190 PS für den Kompakten Wird Nissan Pulsar zum Pulsbeschleuniger?
21.05.2015, 14:45 Uhr
Auf den ersten Blick unterscheiden nur die Zweifarbfelgen den 190 PS starken Pulsar von seinen Brüdern.
(Foto: Holger Preiss)
Er ist der dynamischste Nissan im Kompaktsegment der Japaner: der Pulsar 1,6 DIG-T. Sein Turbomotor leistet 190 PS und sein Ziel ist die alltagstaugliche Sportlichkeit. Aber reicht das aus, um die Jagd auf eine Konkurrenz zu eröffnen, die fast immer einen Tick potenter vorfährt?
Der Nissan Pulsar 1.6 DIG-T ist nicht als GTI-Jäger angetreten. Vielmehr will er das vorerst sportliche Ende eines Kompakten sein, der sich in Deutschland dafür, dass er eigentlich aus dem Nichts gekommen ist, seit Oktober 2014 mit 4000 Einheiten ganz gut verkauft hat. Der Japaner, der das Erbe des 2006 vom Markt verschwundenen Almeras angetreten hat, ist mit 190 PS der Gigant unter den Pulsar-Modellen, die bisher nur als 110 PS starker Diesel und mit 115 PS befeuerter Benziner vorfahren.
Dezent sportlicher Innenraum
Und tatsächlich ist die 190 PS starke Leistungsspitze bereits im Ansatz als weit gespreizter Kompromiss zwischen Alltagstauglichkeit und Sportlichkeit angelegt. Das wird schon deutlich, wenn man den Japaner besteigt. Die optional belederten Sitze sind mit leicht konturierten Seitenwangen versehen, die bei der flotten Kurvenfahrt ausreichend Halt bieten, aber nicht wirklich den Eindruck machen, als wolle man im nächsten Moment die Nordschleife passieren. Hinzu kommt, dass dafür auch die Sitzposition zu hoch ist. Selbst ins Tal gepumpt, bleibt das Polster beim Einsteigen bandscheibenfreundlich hoch und weckt so nicht wirklich den Sportgeist des Piloten.
Vor allem mit Kleinigkeiten haben die Designer versucht, dem Innenraum so viel Dynamik wie möglich einzuhauchen. Da ist das Lederlenkrad, die in Carbon-Optik gehaltenen Intarsien der Armatur, die die Lüftungsdüsen rahmen und sich bis in die Türinnenverkleidungen ziehen, und die weiß abgesetzten Ziernähte. Das war es dann aber auch. Ach nein, ganz wichtig: In der in schwarzem Klavierlack gehaltenen und von einem Chromrand gesäumten Schaltbox liegt der Startknopf, der das turbogeladene 1,6-Liter-Triebwerk belebt. Aber auch hier ist der Wille zum Kompromiss allzu deutlich zu spüren. Tonal reißt das den ambitionierten Heizer nicht vom Polster.
Mit viel Drehzahl geht's ab

Aus dem 1,6-Liter-Triebwerk werden dank Turbo und Ladeluftkühler 190 PS geschöpft, wenn der Motor ordentlich dreht.
(Foto: Holger Preiss)
Dabei haben die Ingenieure einiges an dem bereits im Qashqai mit 163 PS arbeitenden Motor gemacht. Laut Nissan machen ein einfacher Turbolader und ein Ladeluftkühler den DIG-T zu einem der stärksten Aggregate seiner Hubraumklasse. Anders gesprochen, mit seinen 190 PS hat der Puslar ein Triebwerk unter der Haube, dessen Leistungsniveau einem 2,5 Liter großen Saugmotor entspricht. Gleichzeitig sollen Emission und Verbrauch einem 1,8 Liter Motor entsprechen. Aber das ist alles nur Theorie.
