Auto

Nicht immer im Sinne des Fahrers Steckmodul schickt Autodaten in die Cloud

Die immer stärkere Vernetzung ist einer der Top-Trends bei neuen Pkw-Modellen. Aber auch Fahrer alter Autos müssen nicht außen vor bleiben. Künftig lässt sich der Anschluss an die weltweite Datenwelt nachrüsten. Das ist praktisch - aber aus Datenschutzsicht auch problematisch.

Autos werden künftig im Internet genauso zu Hause sein wie auf der Straße. Immer mehr onlinebasierte Dienste für Kommunikation, Navigation und Sicherheit halten im Fahrzeug Einzug. Und auch ältere Modelle lassen sich künftig nachrüsten. Ein entsprechendes Modul will der Zulieferer Delphi im kommenden Jahr auf den deutschen Markt bringen. Es könnte der Startschuss für ganz neue Geschäftsmodelle sein - nicht alle davon im Sinne des Autofahrers.

Per Handy lässt sich das Auto überwachen.

Per Handy lässt sich das Auto überwachen.

Das sogenannte Connected Car Device ist ein Multifunktionsgerät, das es erlaubt, über das Internet auf zahlreiche Fahrzeug-Informationen zuzugreifen. So lassen sich online etwa Standort, Batteriefüllstand und Kraftstoffvorrat abrufen, aber auch die Türen abschließen oder der Motor starten. Das kaum zigarettenschachtelgroße Nachrüst-Modul wird an die sogenannte OBD-II-Schnittstelle angeschlossen, einen Service-Port, den üblicherweise Werkstätten bei der Diagnose der Fahrzeugelektronik nutzen. Zudem verfügt das Gerät unter anderem über Mobilfunkanschluss und GPS-Positionssensor. Die gewonnenen Informationen werden auf einem zentralen Server hinterlegt, auf den der Autobesitzer online über einen normalen Browser oder per Smartphone-App Zugriff hat.

Mit den so gesammelten Daten lässt sich einiges anfangen - nicht alles davon ist unproblematisch. Entwickler Delphi wirbt für den deutschen Markt vor allem damit, dass der Fehlerspeicher der Fahrzeugelektronik laufend ausgelesen und der Fahrer so frühzeitig über aufkommende Probleme in Kenntnis gesetzt wird. Dafür muss dieser nicht einmal regelmäßig online gehen; er kann sich auch per Mail oder Push-Nachricht informieren lassen. Als weiteres Verkaufsargument sieht Delphi die Möglichkeit, automatisch ein Fahrtenbuch nach gesetzlichen Vorgaben erstellen zu lassen. Das wäre vor allem für Unternehmen mit kleiner Fuhrparkflotte oder Dienstwagenfahrer interessant.

US-Amerikaner überwachen den Nachwuchs

In den USA ist das Connected Car Device schon auf dem Markt. Und dort ist eine andere Funktion besonders gefragt: die Positions-Überwachung, das sogenannte Tracking. Besorgte Mütter und Väter können damit nachvollziehen, wo sich Sohn oder Tochter mit dem Familienauto gerade aufhalten. Zudem lässt sich eine Warn-Nachricht versenden, wenn das Fahrzeug einen vorher definierten Bereich verlässt oder dort einfährt. Sinnvoll etwa, wenn der Filius von eigenmächtigen Trips abgehalten werden soll oder auch nur, um eine Nachricht zu erhalten, wenn dieser sicher auf dem Schulparkplatz angekommen ist.

Zu den verblüffendsten Funktionen zählen das Auf- und Abschließen der Türen über prinzipiell unendlich große Distanzen sowie das Fernstarten des Motors. In den USA ist das eine beliebte Funktion, die auch auf den meisten Schlüsseln hinterlegt ist. So kann man etwa aus dem Café heraus den Motor und somit auch die Klimaanlage oder Heizung schon mal vorlaufen lassen. In Deutschland ist Derartiges nicht erlaubt, so dass das Feature hierzulande nicht angeboten werden soll.

Vernetzung weckt Begehrlichkeiten

Ob die Funktionen ausreichen, das in den USA immerhin rund 280 Dollar teure Gerät hierzulande populär zu machen ist fraglich, vor allem, da zumindest für den deutschen Markt noch Gebühren für die permanente Mobilfunkverbindung des Autos zum Server dazu kommen. Aber die Nachfrage muss auch gar nicht unbedingt von Privatkunden kommen - denn die Vernetzung weckt auch in der Wirtschaft zunehmend Begehrlichkeiten.

Daten sind wertvoll - und das Connected Car Device liefert sie. Und zwar potentiell auch an dritte Parteien. So ist etwa denkbar, dass Kfz-Versicherungen das Gerät ihren Kunden anbieten, um Fahrstilanalysen auf Basis des Brems- und Beschleunigungsverhaltens sowie der Fahrtstrecken zu erstellen. Kunden, die langsam und gemächlich vor allem im bekannten Umfeld unterwegs sind, würden dann weniger hohe Versicherungsbeiträge zahlen als solche, die schnell und weit fahren. Damit würde das Connected Car Device die Funktion der lange Zeit von Seiten der Assekuranzen propagierten Black Box erfüllen, die sich hierzulande bislang nicht durchsetzen konnte. Mit dem neuen Ansatz könnte das eher gelingen, wenn Autofahrer mit den praktischen Zusatzfunktionen geködert werden.

Theoretisch könnten auch andere Unternehmen von der Vernetzung profitieren: Werkstätten, Zubehörhändler und Automobilclubs, die eigene Services anbieten wollen. Welche Zugriffsmöglichkeiten für Dritte das Gerät in Deutschland bieten soll, ist zurzeit aber ebenso wenig klar wie der genaue Funktionsumfang, die Vertriebswege oder der Preis. Klar ist nur, für welche Fahrzeuge das Modul erhältlich ist: Prinzipiell verwendbar ist es für alle Pkw mit der entsprechenden OBD-Schnittstelle, die seit 1996 zur Pflichtausstattung zählt, teilweise aber bereits früher eingebaut wurde. In der Regel befindet sie sich mehr oder weniger frei zugänglich im Innenraum.

Als Diebstahlschutz eignet sich das Gerät daher nicht. Langfinger könnten es einfach ausstöpseln und so die Tracking-Funktion deaktivieren.

Quelle: ntv.de, sp-x

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