Praxistest

Yaris gegen Twingo Günstiger pendeln

Nicht mehr klotzen, kleckern ist angesagt, was das Autofahren angeht. Der Abschied der Steuerermäßigung zwingt auch Pendler zum Umdenken. Daher stellen wir die Frage: Wie viel Auto braucht es wirklich für den Weg zur Arbeit?

Die Pendlerpauschale wird, allen Wahlkampfversprechen zum Trotz, in ihrer alten Form nicht zurückkommen. Das macht den Arbeitsweg für viele Autofahrer künftig deutlich teurer. Deshalb haben wir mit dem Renault Twingo und dem Toyota Yaris zwei kostengünstige Pendlerautos miteinander verglichen. Reicht die kleine Lösung oder muss es doch das etwas größere Auto für den Arbeitsweg sein?

Zurzeit erleben Stadtautos einen ungeahnten Boom. Kleiner ist feiner, lautet das Motto. Doch der Smart ist nicht jedermanns Sache. Im Schnitt legen Pendler zwar nur 20 Kilometer zurück, doch gerade diejenigen Arbeitnehmer, die weiter weg auf dem Land leben, trifft der Wegfall der Pendlerpauschale besonders hart. Somit sind Lösungen gefragt, die einen Kompromiss finden zwischen Komfort und Sparsamkeit. Sowohl der Renault Twingo als auch der Toyota Yaris bieten solche Kompromisse. Doch muss es die große Lösung sein oder kann man auch kleine Brötchen backen? Drei oder fünf Türen? Stadtfloh oder Kleinwagen? Französisches Savoir Vivre gegen japanische Präzision und Effizienz. Wir wollten wissen, wie viel Auto zum Pendeln wirklich sein muss.

Der Renault Twingo ist seit Mitte 2007 auf dem Markt. Die Franzosen haben ihr Erfolgsmodell komplett neu aufgelegt. Vor allem beim Äußeren hat sich viel getan. Die sympathischen Glubschaugen des Vorgängers sind verschwunden. Das finden viele schade, auch unter unseren Testern. Schlechter ist der Twingo deshalb aber nicht geworden. Für relativ wenig Geld bietet der Twingo immer noch sehr viel Auto.

Da muss man beim Yaris von Toyota schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Aber genau das wollen wir ja wissen: Lohnt sich die Mehrausgabe? Der Yaris ist ein sehr weit entwickeltes Auto. Auf dem Markt ist er seit 1999, seit 2006 gibt es die zweite Generation. Bei der Neuauflage wurde vor allem viel Wert auf die Sicherheit gelegt. Beim NCap-Crash-Test holte er fünf Sterne. Doch dafür landet man mit dem Yaris finanziell nur knapp unter der Kompaktklasse, wo Autos wie Golf, Astra oder Corolla verkehren.

Raumangebot: Der Toyota ist mit 3750 Millimetern nur 15 Zentimeter länger als der Renault (3602 Millimeter). In der Breite sind es vier und in der Höhe sechs Zentimeter. Nicht viel, doch im Innern des Yaris macht sich das kleine Plus durchaus positiv bemerkbar. Hinten lässt es sich selbst für Personen mit einer Körperlänge über 1,75 noch recht bequem sitzen. Doch auch der Renault ist im Rückraum nicht nur für Kinder gemacht. Allerdings machen sich hier die fehlenden Türen hinten bemerkbar. Beim Yaris ist der Ein- und Ausstieg kein Problem. Im Renault sitzt man zwar gut, doch der Weg auf die zweisitzige Rückbank ist nicht unbeschwerlich. Dennoch werden die großen Türen von unseren Redakteuren gelobt.

Auf Fahrer- und Beifahrersitz bieten beide Autos ausreichend Platz, auch für groß gewachsene Menschen. Bei der Größe des Kofferraums hat der Renault mit 230 Litern zwar knapp das Nachsehen gegen den Toyota mit 275 Litern. Doch der Twingo glänzt im Gegenzug mit einer Zuladung von 365 Kilogramm. Das sind 25 mehr als beim Yaris, bei dem nur 340 Kilo draufgepackt werden dürfen. Zudem kann der Twingo mit einem intelligenten System den Kofferraum noch bis zu 950 Liter erweitern. Doch hier kann der Yaris wieder vorbeiziehen. Klappt man bei ihm alles um, entstehen 1183 Liter Raum. Die Mechanismen funktionieren beim Yaris etwas besser. Das Umklappen der Rücksitze im Renault fiel unseren Testern nicht leicht, da beide Hände benötigt werden. Ein Balanceakt, der den sonst eher zu kleinen Kofferraum des Franzosen auf akzeptable Größe bringt.

