Opel GT gegen Chrysler Crossfire Frischluft-Vergnügen mit Spaß und Stil
27.07.2007, 10:09 UhrVon Axel F. Busse
Echte Roadster-Fans wollen nur das Eine: ein Stoffdach. Die schwarze Falthaube markiert eine feste Größe, wenn man sich schon sonst in der globalisierten Autowelt nicht mehr auf allzu viel verlassen kann. Da kommt ein Opel nicht mehr aus Deutschland, sondern wie der GT aus Wilmington im US-Bundesstaat Delaware, ein Chrysler nicht mehr aus Amerika, sondern wie der Crossfire aus Osnabrück. Und obwohl sie als sportliche Zweisitzer mit Frischluft-Bonus einander sehr ähnlich scheinen, gibt es erhebliche Unterschiede.
In der Grundkonzeption beider Autos wurde auf Bewährtes zurückgegriffen: Der Chrysler entstand auf der Basis der ersten Mercedes-SLK-Generation, der Opel ist eigentlich ein Pontiac Solstice, aber gegenüber dem US-Vorbild bekam der GT eine aggressiver gestaltete Frontpartie. Der Opel ist zwar jeweils fünf Zentimeter länger und breiter als der Chrysler, aber auch um drei Zentimeter flacher, was in der Summe eine geducktere und aggressivere Optik ausmacht. Muskulös ausgeformte Kotflügel beherbergen 18-Zoll-Räder. Die wellenförmig hinter den Kopfstützen hochgezogene Heckklappe wirken wie eine Reminiszenz an die offenen Rennwagen der Fünfziger Jahre und das Heck ist einfach nur sexy.
Der Opel entscheidet also die Designwertung für sich, denn die optischen Reize des Crossfire beschränken sich auf verspielte Lüftungsrippen im vorderen Kotflügel und eine elegante Blechfalte, die sich von konkav zu konvex changierend von den Vorderrädern bis zur Kofferraumklappe zieht. Wuchtige 19-Zoll-Räder auf der Hinterachse geben nicht nur einen kraftvollen Auftritt, sondern unterstreichen noch die ausgeprägte Keilform der Chrysler-Silhouette.
Überraschung auf der Temposkala
Dass der Chrysler etwas zahmer aussieht als der Opel, ist durchaus gerechtfertigt. Der V6-Motor leistet 218 PS, während der GT seine vier Zylinder von einem Turbolader druckbefüllen lässt und so auf 264 PS kommt. Ab 2000 Touren schnaubt der Turbo mit kräftigen 353 Newtonmetern Drehmoment, der Crossfire erreicht sein Maximum an Durchzugskraft (310 Nm) erst bei 3000 Umdrehungen. So nimmt der GT dem Konkurrenten von 0 bis 100 km/h eine reichliche Sekunden ab (5,7 zu 6,9). Aber die Überraschung wartet am anderen Ende der Temposkala.
Die satte Turbokraft des GT sollte eigentlich für mehr als 229 km/h reichen, der Crossfire zieht auf der freien Autobahn trotz 100 Kilo Mehrgewichts bis auf 250 km/h davon. Der Grund: Nicht alles, was schnittig aussieht, steht tatsächlich gut im Wind. Mit einem erbärmlichen cw-Wert von fast 0,44 ist der GT nicht weit von der Windschlüpfrigkeit eines Kleinlasters entfernt. Der Chrysler macht dagegen mit 0,37 noch eine recht gute Figur.
Hinzu kommt, dass der sportliche Anspruch des Opels nur schwer mit dem Verzicht auf einen sechsten Gang zu vereinbaren ist. Den hat nämlich der Chrysler, auch wenn die letzte Fahrstufe nicht so lang übersetzt ist, wie beim GT. Bleibt als Trost, dass offen fahren bei 200 km/h oder mehr ohnehin kein Vergnügen ist und der Opel die kernigere Soundkulisse bietet. Mit ordentlich Zugluft im Nacken muss in beiden Autos gerechnet werden, beim Chrysler kann man sie durch ein Windschott (242 Euro) klein halten.
Wer das gemütliche Cruisen bevorzugt, wozu beide Roadster sich trefflich eignen, kann seine Aufmerksamkeit auf Ausstattung und Fahrkomfort lenken. Die gesunde Härte des GT passt zum Charakter des Fahrzeugs ebenso gut wie die etwas komfortablere Abstimmung zum Chrysler. Der hat zwar vom SLK eine Malaise im Lenkgetriebe geerbt, die sich aber nur bei kräftigem Lenkeinschlag auf holperiger Fahrbahn bemerkbar macht. Die Spontaneität des Opels und seine Griffigkeit auf kurvigen Strecken ließen sich noch mehr genießen, wenn die Verstellmöglichkeit des Lenkrades besser wäre.
