Praxistest

Genugtuung à la Porsche Cayenne mit mehr Pfeffer

Genug ist nicht genug – diese vor 30 Jahren von Konstantin Wecker vertonte Einsicht scheint in besonderem Maße für eine bestimmte Sorte Autokunden zu gelten. Der Porsche Cayenne verfügt mit Achtzylinder-Motor und 385 PS sicher über genug Leistung, um bequem und sicher von A nach B zu gelangen. Nur das ist manchen eben nicht genug. Als flexibles und kundenorientiertes Unternehmen weiß Porsche zu helfen: Es wird draufgesattelt.

So wie die Spreizung der Modellvarianten beim 911er inzwischen zu 15 verschiedenen Ausführungen geführt hat, so wird jetzt die Cayenne-Baureihe um eine vierte Spielart ergänzt. Das Kürzel GTS verleiht dem Cayenne schon phonetisch eine Prise mehr Pfeffer, 405 heißt die aktuelle Hausnummer auf dem PS-Boulevard.

Damit befindet sich das neue Auto in respektvollem Abstand zur Turbo-Version, die 500 Pferdchen sattelt. Gleichzeitig sind es aber 20 mehr als der Cayenne S hat, und jedes davon kostet rund 500 Euro extra. So kommt ein Mehrpreis von rund 10.000 Euro gegenüber dem "S" zustande, der mit 66.610 Euro ausgepreist ist.

Front vom Turbo geerbt

Um den Mehrpreis zu rechtfertigen, wurde natürlich nicht nur am Dampfrad gedreht. Um 14 Millimeter verbreiterte Radläufe wölben sich über serienmäßigen 21-Zoll-Alufelgen, Ein Dachkantenspoiler sorgt am Heck für Anpressdruck, wenn einmal die Top-Speed von 253 km/h angesteuert wird. Im Rückspiegel meint man einen Turbo zu erkennen, wenn der GTS naht, denn das neue Modell hat die gleichen, weit aufgerissenen Lüftungsschlünde, vier verchromte Endrohre in zwei ovalen Ummantelungen signalisieren dem Überholten, dass der Fahrer die 30.000 Mehrpreis für das Topmodell lieber in den Drittwagen gesteckt hat.

Zahlreiche Motor-, Getriebe- und Fahrwerksmodifikationen versprechen spontaneres Ansprechverhalten, mehr Agilität und Fahrdynamik. So wurden zum Beispiel die Achsübersetzung um 15 Prozent verkürzt und bei der Automatik-Ausführung die Schaltpunkte angepasst. Als Ergebnis verbucht der verblüffte Kunde die um eine knappe halbe Sekunde verbesserte Sprinttauglichkeit. Das Fahrwerk wurde 24 Millimeter tiefer gelegt.

Halt in den Kurven

Drinnen erfuhr die Sitzanlage eine komplette Überarbeitung. Vorn sind die Wangen der Sportsitze breiter ausgeformt, was mehr Halt bei forscher Kurvenfahrt bringen soll. Hinten gibt es nunmehr eine Bank mit modellierten Einzelsitzen.

Da der Cayenne S weder für Schwerfälligkeit noch für Untermotorisierung bekannt ist, fallen die Unterschiede zwischen den beiden Saugmotor-Boliden auch dem geschulten Fahrzeuglenker wohl nur im direkten Vergleich auf. Auf Asphalt erfreut der 2,3-Tonnen-Dampfer den Fahrer mit der Handlichkeit und Präzision eines Kompaktautos, der Leichtigkeit seines Handlings und der bissfesten Bremswirkung. Auf Schotter gibt sich der Geländewagen ebenfalls keine Blöße und kann selbst mit Serienbereifung eine beeindruckende Vorstellung an Traktion und Vortrieb geben. Der Allradantrieb verteilt das Drehmoment gewöhnlich nur zu 38 Prozent nach vorn, was zu vergnüglichen Driftfahrten einlädt.

Nachfrageboom aus dem Osten

Zum allmählichen Schließen der Leistungslücke gegenüber dem Turbo mag der GTS seine Berechtigung haben. Bei Porsche wird auch eine gewisse Kannibalisierung mit dem S-Modell billigend in Kauf genommen. Um eine etwaige Nachfragedelle auszugleichen, wird der GTS jedenfalls nicht gebraucht. Porsche fährt das Werk in Leipzig mit 180 Cayenne je Werktag nach eigenen Angaben an der Kapazitätsgrenze. Das Kundenverlangen aus Russland und China ist mittlerweile so groß, dass es den rund 10-prozentigen Einbruch in Nordamerika – Porsches wichtigstem Markt – auffängt. Der Cayenne trägt inzwischen rund ein Drittel des gesamten Absatzes der Marke.

Effizient trotz Tempo

Porsche nimmt für sich in Anspruch, in der Leistungsklasse zwischen 300 und 500 PS die effizientesten Motoren zu bauen. Für den Cayenne GTS bedeutet das konkret einen Verbrauchswert von 15,1 Litern nach EU-Normzyklus. Im realen Straßenbetrieb und bei nicht allzu zaghafter Fahrweise dürften also rund 17 Liter je 100 Kilometer durch die Direkteinspritzung strömen. Nicht vergessen, das Auto hat 4,8 Liter Hubraum!

Bei soviel kraftstrotzender Wirtschaftlichkeit kann man es dem Hersteller kaum übelnehmen, dass er das Auto auch mit einer Verbrauchserhöhungstaste ausstattet. Die sitzt auf der Mittelkonsole und trägt die Aufschrift "Sport". Sie verändert die Gas-Kennlinie und die Motorcharakteristik wird auf noch zügigeres Fortkommen und später geschaltet, damit die Gänge voll ausdrehen. Nur Porsche bietet seinen Kunden die Eigenheit, einen Achtzylinder mit mehr als 400 PS auch per Handschaltung bewegen zu dürfen.

Zusätzlich zur üblichen Farbpalette ist der GTS ab Februar in zwei exklusiven Lackierungen zu haben. Ein knalliges Rot und das ein wenig wie Konfektumhüllung funkelnde Nordischgoldmetallic stehen zur Wahl. Ab 16. November wird Porsche auf der L.A. Motor Show das Hybrid-Modell des Cayenne vorstellen. Mal sehen, ob das Farbangebot dann um ein Grün erweitert wird.



Quelle: ntv.de

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