Praxistest

326 PS in neuer Verpackung Cherokee zum "Kampfpreis"

Ein V8, bei dem nur vier Töpfe laufen? Normalerweise ist das ein Fall für Werkstatt, bei Jeep ist das innovative Technik. Zylinderabschaltung heißt das Zauberwort und auch wenn der gewaltige 5,7 Liter große und 326 PS starke HEMI-Motor dadurch nicht zum Sparwunder wird, sollen je nach Fahrbedingungen bis zu 20 Prozent Sprit eingespart werden.

Der neue Grand Cherokee ist der erste Jeep, in den das amerikanische Triebwerk-Denkmal eingebaut ist. HEMI und Northstar sind die V8-Blöcke, die auf dem US-Markt die größte Wertschätzung genießen. Auch ein "kleiner" V8 mit 4,7 Litern Hubraum (231 PS) sowie ein 3-Liter-Diesel sind neuerdings im Angebot. Der Selbstzünder ist abgeleitet von dem neuen V6 aus Mercedes-Fertigung, der schon in der C-und der E-Klasse seinen Dienst verrichtet. 218 PS und 510 Nm Drehmoment sorgen für kräftigen Schub.

Gestern und heute

Als der erste Grand Cherokee 1993 auf der Bildfläche erschien, war es leicht, als Geländewagen mit Limousinenqualitäten Renommee zu erlangen. Die heutige, dritte Generation hat es ungleich schwerer: Nicht nur deutsche Hersteller wie BMW oder VW knabbern an Marktanteilen, auch Japan hat aufgeholt. Die Konkurrenz drückt auf die Verkaufszahlen: Etwas mehr als 3.800 Grand Cherokee wurden 2004 in Deutschland verkauft. Als Geländewagen über jeden Zweifel erhaben, muss das Auto nun auf dem schwierigen Feld der SUV punkten.

Damit es künftig mehr Verkäufe werden, hat sich Jeep mächtig ins Zeug gelegt. Laut Chrysler-Chef Zetsche ist die Marke "das Juwel im Markenportfolio". Die Motorenpalette ist das eine, ein edles Ambiente und guter Straßeneigenschaften sind das andere. Mag sein, dass es potenzielle Kunden beruhigt, dass ihr Jeep im Bedarfsfalle knietiefe Furten durchqueren und 40 Grad steile Hänge erklimmen kann – im Normalfall gehen 48 Prozent der Kraft an die Vorderachse. Das Quadra-Drive II genannte Allradkonzept kann sogar das gesamte Motordrehmoment auf ein Rad lenken und die massige Fuhre so aus dem Schlamm ziehen - in der Praxis ist doch öfter nur die Bordsteinkante im Weg.

Länger, breiter, präsenter

Für eine nachhaltige Wirkung auf dem Boulevard ist der Grand Cherokee deshalb ein Indianer-Häuptling mit viel Federschmuck. Optisch deutlich aufgewertet verfügt er über 12,8 Zentimeter mehr Fahrzeuglänge, eine breitere Spur und eine längere Haube. Das vermittelt mehr Dynamik und eine stärkere physische Präsenz. 90 Millimeter mehr Radstand sind dabei herausgesprungen, was der On-Road-Bequemlichkeit zugute kommt. Statt der rechteckigen Scheinwerfergläser von ehedem gibt es jetzt zwei ineinander verschobene runde Leuchtkörper. Chromleisten an den Seiten sollen die elegante Linie unterstreichen.

Auffälligste Neuerung im Innern ist die Sitzanlage, die laut Jeep klarer auf europäische Erwartungen abgestimmt sind. Das heißt im Klartext, straffer, stabiler und besser konturiert als die weichen Sessel früherer Modelle. In der Ausstattungslinie Limited sind die Polster mit Leder bezogen. Längere Schienen erlauben mehr Flexibilität, die zweite Reihe ist 17 Millimeter höher angebracht, als das vordere Gestühl. Dass es dennoch Anlass zur Kritik an der Rückbank gibt, liegt daran, dass zugunsten eines ebenen Ladebodens auch der Fußboden vor der Rückbank angehoben wurde. Die Folge: Stärker angewinkelte Knie der hinten Sitzenden.

Vorne dagegen sind die Platzverhältnisse üppig, alles ist elegant gestaltet (beispielsweise der t-förmige, verchromte Hebel für die Geländeuntersetzung). Sehr praktisch ist die Bodenplatte des Laderaums, die beidseitig verwendbar und auf der einen Seite als Wanne für schmutziges Transportgut ausgeformt ist.

Das Fahrerlebnis auf der Straße ist von unkomplizierter Natur. Dank des hohen Drehmoments verfügt auch die Dieselvariante über ausreichend Temperament, das je nach Ausstattung um 2.200 Kilo schwere Gefährt zu bewegen. Auch die Fahrwerkabstimmung ist eher von der stabileren Sorte, so dass die Seitenneigung des knapp 1,75 Meter hohen Aufbaus in engen Grenzen bleibt. Alle Motorvarianten werden mit einer Fünfgang-Automatik weich und unauffällig geschaltet, wobei die energische Durchzugskraft des V8 nicht so deutlich über der des Diesels liegt, wie die 108 Mehr-PS des HEMI-Motors es vermuten ließen.

Kostenpunkt?

Der Einstiegspreis von unter 40.000 Euro ist als Kampfansage an die Wettbewerber zu verstehen. Dafür gibt es gemeinsam mit dem 4,7-Liter-Benzinmotor eine umfängliche Ausstattung, die beispielsweise ESP, 17-Zoll-Alufelgen, elektrisch verstellbare Sitze, Bordcomputer und Klimaanlage beinhaltet. In Deutschland, wo rund 80 Prozent der Bestellungen auf den Diesel entfallen dürften, sind dafür mindestens 42.900 Euro anzulegen sind. Noch einmal 11.100 Euro mehr sind für den großen V8 fällig, der dann von Hause aus über das Quadra-Drive-System, elektrische Pedalverstellung, Regensensor und andere Annehmlichkeiten verfügt.

Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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