Knistern im Instrumententräger
Wenn schon der Chrysler mit der äußerlichen Dynamik des Opels nicht mithalten kann, so trägt er bei der Innenraumbewertung doch den deutlichen Punktsieg davon. Wo der Crossfire mit wertig anmutenden Materialien protzt, regiert beim Opel die plastikverkleidete Bescheidenheit. Dessen tiefe Instrumenten-Mulden sind erstklassige Staubfänger und die zylindrischen Einfassungen quittieren jedes Kleinsteinpflaster mit ausgeprägtem Knistern. Bei Lichteinfall sind die Displays von Radio und Bordcomputer nicht mehr zu entziffern.
Die wohnliche Atmosphäre im Chrysler wird von praktischen Aufbewahrungsnetzen für Sonnenbrillen, Basecaps und sonstigem Cabrio-Accessoires untermauert. Alles was bei Opel nicht in die bescheidene Box zwischen den Sitzen passt, fliegt im Innenraum umher. Oder man verstaut es unter der Heckklappe, denn für viel mehr als eine Aktentasche ist dort sowieso kein Platz.
Dass es außer zwei Menschen vielleicht noch das eine oder andere Gepäckstück zu verstauen gibt, hat man bei General Motors ganz offenkundig außer Acht gelassen. So wird der Wochenend-Ausflügler zum Plastikbeutel-Touristen, denn die kann man gerade noch neben und hinter das gefaltete Dach quetschen. Mit 190 Litern Stauraum ist das Taschenfach im Chrysler dagegen geradezu üppig dimensioniert. Jedoch könnten zwei beleibte Erwachsene zu Problemen mit dem zulässigen Gesamtgewicht führen.
Roadster-Romantik mit Handarbeit
Zur gehobenen Gastlichkeit im Crossfire zählt das elektrische Dach. Es öffnet und schließt bis zum Tempo eines forschen Joggers (15 km/h) und muss zusätzlich mit einem Knebel am Frontscheibenrahmen verriegelt werden. So einen Riegel hat auch der Opel – aber dann heißt es ausstiegen. Vom GT-Fahrer wird ehrliche Handarbeit verlangt. Um diesen Anachronismus gelassen hinzunehmen, sollte man Anhänger unverfälschter Roadster-Romantik sein.
Der offene Chrysler Crossfire ist ab 35.490 Euro zu haben. Das sind gut 3000 mehr, als der Opel GT kostet. Gerechtfertigt wird der Preisunterschied durch die deutlich bessere Ausstattung. Das fängt bei den Seitenairbags an und hört bei den Kosmetikspiegeln in den Sonnenblenden noch nicht auf. Auf der gemeinsamen Testfahrt genehmigte sich der Opel im Schnitt 10,3 Liter Super, was einen guten Liter über dem Sollwert liegt. Mit 10,8 Litern lag der Chrysler ebenfalls über dem Soll, doch trotz des größervolumigen Motors erstaunlich nah am Opel.
Fazit: Der Opel sieht toll aus und macht als puristische Fahrmaschine viel Spaß. Lieblose Verarbeitung kostet Punkte. Böte man ihn hierzulande zu einem ähnlich attraktiven Preis an wie das Schwestermodell in den USA (dort rund 20.000 Dollar), ließen sich die Schwächen leichter verschmerzen. Der Chrysler ersetzt Emotionalität durch Solidität und hat durch die Summe seiner Eigenschaften die Nase vorn.
Technische Daten
Opel GT Chrysler Crossfire
Länge/Breite/Höhe 4100/1813/1274 mm 4058/1766/1303 mm
Radstand 2415 mm 2400 mm
Wendekreis 10,45 m 9,8 m
Motor/Antrieb R4 / Heck V6 / Heck
Getriebe 5-Gang 6-Gang (Autom.opt.)
Hubraum 1998 ccm 3199 ccm
Leistung bei U/min 264 PS/ 5300 218 PS/ 5700
Max. Drehmoment 353 Nm/ 2000 310 Nm/3000
Beschleunigung 0-100 km/h 5,7 Sek. 6,9 Sek.
Höchstgeschwindigkeit 229 km/h 250 km/h
Leergewicht 1406 kg 1505 kg
Zuladung 219 kg 165 kg
Gepäckrauminhalt 66-157 Liter 190 Liter
Tankinhalt 60 Liter 60 Liter
Verbrauch (Werksangabe) 9,2 l/100km Super 10,4 l/100 km Super
CO2-Ausstoß 218 g/km 250 g/km
Grundpreis 32.180 ? 35.490 ?
Quelle: ntv.de