Mit 12 Zylindern durch die Natur VW zeigt den neuen Touareg
13.02.2007, 10:27 UhrVon Axel F. Busse
Klimakatastrophe? Abgasdiskussion? Verbrauchsdebatte? Auf welchem Planeten hat das doch gleich stattgefunden? Scheinbar unbeeindruckt vom neu belebten Umweltdiskurs rüstet Europas größter Autokonzern seinen Geländewagen Touareg weiterhin mit einem Zwölfender aus: Wo die Konkurrenz von BMW, Mercedes oder Porsche mit maximal acht Zylinder großen Benzinmotoren operiert, die Jeeps oder Range Rovers gleichfalls V8-Aggregate montieren, stellt VW den weltweit einzigen Zwölfzylinder in einem SUV auf die Räder.
Doch man kann den Wolfsburgern das nur bedingt zum Vorwurf machen: das kostspielige Gerät (zuletzt ab 97.150 Euro) gäbe es nicht, wenn nicht die Marktforschung einen – wenn auch winzigen – Bedarf dafür ermittelt hätte. Gerade unter den zahlungskräftigeren Kunden gibt es immer welche, die ein paar Zylinder oder PS mehr brauchen als der Nachbar. Und außerdem ist das nächste Dutzend nicht weit – Audi hat seinen Le-Mans-Sieger-TDI schon für den Q7 angekündigt. Vom Touareg W12 waren vor dem Facelift weltweit rund 1.000 Stück abgesetzt worden, und zwar vor allem dort, wo Sparsamkeits-Befindlichkeiten eine untergeordnete Rolle spielen: Im arabischen Raum, in China und Japan.
Niemand solle behaupten, dass VW sich um die Umweltproblematik nicht kümmere: Der neue Entwicklungsvorstand Dr. Ulrich Hackenberg nahm denn auch auf der Präsentation des neuen Modells etwaigen Kritikern gleich den Wind aus den Segeln: Ein Touareg mit Hybridantrieb werde voraussichtlich 2009 kommen, ein sauberer Diesel soll in den USA angeboten werden. Man habe, so Hackenberg, "das Thema Umwelt im Focus". Nur auf eine abgespeckte Variante à la Blue Motion, wie demnächst beim Passat, wird man beim Touareg wohl vergeblich warten.
Stattdessen gibt es in dem Geländegänger zwei neue FSI-Motoren. Die Direkteinspritzung verspricht bekanntlich mehr Leistung bei geringerem Verbrauch. Für den neuen V6 (mit 280 PS) bedeutet das einen Normverbrauch von 13,6 Litern, für den V8 FSI (350 PS) von 13,8 Litern. Nicht eben wenig, aber schließlich wiegt das fahrfertige Auto auch mindestens 2,2 bzw. 2,3 Tonnen.
Gefahren werden die Schwergewichte dennoch mit leichter Hand. Die Lenkung ist ebenso leichtgängig wie direkt, die wuchtige Karosse ist übersichtlich und das Ansprechverhalten spontan. Die Kosmetik des Äußeren setzte beim Grill, den Scheinwerfern, Rücklichtern, Stoßfängern und Spiegeln an. Warum großartig etwas ändern bei einem Auto, das seit 2002 rund 300.000 Kunden gut gefiel?
Nach wie vor im Programm ist der Reihenfünfzylinder, der mit 174 PS das Auto zwar nicht zum Sportler macht, dafür aber mit 10,4 Litern Kraftstoff auskommt. Rund ein Viertel der Käufer bevorzugte dieses Modell, was keinen Grund erkennen lässt, die Modellreihe beim V6 TDI mit 225 PS beginnen zu lassen. Der verbraucht zwar auch nicht mehr, kostet aber in der Anschaffung gegenüber dem Fünfzylinder (42.100 Euro) knapp 4.000 Euro Aufschlag. Auch der gewaltige Zehnzylinder-Diesel, der mit enormen 750 Newtonmetern Drehmoment anschiebt, bleibt im Programm.
Für mehr Sicherheit wurde an der Regeltechnik geschraubt. Es gibt es jetzt ein ABSplus genanntes Bremssystem, das auf losen Untergrund ein kleinen Berg Schotter, Sand oder Schnee vor den Rädern zulässt und so für zusätzliche Verzögerung sorgt. Es gibt einen Roll-Over-Sensor, der bei drohendem Überschlag vorsorglich die Seitenairbags auslöst. Und es gibt ein Abstandsradar, das die Temporegelung so beeinflusst, dass das Fahrzeug vor Hindernissen automatisch bis zum Stillstand gebracht werden kann.
Ähnlich wie beim BMW X5 oder dem Schwestermodell von Porsche, dem Cayenne, gibt es auch eine Wankstabilisierung. Beim Touareg wird sie jedoch nicht durch Pumpen in den Stabilisatoren erzeugt, sondern durch individuelle Ansteuerung der Luftdruckstoßdämpfer. Im Gelände gibt sich der Touareg, der im Gegensatz zu weichgespülten Mitbewerbern über eine volle Offroad-Ausstattung mit Untersetzung und Sperrdifferenzial verfügt, keine Blöße. Die ausgereifte Technik stellt auch an Fahrer mit wenig Geländeerfahrung keine besonderen Anforderungen – nur, dass die wenigsten Touaregs jemals in ihrem Autoleben etwas anderes als Asphalt unter die Räder bekommen.
Also alles appetitlich beim Touareg? Für Feinschmecker sogar noch ein bisschen mehr. Zwar steht der Preis des Zwölfzylinders noch nicht fest, aber er soll den Kunden so richtig schmackhaft gemacht werden. Frei nach dem Motto "im Dutzend billiger" könnte, so ist zu hören, das künftige Eintrittsgeld in den Club der Spitzenmotorisierung geringfügig unter dem des Vorgängers liegen.
Quelle: ntv.de