In der Praxis fordert das 1,6 Liter Triebwerk, um sein Leistungsvermögen abzurufen, vor allem eins: Drehzahlen. Zwar sollen die 240 Newtonmeter bereits ab 1600 Umdrehungen anliegen, aber diese Angabe kann getrost auf den Prüfstand geschickt werden. Richtig Schub gibt es erst, wenn die Nadel die 4000 passiert. Wer also versucht im dritten Gang bei 3000 Umdrehungen den Pulsar über die Kreuzung zu prügeln, muss gefühlt ewig warten, bis der sich aus der Schale pellt. Das ist aber auch logisch, denn die 190 PS stehen eben erst bei 5600 Umdrehungen zur Verfügung. Sollte also der Versuch gestartet werden in 7,7 Sekunden auf Tempo 100 zu stürmen, muss die leichtgängige Schaltung flott und mit einem entsprechenden Druck auf den Pin bewegt werden. So hochgedreht wird der sportliche Pulsar auch die Spitze von 217 km/h erreichen.
Fahrwerk und Lenkung sind super

LED Lichter und das chromverblendete Endrohr weisen auf den potenten Pulsar hin.
(Foto: Holger Preiss)
Wer allerdings im unteren Drehzahlbereich schaltet und waltet, muss sich mit einem mäßigen Vortrieb begnügen, der an manchen Stellen im Stadtverkehr sogar schleppend wirken kann. Das hat aber den Vorteil, dass der Verbrauch ebenso in den Keller geht wie die Emotionen des Fahrers. Nissan gibt im Durchschnitt auf 100 Kilometer 5,7 Liter an. Bei einer ersten Ausfahrt mit überwiegend Stadtverkehr hatte der Japaner aber gut 7,0 Liter auf der Uhr. Was natürlich auch dem Umstand geschuldet ist, dass hier der Drehzahlbereich ordentlich ausgereizt wurde.
Natürlich haben die Ingenieure von Nissan einer möglichen sportlichen Fahrweise und der gesteigerten Motorleistung auch bei der Abstimmung des Wagens Rechnung getragen. Herausgekommen ist ein sehr gelungener Mittelweg: Die Elektronik strafft die Servolenkung und die Änderungen der mechanischen Komponenten sorgen für eine direktere Rückmeldung. Feinarbeiten wurden auch am Fahrwerk vorgenommen. So haben die Japaner für eine verbesserte Kurvendynamik die hinteren Stoßdämpfer und die Federung der Vorderachse verändert. In der Summe liegt der Pulsar so tatsächlich wesentlich satter auf der Straße, ohne aber eine brettharte Kurvenattitüde zur Schau zu tragen.
Dafür hat man dem Dynamiker in der Pulsar-Reihe einige Äußerlichkeiten mit auf den Weg gegeben, die ihn von der Alltagskost deutlich abheben sollen. In der höchsten Ausstattungslinie Tekna gibt es 18 Zoll große Leichtmetallfelgen in Zweifarboptik. Die Scheinwerfer haben eine schwarze Einfassung bekommen und wer sich zum Heck bewegt, wird bei genauem Hinsehen auch das chromverblendete Endrohr entdecken. Das alles kostet 26.990 Euro. Einsteigen kann man aber in den potentesten Pulsar bereits für 24.190 Euro. Dafür gibt es hier außer einer ausgezeichneten Beinfreiheit in der zweiten Reihe und 385 Liter Kofferraumvolumen eine Fahrlichtautomatik, Regensensor, einen schlüssellosen Zugang, Sitzheizung für Fahrer und Beifahrer, LED-Scheinwerfer und einen autonomen Notbremsassistenten. Im 2800 Euro teureren Tekna sind dann auch das Navi, eine 360 Grad Rundumsicht und Abstands- und Verkehrswarner, sowie Ledersitze und 18 Zöller enthalten.
Für dieses Geld bekommt man keinen GTI, der kostet mindestens 29.225 Euro. Den wird man aber mit dem Pulsar an der Kreuzung auch nicht abkochen. Wer das möchte, der muss noch ein wenig auf den Pulsar Nismo warten. Als Concept gab es den 218 PS starken Reiskocher schon, aber bisher kann, außer den Willensbekundungen ein solches Fahrzeug auf die Straßen zu bringen, auch von Nissans Seite nichts gesagt werden. Bis es soweit ist, muss man die Gegner des Pulsar 1.6 DIG-T woanders suchen. Da wären zum Beispiel der Kia Ceed GT mit 204 PS, der Opel Astra GTC mit 200 PS und der Mazda 3 Sports-Line SKYACTIV-G 165. Die Jagd ist eröffnet.
Quelle: ntv.de