Der neue 1er BMW Souveräner Titelverteidiger
17.07.2011, 11:30 Uhr
Die zweite Generation des 1ers startet mit drei Diesel- und zwei Benzinmotoren.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Mit einer Auswahl von drei Diesel- und zwei Benzinmotoren kommt im September die zweite Generation des 1er BMW auf den Markt. Seinen hohen Unterhaltungswert beweist der kleinste Bayer auf der ersten Testfahrt nicht nur durch mehr Mut zur Farbe.
Für Klaus-Peter Arndt hat der neue 1er eine ganz spezielle Aufgabe. Der BMW-Produktionsvorstand sieht in der bayerischen Interpretation eines Kompakt-Pkw nicht nur ein dynamisches und agiles Fahrzeug, sondern auch eine "Eroberungsmaschine". Was wie ein Mittel zur Erhöhung der Chancen von Fahrern auf charmante Begleiterinnen klingt, ist als marktstrategisches Instrument gemeint: Der 1er soll Kunden von anderen Marken abwerben und möglichst zu treuen Käufern immer weiterer BMW-Modelle machen.

Zuwachs: Die neue Karosserie bietet 85 mm mehr Außenlänge und 30 mm mehr Radstand.
(Foto: n-tv.de/Busse)
Bei der ersten Generation hat das recht gut geklappt. Mehr als 70 Prozent der Kunden, so offenbarte Arndt bei der Präsentation des Einsers in Berlin, seien zuvor nicht mit einem BMW unterwegs gewesen. Bei rund 1,2 Millionen weltweit verkaufter Drei- und Fünftürer, Cabrios und Coupés sind das immerhin rund 840.000 Stück. Wegen dieser Zahlen habe die kleinste Baureihe, so Arndt, "einen hohen Stellenwert für das Unternehmen".
Fahrer kann sich selbst belohnen
Damit das auch so bleibt, wurde am Einser überall ein bisschen draufgesattelt. Die Karosserie ist größer, die Ausstattung umfangreicher und die Motoren sind effizienter. Als Basismodell wird das Modell 116i in Stellung gebracht. Sein Vierzylinder-Benziner leistet 136 PS und das Auto kostet 23.850 Euro. ESP und diverse Airbags sind natürlich obligatorisch, immerhin gibt es Klimaanlage, elektrische Fensterheber und CD-Radio dazu – und etwas Neues: Einen "Fahrerlebnisschalter". Der vor Kurzem präsentierte 6er BMW hat ihn zwar auch, aber da das große Coupé später auf den Markt kommt, werden die Kunden des 1ers die ersten sein, die seine Vorzüge kennen lernen dürfen.
Der Schalter sitzt in der Mittelkonsole neben dem Wählhebel für das Getriebe. Mit ihm kann man zwischen einer Abstimmung "Sport" und "Comfort" wählen, dazu gibt es neuerdings den "EcoPro"-Modus. Der zu so sportlicher Fahrweise befähigte 1er wird dann zu einem zahmen, vor allem aber sparsamen Gefährt. Nicht nur, dass die Leistungen von Stromverbrauchern wie Klimaanlage, Sitz- und Raumheizung herunter gefahren werden, auch die Kennlinien von Gaspedal und Automatikgetriebe werden auf eine moderate Gangart umgestellt. Zur Belohnung gibt es im Zentraldisplay eine Information, um wie viel Kilometer oder Meilen durch die Zurückhaltung die Reichweite verlängert hat. Eine zusätzliche Pfeilsymbolik rät im Einzelfall zur Rücknahme der Drehzahl oder des Drucks auf den Gashebel.
Der geballte Einsatz der Sparelektronik erlaubt es dem 116i im Idealfall, mit 5,5 Litern Super 100 Kilometer weit zu kommen. Der zwei Liter große Top-Diesel im 120d soll diese Entfernung sogar mit nur 4,5 Litern zurück legen. Und das bei 184 PS Nennleistung sowie enormen 380 Newtonmetern Drehmoment. Gut möglich, dass der bisher im 123d verbaute, doppelt aufgeladene, aber etwas durstigere 204-PS-Motor bald nicht mehr gebraucht wird. Der hatte auch nur 20 Newtonmeter mehr Drehmoment, gleichzeitig ist der neue 120d aber etwa 30 Kilogramm leichter als sein Vorgänger.
Durch breite Spur satt auf der Straße

Im EcoPro-Modus wird durch sparsame Fahrweise gewonnene Reichweite angezeigt.
