Kleiner Macho, großer Klappe Seat Ibiza ST - Gestreckter Sportfreund
31.05.2013, 10:35 Uhr
Scharf gezeichnet, will auch der gestreckte Ibiza seine sportliche Note nach außen tragen.
(Foto: Holger Preiss)
Mit dem Seat Ibiza ST bieten die Spanier eine Karosserievariante, die die Wolfsburger seit 2001 vermissen lassen. Und weil die Kombination aus Kleinwagen und Kombi so selten geworden ist, hat n-tv.de den Sport Tourer unter die Füße genommen, um herauszufinden, ob Preis und Leistung in Einklag stehen.
Wer ein kleines Auto will, der schätzt den geringen Preis, die Wendigkeit im Gewühl der Städte und grämt sich oft über die geringen Zulademöglichkeiten. Als VW seiner Zeit das Problem erkannte, stellte man dem Polo ab 1997 einen Variant an die Seite. So richtig verkaufte der sich nicht und so verschob man diese Problematik ab 2001 auf die Schwesterunternehmen. Die Ersten, die mit einem Kombi in diesem Segment Geld verdienen konnten, waren die Tschechen. Mit dem Fabia Combi brachte Skoda einen kleinen Familientransporter auf die Straße, der sich im Vergleich zum Seat Cordoba ST erstaunlich gut verkaufte. Der Fabia mit Ladevolumen erfreute sich vor allem im Osten Deutschlands großer Beliebtheit und war etwas für Leute, die weniger auf Dynamik, als vielmehr auf Alltagstauglichkeit Wert legten.
Der sportliche "Polo"
Bei Seats Ibiza ist das etwas anders. Die Spanier haben ihren Poloverschnitt in der neuesten Auflage konsequent dynamisiert. Die scharfen Linien fügen sich in die neue Designsprache, die auch dem großen Bruder Leon seine markante Form verleiht. Der Kühlergrill ist in der zweiten Generation nun trapezförmig gestaltet und wird von scharfkantigen Scheinwerfern flankiert. Niedlich ist anders und fast möchte man meinen, dass die Augen im Rückspiegel Vorausfahrender böse aufblitzen müssen. Dieser Eindruck wird noch unterstrichen, wenn das optionale Tagfahrlicht für 890 Euro dazugebucht wird. Mit enthalten sind hier auch Bi-Xenon-Scheinwerfer mit Kurvenlicht sowie Heckleuchten mit LED-Technik.

430 Liter schluckt der Kofferraum des Seat Ibiza ST bei aufrechter Rückbank.
(Foto: Seat Deutschland)
Mit dem Ibiza ST möchte Seat vor allem denen eine Alternative bieten, die nicht viel Geld ausgeben wollen, sich aber etwas mehr Raum unter der Heckklappe wünschen. Immerhin schluckt der ST – und ST steht hier für "Sport Tourer" – für einen Kleinwagen beachtliche 430 Liter. Bei umgeklappter Rückbank sind es sogar 1164 Liter. Wobei hier leider keine ebene Ladefläche entsteht. Taucherflaschen oder Kletter-Equipment verschwinden problemlos hinter der großen Heckklappe, müssen aber über die kleine Stufe zwischen Ladekante und Kofferraumboden gewuchtet werden. Dafür gibt es Taschenhaken und unter der Hutablage befindet sich ein Staufach, in dem sich bequem der Regenschirm und anderer Kleinkram verstauen lässt. Auch das Reisegepäck für vier wäre gut unterzubringen, wenn da nicht der Platz im Fond wäre.
Kein Platz für den großen Durst
In der zweiten Reihe, und da bleibt der Ibiza ST dann eben doch ein Kleinwagen, wird es nämlich eng. Für Kinder, weil die Füße zwangsläufig an die Rückenlehne stoßen, für Erwachsene, weil die Sitzauflage im Fond doch relativ kurz geraten ist. Hinzu kommt, dass die Rückenlehne des Vordermannes schon sehr steil stehen muss, dass man sich nicht die Knie wetzt. Über die Beschaffenheit der Bestuhlung im Allgemeinen gibt es aber wenig zu meckern. Sie ist straff, bietet ausreichend Seitenhalt und die Oberschenkelauflage der Vordersitze geht auch für großgewachsene Menschen in Ordnung. Allerdings wünschte man sich deutlich mehr Ablageflächen und Stauraum rund um die Sitzpolster. Vor allem Flaschen finden so gar keinen Platz und die Becherhalter unter der Mittelkonsole sind eher etwas für den Medium-Kaffee denn für den großen Durst.
Der Arbeitsplatz des Fahrers ist aufgeräumt. Die Informationseinheit zwischen den mit Chromspangen gerahmten Rundinstrumenten ist gut einzusehen. Die Bedienelemente sind VW-like angebracht und allesamt gut zu erreichen. Die Schwünge in der Armatur sind kühn, der Struktur-, Farb- und Materialwechsel aber eher Geschmackssache. Wer eine Kombination aus Navi und Entertainment-System haben möchte, muss in der Ausstattungslinie Style noch einmal tief in die Tasche greifen. Für das von Navigon gelieferte portable System werden satte 975 Euro aufgerufen. Viel Geld, wenn man bedenkt, dass es lediglich mit einer festen Halterung auf die Armatur aufgesteckt wird.
