Praxistest

BLS als exklusive Alternative Cadillac gegen Audi, BMW & Co.

von Axel F. Busse

Wer beim Autokauf nicht auf jeden Euro schauen musste, sich aber von den BMW, Mercedes und Audis der Nachbarn abheben wollte, hatte in der Vergangenheit keine große Auswahl. Die meisten landeten bei Saab. Die Verbindung von Individualität und Qualität wurde so zum Kernwert der schwedischen Marke.

Vor kurzem hat Mutterkonzern General Motors den Saab-Werkern die Konkurrenz direkt ins Haus gebracht - nein, nicht vors Haus, sondern hinein. Im Werk Trollhättan wird nämlich auch der Cadillac BLS gefertigt. Seine Zielgruppe: Alle, die Massenware der deutschen Premium-Marken verschmähen und möglichst noch individueller sein wollen als Saab-Fahrer.

Vorerst klappt das ganz gut, denn vom BLS sind dieses Jahr in Deutschland erst gut 130 Exemplare zugelassen worden, von der Limousine Saab 9-3 immerhin mehr als 3.000. Außer mit einem kräftigen 1.9-Liter Turbo-Diesel (der auch im Opel Vectra Verwendung findet) ist der BLS auch mit einem V6-Zylinder-Benzinturbo zu haben, der 255 PS leistet.

Das kantig geschnittene Blechkleid signalisiert die Zugehörigkeit zur Caddi-Familie, die sich durch senkrechte Klarglas-Scheinwerfer und den wappenförmigen Grill auszeichnet. Die hohe Gürtellinie und die Keilform tun ein Übriges. Von vorn wirkt die Limousine ungewöhnlich schmal, obwohl sie es mit 1,75 Meter nicht ist. Der Innenraum strahlt Eleganz aus, ohne aufgesetzten Schnickschnack. Die Gestaltung ist ebenso konservativ wie übersichtlich. Eine kleine Analoguhr und sparsam platzierte Holzapplikationen schaffen eine hochwertige Atmosphäre. Dieser Eindruck wurde beim Testwagen leider von zahlreichen Knack-, Knirsch- und Klopfgeräuschen konterkariert, die auf Verbesserungsmöglichkeiten in der Verarbeitungsqualität schließen ließen.

Zwiespältig auch der Eindruck von der Platzaufteilung. Während sich die vorne Sitzenden auf bequemen Sesseln räkeln, die Bein ausstrecken und ein großzügiges Raumgefühl genießen können, geht es hinten doch eher beengt zu. Hier befindet sich der BLS freilich in guter Gesellschaft, denn das ist beim 3er BMW oder der Mercedes C-Klasse nicht anders. Die serienmäßige Ausstattung umfasst bei allen Modellen eine Stabilitäts- und Traktionskontrolle, Front-, Seiten- und Kopfairbags, ein CD-Radio, Tempomat und Leichtmetallfelgen.

Einen gleichermaßen kultivierten wie temperamentvollen Eindruck hinterließ der V6-Motor im Testbetrieb. Drehfreudig und dabei mäßig geräuschvoll treibt das Turboaggregat die rund 1.600 Kilo schwere Karosse vorwärts. Wer ein Automatik-Getriebe ordert, bekommt als Zugabe zwei Schalttasten für den manuellen Gangwechsel. Sie spielen in der Praxis aber eine eher untergeordnete Rolle, da das manuelle Schalten zum Charakter des Autos nicht passt. Dank eines satten Drehmoments von 365 Nm geht es, nach Kickdown und kurzer Bedenkzeit, zügig vorwärts und das immer ohne großen Lärm.

Lenkung und Fahrwerk genügen europäischen Erwartungen, von der geschmeidig wiegenden Heckflossen-Romantik früherer Cadillac-Generationen ist nichts geblieben. Auch mit dem üblen Kopfsteinpflaster ostdeutscher Provinzstrecken war die Federung nicht überfordert.

Sechs Zylinder und Turboaufladung lassen eine ausgeprägte Schluckfreudigkeit befürchten und auch der Hersteller scheint seinem Produkt ernsthafte Sparsamkeit nicht zuzutrauen: Der Bordcomputer ist kurioserweise nicht auf Durchschnittsverbräuche unter zehn Litern ausgelegt, nach dem Reset beginnt die Messung wieder mit der Ziffer 10. Tatsache ist, dass der Testwagen sich während der Probefahrten erstaunlich genügsam zeigte - am Ende standen 10,9 Liter zu Buche.

Zwar darf sich Cadillac rühmen, den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu chauffieren, in Europa trägt das aber kaum zum Marken-Prestige bei. Der Kundenfang muss also zunächst über den Preis erfolgen. Der BLS 2.8 T (mit Handschaltung) kostet 35.590 Euro, das ist knapp unter dem Niveau vergleichbarer BMW oder Audi-Produkte. Die Exklusivität, ein Auto zu fahren, von dem erst wenige in Deutschland unterwegs sind, gibt beim Cadillac gratis dazu.

Quelle: ntv.de

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