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Wenn das System dein Erbgut will Bei "Orphan Black" ist kein Klon sicher

In Staffel zwei von "Orphan Black" ist für Sarah ungewisser denn je, wem sie vertrauen kann.

In Staffel zwei von "Orphan Black" ist für Sarah ungewisser denn je, wem sie vertrauen kann.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Eine Gruppe junger Frauen rebelliert gegen die Mächtigen. Nur ist ihr Aufstand kein politischer. Sie wollen sich Entscheidungsgewalt über ihr Genmaterial erkämpfen. Doch gerade, als sie meinen, das System durchschaut zu haben, öffnet sich ein neuer Abgrund.

"Ich heiße Sarah Manning und das ist meine bedingungslose Kapitulation." Mit Worten, die man seine Heldin eigentlich nie sagen hören möchte, beginnt die letzte Episode von Staffel zwei der US-Serie "Orphan Black". In Sarahs Fall muss man da vielleicht etwas nachsichtiger sein. Sie ist das lose Ende eines streng geheimen Überexperiments: Sie ist ein Klon, und zwar einer, der sich sein Leben nicht von Strippenziehern mit hohen Forschungsbudgets diktieren lassen mag. Ihre Rebellion hat nur einen Haken: Das System hat ihre kleine Tochter.

Zu einer guten Klon-Geschichte gehört aber nicht erst seit Kazuo Ishiguros "Alles, was wir geben mussten" mehr als das Aufbegehren. Es ist vor allem die Ohnmacht derer, an deren Genom hinter verschlossenen Labortüren herumdesignt wurde, die für die gerade richtige Dosis Pathos im modernen Bedrohungsszenario sorgt. Im Bewegtbildformat haben Geschichten über Klone einen klaren Nachteil: Eineiige Zwillinge lassen sich vielleicht noch casten, bei Drillingen dürfte die Nummer schon schwieriger werden. Wo andere Produktionen scheiterten, liegt jedoch die große Stärke von "Orphan Black". Tatiana Maslany mimte mittlerweile acht verschiede Ausführungen des gleichen Genmaterials und das ziemlich gut. Aber von vorn.

Klon-Enthusiasten vs. religiöse Fanatiker

Ohne die Hilfe ihrer Klon-Schwestern wäre Sarah nicht weit gekommen.

Ohne die Hilfe ihrer Klon-Schwestern wäre Sarah nicht weit gekommen.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

"Orphan Black" ist die Geschichte von Enfant Terrible Sarah Manning, einem Pflegekind, das zu früh schwanger wurde, sich mit den falschen Männern herumtrieb und schließlich Zeugin eines Selbstmords wurde. Nur einen kurzen Blick kann sie auf die Frau werfen, bevor diese sich vor die einfahrende Bahn schmeißt: Sie sieht genauso aus wie Sarah. Weil Sarah eher knapp bei Kasse und nun vermutlich auch neugierig ist, schnappt sie sich die Tasche der Fremden und nimmt Reißaus, noch bevor die Polizei anrückt.

Die erste Staffel der BBC-America-Show erzählt, wie Sarah ihre Klon-Schwestern aufspürt, wie die Frauen gemeinsam versuchen, sich gegenüber dem mächtigen Forschungsinstitut Dyad zu emanzipieren, und sie erklärt, wer in puncto Klon-Technik noch alles ein Wörtchen mitzureden hat - neben den Wissenschaftsenthusiasten nämlich auch religiöse Eiferer.

ACHTUNG SPOILER

"Orphan Black" war mal ein ziemlich guter Thriller. Die Show hatte starke Charaktere - zum Beispiel Sarahs großartigen Bruder Felix, die Show hatte Tempo, Gefahr und Witz, ja auch ein paar scharfe Sexszenen. Es wäre unfair, ihr all das nach Ende der zweiten Staffel abzusprechen. Die Macher haben es jedoch maßlos übertrieben.

Folge für Folge nerven Sarahs treudoof dreinguckende Tochter Kira und ihr permanent offen stehender Mund. Das Kind ist der Schlüssel zur Heilung der eigentlich unheilbar kranken Cosima. Irgendwann steht auch der Erzeuger in Heldenpose auf der Matte. Es nervt ebenso Sarahs Pflegemutter Mrs. S., die im 20-Minuten-Takt mal gut mal böse zu sein scheint. Nicht weniger anstrengend: Cosima verzettelt sich in ihrer lesbischen Liebschaft mit Wissenschaftlerin Delphine, die sich einfach nicht entscheiden kann zwischen der bösen spannenden Forschung und der Frau an ihrer Seite. Dafür, dass das Staffelfinale ihre Rettung in Aussicht stellt, wurde zuvor ordentlich fest auf die Tränendrüse gedrückt. Vor dem Hintergrund, dass die grausame Rachel wiederum zur Maschine dressiert ist, erliegt sie besorgniserregend häufig ihren überkochenden Emotionen. Und dann war da noch diese seltsame Tanz-Szene.

So hat dann auch der ganz große Coup der Staffel einen mehr als faden Beigeschmack. Die letzte Folge enthüllt: Es gibt zwei Klon-Programme - mindestens. Einem entstammen die Frauen, eins hat Männer hervorgebracht und einen davon kennt der Zuschauer bereits. Was den Machern vielleicht wie die ganz große Wende hin zu noch viel finstereren Machenschaften schien, wirkt wie ein Gefallen, um den man nicht gebeten hat. "Orphan Black" braucht keine neuen Charaktere, Maslany trägt die Serie weitestgehend selbst, und "Orphan Black" braucht auch nicht noch mehr Handlungsstränge. Die Show hat in den vergangenen zehn Folgen einfach zu viel gewollt. Jetzt muss sie zurück auf Kurs gebracht werden: Mehr Alison, mehr Helena. Dann klappt das auch mit Staffel drei.

Sarah bekommt ihre Tochter übrigens noch vor dem Staffelfinale wieder - das ging am Ende nicht nur erstaunlich schnell, sondern auch ziemlich einfach.

Quelle: ntv.de

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