Auto

"Klassiker der Zukunft" So fährt der neue Boxster

Die neue Generation kommt: Der Boxster wird etwas männlicher.

Die neue Generation kommt: Der Boxster wird etwas männlicher.

Porsche bringt seinen neuen Boxster unter die Testosteron-Fans. Vorsichtig hat die Sportwagenschmiede die Optik des handlichen Roadsters verändert, der nun etwas männlicher daherkommt - auch unter der Haube. Überzeugen kann er vor allem mit einem: mit Fakten.

Weltweit gilt der 911er mit Heckmotor als der "wahre" Porsche. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass der erste Porsche überhaupt ein Zweisitzer mit Mittelmotor war. Und der heißt heute Boxster. Im April kommt die 3. Generation auf den Markt.

Die Front ist schärfer gezeichnet.

Die Front ist schärfer gezeichnet.

(Foto: Axel. F. Busse)

Für Dieter Landenberger vom Porsche-Archiv ist er ein "Klassiker der Zukunft". Dem zweisitzigen Roadster, der auf der Autoshow in Detroit 1993 der Öffentlichkeit erstmals als Studie präsentiert wurde, ist es wahrscheinlich zu verdanken, dass die Firma Porsche überhaupt noch existiert. Der Zuffenhausener Sportwagenschmiede ging es damals schlecht. Dem 1996 in den Verkauf gegangenen offenen Zweisitzer aber gelang es, neue Kundenkreise für die Marke zu erschließen.

Seither wird der handliche Roadster gehegt und gepflegt. Rund 243.000 Exemplare haben inzwischen rund um den Globus die Kunden erfreut. Aus den 204 PS der ersten Generation sind heute 265 im Boxster und 315 im Boxster S geworden. Noch treibt ein Sechszylinder mit im180-Grad-Winkel angeordneten Zylinderreihen des Wagen an, aber der erste Vierzylinder-Boxermotor scheint bei Porsche nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

Der Leistungsunterschied zwischen Basis- und "S"-Variante ist genauso groß wie beim 911 Carrera. Dort kostet jedes zusätzliches PS genau 288 Euro, beim Boxster nicht ganz 217 Euro. Wer sich für den "Elfer" entscheidet, kauft Mythos, beim Boxster kauft man Fakten. Zum Beispiel eine hohe Alltagstauglichkeit durch zwei Gepäckfächer, die 150 und 130 Liter fassen. Beim Cayman, der geschlossenen Abteilung des Boxsters, werden es noch ein paar Liter Stauraum mehr sein.

Der Neue wirkt maskuliner

Der Radstand ist um 60 Millimeter länger geworden.

Der Radstand ist um 60 Millimeter länger geworden.

(Foto: Axel F. Busse)

Designer Matthias Kulla sagt, dass die Optik des Zweisitzers "mit gewisser Vorsicht weiterentwickelt und gepflegt" wurde. Das Fahrzeug wirkt etwas gestreckter, was einerseits rund 60 mm mehr Radstand und andererseits der fast unveränderten Höhe zuzuschreiben ist. Eine schärfere Konturierung der Front schafft nicht nur die prägnant gestaltete Bugschürze und die übereinander liegenden Lichtmodule der Scheinwerfer, sondern auch die modellierten Lufteinlässe hinter den Türen, die sich jetzt erstmals vom 911er unterscheiden. Eine ausgeformte Abrisskante akzentuiert das Heck, sie findet links und rechts der Kofferraumklappe ihre Fortsetzung in den LED-Bändern der Blinker.

Dadurch wirke der neue Boxster "maskuliner", heißt es, ein Attribut, das im Sportwagenverkauf an Bedeutung zu gewinnen scheint, denn gleiches wurde vergangenes Jahr vom neuen Mercedes SLK behauptet. Mehr Radstand und kürzere Überhänge korrespondieren gut mit einer um 40 Millimeter breiteren Spur vorne. Die Testosteron-Spritze wirkt noch bis in die Radhäuser, wo jetzt 20 Zoll große Leichtmetallräder montiert werden können.

Heller Innenraum: Da bleiben Spiegelungen in der Frontscheibe nicht aus.