Dafür hat man jetzt auf einem 5-Zoll-Farbtouchscreen neben den Fahrzeuganzeigen Bluetooth Audio und Freisprecheinrichtung – die nach Aussagen von Telefonpartnern allerdings qualitativ zu wünschen übrig lässt – sowie Live-Funktionen für Verkehr und Wetter. Gesteuert wird das teure Modul leider nicht über Bedienelemente am Lenkrad, sondern durch einen Satelliten, der links am Lenkrad unter dem Blinkhebel angebracht ist. Vier Lautsprecher vorn und zwei in den hinteren Türen sorgen für einen ordentlichen Sound. Einen USB-Anschluss sucht man vergeblich, lediglich einen AUX-Eingang beherbergt die Einheit.
Kleiner Macho hat seinen Preis
Dafür zeigt sich während des Tests, dass der 1,2-Liter Turbo-Benziner mit 105 PS für den Ibiza ST ausreichend und somit eine gute Wahl ist. Zum einen gibt er sich mit 6,8 Litern leidlich genügsam, zum anderen erweist er sich auf langen Autobahnstrecken als guter Marschierer. Wer will, kann den Burschen sogar an die 200 km/h-Marke treiben, muss dann aber mit einem deutlich höheren Verbrauch rechnen. Aber selbst bei diesen Geschwindigkeiten bleibt es im Innenraum erstaunlich ruhig. Schade, dass es den Schalter nur mit Fünfganggetriebe gibt. Gerade auf der Autobahn würde man sich über die Nummer sechs freuen. Den Sprint auf Tempo 100 erledigt der Spanier in 10,2 Sekunden. Beim flotten Ampelstart reißen die 175 Newtonmeter Drehmoment ordentlich an der Vorderachse, so dass das serienmäßige ESP vorsorglich eingreift, bevor die Traktion des knapp eine Tonne schweren Iberers flöten geht. Solange der Sport Tourer im höheren Drehzahlbereich gehalten wird, hängt er auch ordentlich am Gas. Etwas schwerer wird es, ihn ohne Schaltvorgang aus dem Drehzahlkeller zu bewegen.
Das Fahrvergnügen wird durch das modifizierte Fahrwerk verstärkt. Die meisten Straßenunebenheiten schluckt der kleine Kombi locker weg. Lediglich größere Querfugen werden schon mal an die Insassen weitergereicht. Auch schnelle Kurvenfahrten sind mit dem ST kein Problem, zumal die direkt ansprechende Lenkung, die vom Konzernbruder Polo geborgt ist, deutlich sportlicher abgestimmt ist, ohne dabei ruppig zu werden. Allerdings hat der sportliche Zwerg mit Kofferraum seinen Preis. Kostet der Basisbenziner mit 60 PS noch ab 12.450 Euro, rauscht der Testwagen locker über die 20.000-Euro-Marke. Das ist eine Menge Geld für einen Kleinwagen, auch wenn er verdammt gut aussieht. Dafür kann sich der Käufer aber sicher sein, dass er keinen niedlichen Zwerg, sondern einen kleinen Macho fährt.
Fazit: Mit einem Gesamtpreis von 21.630 Euro ist der Seat Ibiza keine Billigheimer. Allerdings gibt es die sportliche Optik, den flotten Benziner mit 105 PS und das Fahrwerk schon ab 17.310 Euro. Ob man die zusätzlichen Features benötigt, muss jeder für sich entscheiden. Wer einen sportlichen Begleiter sucht, der in der Stadt wendig unterwegs ist und auch mit ordentlich Zuladung auf der Autobahn bestehen kann, der hat im Seat Ibiza ST jedenfalls eine bedenkenswerte Option gefunden.
DATENBLATT | Seat Ibiza Style 1,2 TSI |
Abmessungen (Länge/Breite/Höhe) | 4,24/ 1,69/ 1,45 m |
Radstand | 2,47 m |
Leergewicht (DIN) | 1090 kg |
Sitzplätze | 5 |
Ladevolumen | 430 Liter/ 1160 Liter |
Emissionsklasse | EU 5 |
Motor/Hubraum | 1,2-Liter Vierzylinder mit Turboaufladung |
Getriebe | 5-Gang-Schaltgetriebe |
Leistung | 105PS (77 kW) bei 5000 U/min |
Kraftstoffart | Benzin |
Antrieb | Frontantrieb |
Höchstgeschwindigkeit | 190 km/h |
max. Drehmoment | 175 Nm bei 1550 - 4100 U/min |
Tankinhalt | 45 l |
Beschleunigung 0-100 km/h | 10,2 s |
Normverbrauch (innerorts/außerorts/kombiniert) | 6,8/ 4,5/ 5,1 |
Testverbrauch | 6,8 l |
CO2-Emissionen (Normverbrauch) | 119 g/km |
Grundpreis | 17.310 Euro |
Preis des Testwagens | 21.630 Euro |
Quelle: ntv.de