(Foto: Richard Newton)
Mit seinen größeren Frontscheinwerfern, einer tiefer sitzenden Niere, veränderten Lufteinlässen und der erkennbaren Fronthaubenkontur könnte der 1er im Rückspiegel glatt für einen 3er gehalten werden. Die robustere Optik ist sicher nicht zufällig entstanden. Wer sich in der Vergangenheit über mangelnde Beinfreiheit im Fond beklagte, bekommt drei Zentimeter mehr Radstand angeboten. Allerdings kommen sie dem Sitzkomfort nicht komplett zugute, das Millimeter-Maß spricht von 21 mm mehr Beinfreiheit. Die C-Säule wurde verkleinert, das Heckfenster vergrößert – so soll bessere Rundumsicht herrschen.
Die Rückansicht fällt mit den L-förmigen Lichtbögen nun nicht nur familiengemäßer aus, sondern wirkt jetzt auch viel standfester und bulliger. Der Grund: Die Konstrukteure spendierten dem 1er hinten eine um 72 Millimeter verbreiterte Spur, was das Auto wie ein solides Trapez satt auf der Straße stehen lässt. Vorn verbreiterte sich die Spur um 51 Millimeter. Zum Vergleich: Die Gesamtbreite des Fahrzeugs nahm lediglich um 17 Millimeter zu, so dass der kraftvoll-breitbeinige Stand sich fast zwangsläufig ergibt.
Die fahrerorientierte Cockpit-Gestaltung erhält ihren modischen Akzent durch den frei stehenden Navigations-Motor, dessen Optik einem Flachbildschirm nachempfunden ist. Auf ihm können – selbstverständlich nur als kostenpflichtige Option - bei der Nutzung der BMW-Connect-Dienste Verkehrsinformationen in Echtzeit abgerufen werden. Sie sind nicht nur für Fernstraßen, sondern auch für Ortsdurchfahrten verfügbar. Je nach Funktionsumfang und Bildschirmgröße werden für das Navi-Gerät 1590 oder 2390 Euro fällig. 30 Liter mehr Kofferraum runden das Bild von einem umfassend renovierten Kompakten ab.
Getriebe halten, was Motoren versprechen
Muntere Farbspielereien, verpackt in zwei klar differenzierte Ausstattungslinien, sollen dem Wunsch vieler Kunden nach mehr Individualisierung Rechnung tragen. Die "Urban Line" und die "Sport Line" bringen für jeweils ab 1900 Euro optische Akzente und technischen Mehrwert ins Auto. So sind etwa weiße Leichtmetallfelgen in Verbindung mit weißen Spiegelgehäusen zu haben, die Nieren-Längsstäbe können in weiß oder verchromt bestellt werden. Einstiegsleisten, Blenden und Einleger im Innenraum wiederholen das außen begonnene Farbthema. Insgesamt, so rechnen die Designer vor, seien 6500 verschiedene Kombinationen möglich.
Da es sich aber nach wie vor nicht um bayerische Design-, sondern Motorenwerke handelt, seien die Antriebe nochmals berücksichtigt. Die Kraft der ausnahmslos aufgeladenen Vierzylinder wird entweder per vorbildlich knackiger Handschaltbox oder per Achtgang-Automatik auf die Hinterräder übertragen. Diese, im Unterschied zu vielen anderen Kompakten, weiter kultivierte Antriebsart hat dem 1er seinen tadellosen Ruf als fahrdynamischen Vorzeige-Pkw eingebracht. Diese Stellung wird ihm erhalten bleiben, und der souveräne Titelverteidiger kann sich dabei auf die erstklassig abgestimmte, variable Übersetzung einer präzisen Lenkung verlassen.
Die Fünflenker-Hinterachse vermittelt auch auf holprigem Belag ein Mindestmaß an Komfort, die ausgewogene Gewichtsverteilung bewahrt selbst zupackende Wesen am Lenkrad vor Überraschungen. Die Achtgang-Automatik, die nicht unter 2150 Euro Aufpreis zu haben ist, steht den Doppelkupplungsgetrieben der Konkurrenz weder an Reaktionsvermögen, noch an Zugkraft-Kontinuität nach.
Erst der Blick in die Preisliste kann die Begeisterung für den neuen Einser dämpfen, denn 23.850 Euro Startpreis werden in einem Segment mit zahlreichen selbstbewussten und gut ausgestatteten Importautos sicher nicht als Sonderangebot wahrgenommen. Wer den kräftigen Schub des 184-PS-Diesel täglich genießen möchte, wird um Überweisung von mindestens 29.250 Euro gebeten.
Quelle: ntv.de