Praxistest

Doppeltes Flottchen Der neue und der alte Clio

„Liebe Kunden“, so die aktuelle Botschaft aus dem Hause Renault, wir haben einen neuen Clio für Euch. Bei Nichtgefallen könnt Ihr auch den alten weiter bekommen.“ Am 7. Oktober brachte der französische Staatskonzern den in zwei Generationen fast neun Millionen Mal verkauften Kleinwagen mit der Kennziffer „III“ auf den Markt – und baut das Vorgängermodell weiter.

Die erstaunliche Marketingaktion hat Gründe: Der neue Clio ist nicht nur sichtbar größer als der Vorgänger, sondern mit einem Einstiegspreis von 10.950 Euro auch nicht mehr wirklich billig. Der Clio II wird deshalb zu einer Variante für den schmalen Geldbeutel mutieren, eine von jedem luxuriösen Ballast befreite Sparversion für unter 9000 Euro.

Den Käufern des günstigsten Clio III wird das Zugeständnis abverlangt, auf eine geteilt umlegbare Rücksitzbank zu verzichten. Die gibt es erst in der „Expression“ genannten Ausstattungslinie. Dafür leistet sich der Hersteller aber den Luxus, außer Drei- und Fünftürer noch unterschiedliche Kotflügelbreiten zu produzieren – damit die optimal zu 15-und 16-Zoll-Rädern passen.

Mit einem Plus von 17 Zentimetern in der Länge und 10 Zentimetern mehr Radstand ist der Clio II schon ein großer unter den Kleinen. Die Vier-Meter-Marke verfehlt er nur um eine Winzigkeit. Der lichte Eindruck von reichlich Raum im Innern wird verstärkt durch die großen Glasflächen, die in der Summe mehr als drei Quadratmeter ausmachen und durch ein mit 800 Euro zu Buche schlagendes Panorama-Dach noch vergrößert werden können. Auch in der Transportkapazität legte der Clio zu: Bis zu 1038 Liter Stauraum sind jetzt zu füllen.

Beim Fahren fällt das angenehm niedrige Geräuschniveau auf. Noch bei 90 km/h, so verkündet Renault nicht ohne Stolz, würden mehr Roll- als Motorgeräusche produziert. Als Leisetreter erwies sich in ersten Testfahrten auch der 1,5-Liter-Diesel, der nicht einmal durch höchste Drehzahlen aus der versprochenen Ruhe zu bringen ist. Ihn gibt es mit 68, 86 oder 106 PS, Euro IV und Filter inklusive. Sein Drehmoment-Maximum mit 240 Nm erreicht der 106-PS-Motor bei 2000 Umdrehungen und fällt danach wieder ab. In der Praxis macht sich das dadurch bemerkbar, dass der Wagen beim Antritt agil, beim Überholen aber schmalbrüstig wirkt.

Bedauerlicherweise ist das Lenken des neuen Clio nicht so sportlich-dynamisch, wie es das Design und die Entwickler versprechen. Die Lenkung erwies sich als etwas wabbelig und vermittelte wenig Kontakt zur Straße. Erfreulich dagegen ist für die Insassen, dass sie sich auf fünf Sterne aus den Crashtests und bis zu acht Airbags verlassen können, die ab „Expression“ alle Serienmäßig sind. ESP soll es in Deutschland ohne Aufpreis nur für die mehr als 100 PS starken Varianten geben.

Sollte, wie die Daten es verheißen, der Diesel mit unter fünf Litern je 100 km auskommen, hat der Kunde sicher gern Geld für Annehmlichkeiten übrig, die in reichem Maße zu haben sind. Wie bei den „Großen“ lassen sich auch Einparkhilfe und Keycard-Zugang, Xenon- und aktives Kurvenlicht bestellen. Kein Problem also, aus einem kleinen Clio ein Mitglied im 20.000-Euro-Club zu machen. Wenn auch manche Hersteller-Entscheidung nicht auf Anhieb einleuchtet: Der Clio wird seinen Weg machen, mit frischem Design, munteren Motoren und viel Flexibilität für die Bedürfnisse der Insassen.

Axel F. Busse

Quelle: ntv.de

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