Unterhaltung

Weil's ums Geld geht Dieter Bohlen ist ein Künstler

Wer hätte das gedacht? Dieter Bohlen ist nach höchstrichterlicher Entscheidung kein Experte. Sprücheklopfen ist eben auch eine Kunst; das Niveau ist Wurscht.

Bei DSDS muss der Dieter nicht singen, sondern nur Sprüche klopfen. Aber auch das ist ja eine Kunst.

Bei DSDS muss der Dieter nicht singen, sondern nur Sprüche klopfen. Aber auch das ist ja eine Kunst.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Dieter Bohlens flotte Sprüche in "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS) sind Kunst – und damit ist der Dieter nach höchstrichterlichem Urteil ein Künstler. Für ihn und die anderen Juroren der beliebten Fernsehshow müsse der Sender RTL daher Künstlersozialabgabe zahlen, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel.

Damit muss RTL als Arbeitgeber von Bohlen und den drei anderen Juroren der Show Abgaben von gut 173.000 Euro allein für die ersten beiden Staffeln nachzahlen. RTL hatte die vier als "Experten" gesehen, weil sie in der Show ja nicht singen. Die Richter folgten jedoch der Sozialkasse: Die Jury sei wesentlicher Teil des Unterhaltungskonzepts von DSDS, "ohne sie würde die Sendung nicht funktionieren". (Az: B 3 KS 4/08 R)

Vier Millionen Euro Honorar für zwei Staffeln

Für die ersten beiden DSDS-Staffeln 2002 bis 2004 hatte RTL den Jury-Mitgliedern Honorare von vier Millionen Euro gezahlt. Laut Vertrag waren die Juroren zu "eigenschöpferischen, höchstpersönlichen Leistungen" verpflichtet. Entsprechend lieferte der Musikproduzent Bohlen als bekanntester Juror in der TV-Show regelmäßig flotte Sprüche an die Adresse der jungen Sängerinnen und Sänger wie "Aus einem verkniffenen Arsch kommt kein befreiter Furz" oder "Du hast so viel Stimme, wie ein Spatz Fleisch auf der Kniescheibe".

Kasse will Versicherungsbeträge haben

Die Künstlersozialkasse, eine gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung für freie Künstler und Publizisten, forderte daher Beiträge in Höhe von 173.500 Euro für die Honorare. RTL weigerte sich, zu zahlen: Die Hauptarbeit der Jurymitglieder sei die Bewertung der zigtausend Kandidaten. Allein bei der im September 2003 gestarteten zweiten Staffel hatten sich 160.000 Kandidaten beworben. "Es geht um eine Demokratisierung der Möglichkeit, Superstar zu werden", trug RTL-Anwalt Martin Reufels vor.

"Gestaltungshöhe" ist nicht maßgebend

Das waren noch Zeiten, als der Dieter mit dem Thomas Anders als "Modern Talking" (Archivbild vom Oktober 1985) auf der Bühne stand und richtig singender Künstler war! Bohlen und Anders sollen zwischen 1985 und 1987 weltweit rund 50 Millionen Platten verkauft haben.

Das waren noch Zeiten, als der Dieter mit dem Thomas Anders als "Modern Talking" (Archivbild vom Oktober 1985) auf der Bühne stand und richtig singender Künstler war! Bohlen und Anders sollen zwischen 1985 und 1987 weltweit rund 50 Millionen Platten verkauft haben.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Die obersten Sozialrichter, die am Vorabend Sendeausschnitte im Umfang mehrerer Stunden in Augenschein genommen hatten, sahen das anders. Die Jury agiere nicht als "Fachjury mit Expertenstatus", sondern sei wesentlicher Teil des Unterhaltungskonzepts von DSDS. Kern sei dabei die spontane und comedy-artige Reaktion der Jury auf die Kandidaten. "Die Leute werden vorgeführt und führen sich selber vor", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Hambüchen. Dass Bohlens unterhaltsame Sprüche teilweise unter der Gürtellinie treffen und "die Grenzen des guten Geschmacks übersteigen", spiele keine Rolle. Denn auf die Qualität und "Gestaltungshöhe" der unterhaltenden Kunst komme es bei der Künstlersozialabgabe nicht an.

Musik-Castingshows zählen zu den erfolgreichsten Fernsehformaten überhaupt. Das Konzept für DSDS stammt aus England und wurde nach BSG-Angaben weltweit 50mal verkauft. Der Zuschaueranteil von DSDS lag teilweise bei über 50 Prozent. Der Kasseler Streitwert von 173. 500 Euro entspricht 65 Werbesekunden: In der ersten Staffel kostete eine halbe Werbeminute 80.000 Euro. Das BSG betonte, dass seine Wertung der sogenannten sachbezogenen TV-Unterhaltung ("factual entertainment") auch für andere Sendungen gilt, etwa "Big Brother" oder "Germany's next Topmodel".

Quelle: ntv.de, AFP/dpa

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