Motorisierung: Beim Antrieb haben wir auf die stärksten Diesel-Motoren gesetzt. Daher ist der Toyota mit dem stärksten erhältlichen Diesel ausgerüstet und der Renault ebenfalls. Schließlich sollen beide auch auf der Autobahn bestehen und dabei kostengünstig fahren. Der Toyota fuhr mit dem etwas stärkeren 1.4 D-4D vor. Er erzeugt aus den 1,4 Litern Hubraum 90 PS und ein Drehmoment von 190 Newtonmeter. Er bringt einen 42-Liter-Tank mit, fährt in 10,7 Sekunden 0 auf 100 und erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 175 km/h. Da bleibt der Twingo mit 164 Kilometern pro Stunde nur kurz dahinter. Im Twingo arbeitet ein 1.5 cDi-Motor mit 64 PS. Der Franzose zeigt sich mit 160 Newtonmetern durchaus sprintstark und besitzt einen 40-Liter-Tank. Für den Sprint auf die 100 Kilometer pro Stunde braucht der Franzose 14,9 Sekunden. Doch der Toyota wirkt agiler, was durch den PS-Vorsprung nicht verwunderlich ist. Die Gasannahme ist direkter; gerade im Stadtverkehr wirkt der Yaris spritziger.

Beim Verbrauch kann der Renault dafür wirklich glänzen. In der Stadt lässt er sich mit sieben Litern und viel Fahrfreude bewegen. Wer es gemütlich angehen lässt, kommt problemlos auch mit fünf Litern hin. Der Schnitt unserer Tester lag bei knapp über fünf Liter. Sehr gute Werte für ein Auto, das überwiegend in der Stadt gefahren wurde. Der Yaris zeigte sich in der Praxis etwas durstiger als versprochen. Bei den Fahrten unserer Redakteure genehmigte sich der schicke Japaner eher einen Schnitt zwischen 5,5 und sechs Litern.

Design und Innenraum: Der Renault Twingo hat im Zuge der Neuauflage viel von seinem pfiffigen Charme verloren. Das fanden alle schade. Das ist zum einen der gemeinsamen Plattform mit dem Nissan Micra geschuldet. Zum anderen sollte das Auto auch weniger polarisieren. Die einhellige Meinung in der Redaktion ist allerdings, dass der Twingo dadurch langweiliger geworden ist. Im Innenraum hingegen ist schon eher Pep angesagt. Doch das Instrument hinter dem Lenkrad hat alle Probanden irritiert. Dort, wo die meisten Fahrer die Geschwindigkeitsanzeige erwarten, steht beim Twingo ein einsamer Drehzahlmesser. Die restlichen Anzeigen befinden sich auf der Mittelkonsole, sind digital und, wenn man sich daran gewöhnt hat dorthin zu schauen, sehr gut ablesbar.

Der Toyota ist das reifere Auto, der Renault dagegen ein sehr sparsames Gefährt.

Der Toyota ist das reifere Auto, der Renault dagegen ein sehr sparsames Gefährt.

Auch der Yaris zeigt seinen Passagieren auf der Mittelkonsole alle wichtigen Daten. In einem holografisch anmutenden Display werden alle wichtigen Daten übersichtlich präsentiert. Die Eingewöhnungszeit ist recht kurz. Dafür ist vom Beifahrersitz aus nichts zu erkennen. Das rief unterschiedliches Echo hervor. Meist fanden die Fahrer das gut und die Beifahrer weniger. Das restliche Interieur macht einen soliden und hochwertigen Eindruck. Hier ist doch auf den ersten Blick zu merken, dass der Yaris eine Klasse höher spielt als der Twingo.

Fazit: Beide Autos haben ihre Vorteile und sind sich als vernünftiges, geldsparendes Fortbewegungsmittel geeignet. Fahrten von 30 und mehr Kilometern zum Arbeitsplatz, auf Autobahn oder Landstraße, meistern sie annähernd gleich gut. Bei den Fahrleistungen hat der Twingo im Verhältnis leicht die Nase vorn, weil er für einen kleineren Anschaffungspreis weniger verbraucht und fast den gleichen Fahrspaß bietet. Beim Raumangebot muss sich der Twingo ebenfalls nicht verstecken. Doch in dieser Kategorie liegt der Yaris mit fünf Türen und mehr Platz im Kofferraum vorne. Im Innenraum schließlich macht sich der Preisunterschied doch bemerkbar. Hier bietet der Yaris die größere Reife und vermittelt einen wertigeren Eindruck.

Setzt man zu diesen Ergebnissen die Kosten in Relation, dann mündet der Vergleich der Ungleichen in ein Unentschieden. Der Toyota Yaris bietet ein grundsolides und wertvolles Stück Auto, das kaum Wünsche offen lässt. Dafür kostet er aber auch rund 4000 Euro mehr. Der Renault Twingo leistet sich keine entscheidenden Schwächen, zieht aber in einigen Punkten doch den Kürzeren. Wer jedoch wirklich Geld sparen möchte, wird sich von diesen Dingen nicht wirklich abschrecken lassen. Ist das Budget das entscheidende Argument, liegt der Griff zum Twingo nahe. Soll es doch etwas mehr Komfort sein, dann wird der Yaris die Kunden überzeugen.

Quelle: ntv.de, Von Markus Mechnich

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