Heller Innenraum: Da bleiben Spiegelungen in der Frontscheibe nicht aus.

(Foto: Daniel Wollstein)

Die Veränderungen im Innern sind schnell erzählt: Die rampenartig zu den mittleren Ausströmern hin ausgerichtete Konsole ist dezent mit Schaltern bestückt, so dass sie den puristischen Charakter nicht mit überbordender Funktionalität zudeckt. Zentral angeordnet und etwa doppelt so groß wie die übrigen Tasten ist der Auslöser für das Klappverdeck, das völlig neu konstruiert und größtenteils aus Magnesium gefertigt ist. Es öffnet und schließt binnen neun Sekunden, was es zu den schnellsten Stoffmützen überhaupt macht. Je nach Ausstattung gibt es zwei Lenkräder zur Auswahl, wobei das Multifunktionsrad zwar die Steuerung von Entertainmentfunktionen und des TFT-Bildschirms im Zentraldisplay zulässt, jedoch in der Handhabung der Schalttasten fürs PDK-Getriebe unpraktisch ist.

Gewicht nochmals reduziert

Wer das wunderbar bedarfsgerecht schaltende Doppelkupplungsgetriebe hin und wieder manuell bedienen will, sollte zum Sportlenkrad greifen. Die Schaltpaddel nach der schlichten Logik "rechts rauf, links runter" zu nutzen, hilft, die persönlichen Rundenzeiten zu optimieren. Helles Leder im Cockpit wirkt immer edel. Wer sich dafür entscheidet, muss allerdings mit starken Spiegelungen in der schrägen Frontscheibe rechnen. Eine Premiummarke wie Porsche, deren Kunden nahezu alle Extravaganzen bereitwillig bezahlen, täte gut daran, über technische Lösungen wie eine entspiegelnde Folie nachzudenken.

Der Basismotor bekam mit 2,7 Litern einen kleineren Hubraum, die Leistung wuchs jedoch um 10 PS. Nicht vermeiden ließ sich, dass das maximale Drehmoment um 10 Newtonmeter sank. In der Praxis spielt dies keine Rolle, denn wer im "Sport"- oder "Sport-Plus"-Modus unterwegs ist, erlebt ein gierig am Gas hängendes Spaßmobil, das förmlich am Asphalt klebt und mit minimalem Lenkaufwand präzise in der Spur gehalten wird. Auf der Kirmes ist die Freude an der Querdynamik binnen drei Minuten vorbei, auf den schmalen Bitumen-Bändern der französischen Seealpen kann man das stundenlang ausdehnen, vorausgesetzt, man legt es nicht darauf an, den EU-Normwert von 7,7 Litern je 100 Kilometer zu halten. Beim Boxster S sollen es derer acht sein (jeweils mit PDK-Getriebe). Wer das Auto bestimmungsgemäß einsetzt, sollte mit 12 bis 14 Litern rechnen.

Das es nicht mehr ist, dankt der solvente Kunde dem konsequenten Leichtbau. Nur noch 1310 Kilogramm bringt der Boxster auf die Waage (1320 kg die "S"-Version). Dabei hätte es gut ein Zentner mehr sein müssen, wäre die 3. Generation so gebaut worden wie die zweite. Mit 47 Prozent Aluminiumanteil an der Rohkarosserie, einer elektromechanischen Lenkung, Magnesium im Dach und anderen Leichtbauteilen, konnte das Gesamtgewicht aber trotz größerer Produktsubstanz gesenkt werden. Für die meisten Kunden dürften die 48.291 Euro, die für einen Basis-Boxster zu entrichten sind (59.120 Euro für die "S"-Version), nur theoretische Bedeutung haben. Die Aufpreisliste bietet allein im fahrdynamischen Bereich so viele Reize, zusätzlich Geld auszugeben, dass wohl kaum ein Boxster in Standardausführung das Werk verlassen dürfte. Dynamische Motorlager, Torque-Vectoring an der Hinterachse oder auch eine Keramik-Bremse für 7318 Euro – die Phantasie wird allein vom Kontostand begrenzt.

Quelle: ntv.de

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