Kleiner Mann wird 80 Feuerstein gleitet aufs Altenteil
15.06.2017, 07:39 Uhr
Feuersteins Musik-Studium endet mit der Beleidigung des Hochschul-Präsidenten vorzeitig.
(Foto: picture alliance / Andreas Geber)
Er fliegt von der Hochschule, bringt das Satire-Magazin "Mad" nach Deutschland und ist Harald Schmidts kongenialer Partner: Herbert Feuerstein ist über Jahrzehnte eine feste Größe im hiesigen Unterhaltungsbetrieb. Nun ist Schluss.
Fürs Fernsehen fand Herbert Feuerstein sich schon vor fünf Jahren zu alt. Nun, genau an seinem 80. Geburtstag, verabschiedet er sich auch noch vom Radio. "Schöner erben" heißt die am heutigen Donnerstag im Westdeutschen Rundfunk (WDR) laufende Sendung mit literarischen Tipps etwa für die Verabschiedung der solventen Erbtante ins Jenseits - ein satirisches Kleinod als Abschiedsgruß vom Altenteil.
"Ich möchte meine Ruhe haben", sagte Feuerstein gerade der "Süddeutschen Zeitung" zu seinen nicht mehr vorhandenen Zukunftsplänen. Versuchungen gebe es immer wieder, "aber ich lehne fast alle neuen Sachen ab". So strahlt auch sein Haussender WDR im Fernsehen eine Sendung aus, die schon zu seinem 75. Geburtstag gemacht wurde - die Radiosendung zum Thema Erben ist also tatsächlich eine seltene, vielleicht seine letzte neue Veröffentlichung.
"Mad" macht ihn reich
Vor drei Jahren veröffentlichte der am 15. Juni 1937 im Bahnhofsgebäude im österreichischen Zell am See geborene Feuerstein noch seine Autobiografie. "Die neun Leben des Herrn F." heißt das Werk, in dem der Hundebesitzer mit den angeblichen neun Leben einer Katze humorvoll kokettiert - etwa mit seiner Körpergröße. "In Salzburg versucht Herbert Feuerstein aufzuwachsen, wird aber nur 1,65", heißt das erste Kapitel.
Das klingt humorvoller, als seine Kindheit tatsächlich war. Den eigenen Vater beschreibt Feuerstein als Nazi, die Mutter als abweisend. Die familiäre Kälte behinderte seinen Tatendrang jedoch nicht. Schnell stellte sich heraus, dass der Junge musisch begabt ist. Nach dem Abitur begann er ein Musikstudium am Wiener Mozarteum. Doch Feuerstein flog 1959 wegen Beleidigung des Hochschulpräsidenten von der Schule.
In den 60er Jahren wanderte er als Journalist in die USA aus. Dort entstand auch der Kontakt zu dem in den USA erfolgreichen "Mad"-Magazin, das er dann bald in Deutschland führte.
"Mad" mit seiner zentralen Figur Alfred E. Neumann bekam von Feuerstein einen eigenen deutschen Anstrich verpasst und avancierte zu einem Bestseller. Bis zu seinem Ausstieg 1992 wurden fünf Millionen Bücher und 50 Millionen Hefte verkauft. Und Feuerstein wurde mit diesem trashigen Humor ein reicher Mann, weil er sich eine Umsatzbeteiligung ausgehandelt hatte.
"Stöhn", "ächz", "hechel" oder "lechz" - diese Lautmalereien hielten nur dank Feuerstein Einzug in die Jugendsprache. Als sein Lebenswerk bezeichnet Feuerstein die 20 Jahre "Mad".
Kult-Paar aber keine Freunde
Auf den Ausstieg bei "Mad" folgte der Einstieg in Radio und Fernsehen. Vor allem im Fernsehen wuchs seine Popularität rasant. Im Rateteam der von Harald Schmidt zunächst im WDR und später in der ARD moderierten Show "Pssst!" entwickelte sich ab 1990 die Symbiose Schmidt-Feuerstein, die später in der zum Kult gewordenen Sendung "Schmidteinander" perfektioniert wurde: Schmidt bestimmte, Feuerstein wurde gequält - alles zur Unterhaltung des Publikums.
Freunde wurden Feuerstein und Schmidt trotz des gemeinsamen Erfolgs allerdings nie. "Auf persönlicher Ebene hatten wir uns in der Tat nie viel zu sagen", sagte Feuerstein einmal.
Die Bekanntheit durch "Schmidteinander" nutzte Feuerstein, um seine eigene Vielseitigkeit zu zeigen. Der in dritter Ehe verheiratete Journalist ging auf "Feuersteins Reisen", produzierte Fernsehfilme, wurde Kino- und Theaterschauspieler und widmete sich gerade in seinem Spätwerk wieder der Musik.
Dass er 50 Jahre nach seinem Rauswurf aus der Musikakademie zur Klassik zurückkehrte, begründete er zur Jahrhundertwende so: "Weil ich neugierig bin und alle zehn Jahre mein Leben komplett umkremple." Das Umkrempeln, das er nun zum 80. Geburtstag vollzieht, ist allerdings dem Publikum abgewandt.
Quelle: ntv.de, Von Ralf Isermann, AFP