Praxistest

Fortschritt auch im Stillstand Neues 3er-Cabrio mit Stahldach

von Axel F. Busse

Herber Rückschlag für die Tuchindustrie: Auch BMW sagt dem Stoffverdeck "Adieu" und lässt die Passagiere des neuen 3er Cabrios unter einer festen Haube das Sommergewitter überstehen. Man habe, so heißt es bei BMW, auch die Stoffvariante geprüft, unter dem Eindruck der geringfügigen Designänderungen, die das Stahldach erforderlich machte, sich aber für die stabilere Version entschieden. In jedem Fall schleppt das Cabrio rund 200 Kilo Mehrgewicht mit sich herum, denn bei der Stabilität der Karosse durfte es natürlich keine Kompromisse geben.

Doch im Gegensatz zu verschiedenen Kompakt- und Kleinwagen-Modellen, denen die Installation eines mehrteiligen Klappdachs ein seltsam geblähtes Hinterteil bescherte, hat BMW die Form gewahrt. Und zwar so, dass auch noch die Maße des Coupés unterschritten werden. Die dreiteilige Haube ist zudem nicht aus Verbundwerkstoff, sondern aus schlichtem Stahlblech gefertigt.

Seitlich durchgehend offen

Um das Dach zu bewegen, muss das Fahrzeug stehen. Andere Hersteller erlauben ihren Fahrern, auch in Bewegung das Dach zu öffnen und zu schließen. Dem Verdacht, technisch nicht auf der Höhe der Zeit zu sein, begegnet BMW mit amtlichem Argument. Da das Kennzeichen auf der Kofferraumklappe sitze, wäre es das Nummernschild während der Dachbewegung kurzzeitig nicht sichtbar. Die Straßenverkehrsordnung in Deutschland lässt es aber nicht zu, dass ein Fahrzeug ohne Nummernschild unterwegs ist. Eine Versetzung des Kennzeichens auf den Stoßfänger hätte jedoch eine Designänderung bedeutet, die man nicht eingehen wollte.

Dass die Autos bei der Pressepräsentation im sonst so sonnigen Arizona vornehmlich im geschlossenen Zustand zu sehen waren, ist zu verschmerzen. Die fehlende B-Säule erlaubt ein komplettes Versenken der verglasten Seitenfläche, was gegenüber dem Festdach-Coupé eine raffinierte Abweichung bedeutet und der Gesamtoptik des Cabrios sehr zugute kommt.

Im rückwärtigen Teil des Autos, aber nicht so offen-kundig wie das Cabriodach, befindet sich auch eine weitere Innovation des Modells, das ab März bei den Händlern stehen soll. Die Durchladeeinrichtung, die ein rund 40 Zentimeter großes Loch in die Wand zum Kofferabteil schlägt, muss nicht deshalb gleich verrissen werden, weil Audi beim TT-Roadster zuerst mit der Idee auf den Markt kam. Im Übrigen ist die Konstruktion so gedacht, dass die Rückenlehne umgelegt wird, um sie auch als Abstellplatz für Gepäck nutzen zu können.

Kerniger Sound im Doppelturbo

Wie charmant klingt doch die Idee, mit dem Cabrio in den Skiurlaub zu fahren und das Sportgerät gleich im Kofferraum zu verstauen? Da sind übrigens 350 Liter Platz, wenn das Dach geschlossen ist - offen reduziert sich das Volumen auf 210 Liter. Das mag für vier Insassen etwas knapp erscheinen, denn es ist ungefähr so viel, wie der Mazda MX5 CC für seine zwei Passagiere vorhält.

Das Cockpit zeigt die übliche BMW-Architektur mit der Abweichung, dass aus Sicht des Fahrers hinter dem i-Drive-Regler noch der Klappschalter für das Verdeck liegt. Dankenswerter Weise folgt seine Betätigung der Logik der sich bewegenden Dachteile -"öffnen" nach hinten, "schließen" nach vorn. Der Vorgang dauert fast 25 Sekunden, nicht besonders schnell. Wer aber gesehen hat, welch aufwändige Mechanik dort am Werke ist, wird nachsichtig. Für eine bessere Belademöglichkeit bei geöffnetem Dach ist noch ein Klappmechanismus vorgesehen, der die Dachteile anhebt, damit man an das Staufach besser herankommt.

Das bei der Präsentation verfügbare 335i-Cabrio hat wegen des Mehrgewichts gegenüber dem Coupé zwar geringfügige Dynamik-Defizite, die jedoch durch die mögliche Freiluft-Komponente mehr als ausgeglichen werden. 306 PS schieben in jedem Fall gut an, und das offen Fahren ist jenseits von 160 km/h ohnehin nur noch für wenige ein Vergnügen. Die leicht nach innen geneigten Seitenscheiben schotten gut gegen Luftzug ab, auf jeden Fall sollte man sich aber für unverschämte 320 Euro das Windschott gönnen, denn die Wirbelbildung hinter den Frontpassagieren ist doch beträchtlich.

Im offenen Fahrbetrieb wird das sprichwörtliche BMW-Fahrvergnügen durch eine akustische Komponente bereichert, denn der Sechszylinder-Biturbo spricht in seiner gesamten Drehfreudigkeit eine kernige Sprache. Die ist auch mit geschlossenem Verdeck kaum weniger deutlich. Wie die geringer motorisierten Varianten klingen, muss ein späterer Test erweisen.

Die Möglichkeit, für weniger als 40.000 Euro die neue Open-Air-Qualität aus dem BMW-Repertoire zu erleben, ist nur von theoretischer Natur. Zwar beginnt die Preisliste bei 39.900 Euro für das Vierzylinder-Modell 320i, dazu kommt das unverzichtbare Windschott, und ob die 170 PS mit dem 1.670 Kilo schweren Auto so vergnüglich fertig werden, wie der 335i mit seinen 1.850 Kilo ist noch fraglich. Also, ruhig schon mal anfangen zu sparen, schließlich kostet das Topmodell auch "nur" rund 10.000 Euro mehr.

Quelle: ntv.de

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