Lust auf Laster Origineller Pickup von Mitsubishi
09.11.2006, 09:14 UhrVon Axel F. Busse
Wer in Deutschland Pick-Ups verkaufen will, lässt sich auf ein schwieriges Geschäft ein. Die Mini-Laster mit offener Ladefläche, häufig allradgetrieben und mit zwei- oder viersitzigen Kabinen sind zwar in Amerika kultige Allzweckmobile und Ausdruck eines speziellen Lebensgefühls - hierzulande kann ein Hersteller schon in Jubel ausbrechen, wenn sein Modell unter den Pkw-Zulassungen 100 Stück pro Jahr ausmacht.
Die Abwehrbereitschaft deutscher Autofahrer gegen die hochbeinigen Lieferwagen motiviert vor allem fernöstliche Hersteller immer wieder zu Anstrengungen, den Pick-Up hoffähig zu machen. Nach dem Motto "morgens auf'n Bau, abends ins Theater" soll der Pick-Up zum Allrounder, das Fahren zum Lifestyle-Statement. Toyota Hilux, Mazdas B-Serie, Nissan Navara und auch der Ssang Yong Musso Pickup sind Vertreter dieser Spezies.
Weg vom kantigen Nutzfahrzeug
Mitsubishi hat mit dem neuen L 200 vor allem auf Design gesetzt. Weg vom kantigen Charakter des Nutzfahrzeugs, hin zu rundlichen Formen beim Kabinenzuschnitt, Aluminium- und Chromapplikationen sollen die Lust auf Laster wecken. Groß dimensionierte Radkästen machen den L 200 zu einer bulligen und auffälligen Erscheinung. Mit Doppelkabine und 136 PS starkem 2,5-Liter-Dieselmotor kostet er 22.300 Euro und bietet zuschaltbaren Allradantrieb unterhalb des SUV-Niveaus gleicher Marke.
Der Innenraum der Doppelkabine ist zwar von zweckorientierter Schlichtheit, das Platzangebot muss sich aber vor dem eines Pkw nicht verstecken. Vor allem die Kopffreiheit hinten kann mancher Limousine als Vorbild dienen. Den Kunststoffoberflächen fehlt etwas die wohnliche Ausstrahlung, dafür sind sie robust und unempfindlich gegen Schmutz - kann ja sein, dass doch mal jemand mit verdrecktem Arbeitskombi zusteigt. Eine versenkbare Heckscheibe macht die Kabine im Bedarfsfalle zu einem halboffenen Vergnügen.
Ist der 2,5-Liter-Selbstzünder erst einmal gestartet, lässt er die Insassen keine Sekunde im Unklaren darüber, dass erst die Arbeit und dann das Vergnügen kommt. Ein herzhaftes Nagelgeräusch begleitet jede Gashebelbewegung, die aufrechte Sitzposition des Fahrers, das ausladende Lenkrad und die langen Schaltwege fördern die Ausschüttung von Glückshormonen bei jedem, der schon als Kind Brummifahrer werden wollte. Im Ernst: Die Handhabung eines Autos wie des L 200 vermittelt ein Fahrgefühl, das bei aller Unzulänglichkeit einen ganz speziellen Charme versprüht. Keinem Pkw würde man den Schallpegel, das Nachwippen der Karosse oder die Seitenneigung in schnellen Kurven verzeihen - beim Pick-Up gehört das alles zum Gesamtkunstwerk.
Kaum Gewicht auf der Hinterachse
Die gähnend langen 18 Sekunden beim Sprint von null auf 100? Fast zwölf Meter Wendekreis? Geschenkt! Wer will schon wissen, dass es bei Tachoanzeige 180 effektiv nur 165 km/h sind? Viel erfreulicher ist, dass die Fahrgeräusche dann auch nicht lauter sind als bei Tempo 100, der Komfort trotz schlichter Fahrwerkstechnik akzeptabel ist und man ohne Bleifuß sogar mit unter zehn Litern Diesel je 100 km Strecke auskommt. Apropos Fahrwerk: Ein Stabilitätsprogramm ist in der Ausstattungslinie Intense serienmäßig vorhanden und es macht einen Heidenspaß, es in Betrieb zu setzen. Man bracht nur auf Heckantrieb umschalten und auf eine feuchte Fahrbahn zu warten. Da außer der massiven Heckklappe nichts die hintere Achse beschwert, ist der L 200 ganz leicht ins Wedeln zu bringen.
Im Gelände macht er mit seinen 20 Zentimetern Bodenfreiheit und eine schaltbaren Getriebeuntersetzung eine gute Figur. Die Bremsen sind dem Zweitonner problemlos gewachsen. Wer seinen Wochenendeinkauf weder auf der Rückbank, noch auf der (mit schicken verchromten Befestigungsösen ausgestatteten) Pritsche transportieren will, kann eine Abdeckung oder ein Hardtop dazu kaufen. Auf der 1,33 Meter langen Ladefläche dürften sonst wohl eher die Gerätschaften von Bergsteigern, Tauchern oder Drachenfliegern Platz finden. Bei noch mehr Transportbedarf empfiehlt sich ein Anhänger; bis zu 2,7 Tonnen nimmt er auf die Kupplung, das maximale Drehmoment von 314 Nm erreicht der Diesel bei 2 000 Umdrehungen.
Gewiss kann man für mehr als 20.000 Euro bequemer oder schneller von A nach B kommen. Die Originalität dieses Fahrzeugskonzept und das eingebaute "Freiheit-und-Abenteuer"-Gefühl entschädigen aber für machen Zwangs-Kompromiss.
Technische Daten
Länge/Breite/Höhe: 5080/1800/1780 mm/
Bodenfreiheit 205 mm,
Leergewicht 2070 Kilogramm
Zuladung 775 Kilogramm
Anhängelast gebremst 2,7 Tonnen;
Vierzylinder-2,5-Liter-Turbodiesel mit 100 kW/136 PS Leistung
max. Drehmoment 314 Nm bei 2 000 U/min
Höchstgeschwindigkeit 165 km/h
0-100 km/h in 17,8 Sekunden
Testverbrauch: 9,8 Liter Diesel/ 100 km
Quelle: ntv.de