Praxistest

Porsche Boxster Ab durch die Mitte

Roadster leben länger: Wenn Porsche die zweite Generation seines Modells Boxster im Februar 2009 auf den deutschen Markt bringt, wird es exakt zwölf Jahre her sein, dass die Zuffenhausener Sportwagenschmiede den offenen Zweisitzer vorstellte. Damals galt Porsche als Übernahmekandidat, das kleine Cabrio war der Rettungsanker. N-tv.de hat den Nachfolger schon gefahren.

Die Fahrer eines Porsche Boxster werden künftig mehr Rück-Sicht walten lassen. Die Außenspiegel des neuen Modells sind deutlich größer als bei der ersten Generation. "Das geschah aufgrund von EU-Vorschriften", erklärt der Leiter der Baureihen Boxster und Cayman, Hans-Jürgen Wöhler. Die Maßnahme, die der Sicherheit dienen soll, hat aber auch eine Schattenseite: Alles, was im Fahrwind steht, bedeutet mehr Luftwiderstand. Und das heißt gewöhnlich Mehrverbrauch, was die EU eigentlich streng bekämpfen will.

Dass die EU-Reglementierung manchmal eine gewisse Logik vermissen lässt, daran haben sich Autobauer inzwischen gewöhnt. Nicht gewöhnen möchten sie sich an die Absatzkrise, die auch den sonst so erfolgsverwöhnten Sportwagenhersteller Porsche erreicht hat. Während auf der Wüstenrennstrecke Willow Springs in Kalifornien die letzten Abstimmungsfahrten mit dem neuen offenen Zweisitzer stattfanden, wurde im nahen Los Angeles bereits für die Weltpremiere des Fahrzeugs auf der International Auto Show geprobt. Dort erwartete das Publikum eine Erklärung, wie die Firma auf fast 40 Prozent Verkaufsrückgang in ihrem wichtigen US- Markt zu reagieren gedenkt.

Wie Prophylaxe gegen drohende Verschnupfung mutete die Entscheidung Porsches aus dem vergangenen Jahr an, die bislang noch wichtigste Automesse in Detroit künftig zu meiden. Statt dessen konzentriert sich die Sportwagenschmiede voll auf Los Angeles. "Wir sind dafür damals sehr kritisiert worden", räumt Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer ein, "aber für uns war die Entscheidung logisch und marktgerecht. Wir bekommen in Detroit zwar eine gute Medien-Resonanz, aber unsere Kunden sind an der Westküste". Dort, so Dürheimer, ist eine direkte Nachfrage spürbar, am Messestand werden vereinzelt sogar Kaufverträge geschlossen. "So etwas kommt in Detroit nicht vor".

Ausgewogenheit dank Mittelmotor

Szenenwechsel: Es ist frisch an diesem Morgen in der Wüste. Während die Sonne an Kraft gewinnt, schleicht eine kleine Schar handverlesener Testfahrer auf dem von Gummiresten übersäten Asphalt um sechs Cabriolets. Auf den ersten Blick unterscheiden sie sich kaum, doch liegen mehr als zehn Jahre Sportwagenentwicklung zwischen den Modellen. Der Boxster der 2. Generation ist seinem Vorgänger optisch treu geblieben. Mehr Kraft, mehr Effizienz lautet aber die Botschaft, die auch auf der Messe in L.A. gebetsmühlenartig auch von anderen Herstellern wiederholt werden wird.

Dass der Boxster in vorbildlicher Weise dynamische Qualitäten mit Ausgewogenheit und Balance verbindet, ist für die wenigsten Fahrer eine Überraschung. Die Platzierung des Motors zwischen den Achsen ist die beste Voraussetzung für solches Fahrverhalten. Sie ist auch der Grund, warum anders als beim 911er eine Allradversion nicht zur Debatte steht. Aufgrund des um 180 Grad gegenüber dem 911-Coup gedrehten Motoreinbaus wäre die Verlängerung des Antriebsstrangs nach vorn technisch anspruchsvoll und teuer, der Nutzen der zusätzlichen angetriebenen Achse für die Fahrdynamik aber fraglich.

Während im Boxster S der Hubraum des Sechszylinders bei 3,4 Litern blieb, wurde er für die Basisversion von 2,7 auf 2,9 Liter angehoben. Den in Los Angeles allgegenwärtigen Begriff des "Downsizing" - also der Verkleinerung der Motoren aus Sparsamkeitsgründen - kann man mit solch einer Neuerung nicht untermauern. "Unsere Kunden sind leistungsorientiert", sagt Wolfgang Dürheimer, "und trotz des größeren Motors haben wie mehr Effizienz realisiert." Der Basis-Boxster sei durchaus mit unter neun Litern je hundert Kilometer zu fahren und dank der Drehmomentstärke auch in der Stadt im sechsten Gang zu bewegen. Die direkte Benzineinspritzung bleibt allerdings dem Boxster S und dem Schwestermodell Cayman vorbehalten.

Absage an Hybrid-Sportwagen

Porsche geht davon aus, dass sich die bisher deutlich zum manuellen Getriebe neigende Kundschaft in der Zukunft in wachsender Zahl für das neue Doppelkupplungsgetriebe PDK entscheiden wird, das bereits im aktuellen 911er Verwendung findet. Es garantiert, wie auf der Rennstrecke eindrucksvoll bestätigt, Beschleunigung ohne Zugkraftunterbrechung und ist wegen der länger übersetzten siebten Gangstufe im Normtest noch verbrauchsgünstiger als die Handschaltung. Porsche wäre nicht Porsche, wenn die Produktion des Boxster nicht auch auf größtmögliche Effizienz getrimmt wäre. Rund die Hälfte aller Bauteile finden sich im 911er wieder.

Auf der Los Angeles Auto Show, wo auf den Messeständen der großen amerikanischen Hersteller teilweise beklemmende Ruhe herrschte, versammelte Porsche eine erstaunlich große Zahl von Neugierigen in der eigenen Präsentationshalle. Auch das nicht überraschend: Die Westküstenmetropole weist die weltweit größte Dichte an zugelassenen Boxster- und Cayman-Modellen auf. Doch sollte Porsche nicht gerade wegen der scharfen Umweltgesetze im Sonnenstaat Kalifornien auch bei den Sportwagen ein Hybrid-Angebot unterbreiten, wie es bereits für die Modellreihen Cayenne und Panamera angekündigt wurde?

Nein, sagt Wolfgang Dürheimer entschieden. "Wir haben mit bis zu 16 Prozent Kraftstoffersparnis gegenüber dem Vorgänger gezeigt, wie wir mit Effizienz verbundene Sportlichkeit definieren. Wir sehen keine unbedingte Notwendigkeit für solch ein Auto in der Serie, wenngleich es als Rennsportwagen vielleicht einmal einen Sinn machen könnte".

Die Boxster-Baureihe hat die vor gut zehn Jahren Not leidende Firma Porsche wieder auf die Straße des Erfolgs gebracht. Doch auch angesichts drohender Marktprobleme ist der Entwicklungschef heute gegen einer einer Öffnung der Modellpalette nach unten skeptisch. "Es ist richtig, dass ein Roadster von der Größe eines MX-5 in der Vergangenheit ein großer Erfolg war. Wir sind aber kein Massenhersteller und produktionstechnisch gar nicht auf große Volumina eingerichtet." Auf eine Downsizing-Strategie in Gestalt eines Vierzylinder-Boxermotors unter dem Zuffenhausener Markenlogo wird man deshalb wohl noch etwas warten müssen.

Quelle: ntv.de

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