autofahrer, die ihr Auto ökonomisch nutzen möchten, richten ihre Fahrweise auf die angezeigten Werte ein. Kann man sich nicht auf sie verlassen, sollte man auf einen Verbrauchsrechner besser ganz verzichten.
Die Ausstattung des Spiders ist von Hause aus gehoben und umfangreich. Außer Fahrer-, Beifahrer- und Seitenairbag gibt es auf der Fahrerseite auch einen Knie-Prallsack. Die Audioanlage umfasst Radio- und CD-Spieler mit 6fach-Wechsler, ferner gibt es Multifunktions-Lederlenkrad und Lederschaltknauf für das 6-Gang-Getriebe, eine dynamische Stabilitätskontrolle, Zentralverriegelung und ein Windschott, das bekanntermaßen bei vielen Herstellern extra bezahlt werden muss. Auch Alufelgen, Parksensoren und Tempomat, elektrische Außenspiegel und Nebelscheinwerfer gehören zur Ausstattung - das alles für 31.950 Euro.
Fazit: Mit dem neuen Einstiegsmotor befindet sich Alfa auf dem richtigen Weg. Das Auto bietet eine Menge Fahrspaß und Komfortausstattung, wenngleich der Spritkonsum noch keinen Anlass zur Begeisterung gibt. Der emotionale Faktor steht bei Autos wie dem Spider halt im Vordergrund, was bei Kunden Bereitschaft für den einen oder anderen Kompromiss erzeugen dürfte.
Quelle: ntv.de