Unterhaltung

Eine Naturgewalt Josef Bierbichler wird 60

Wie eine ungezähmte Naturgewalt - so wirkt Josef Bierbichler oft auf den ersten Blick. In dem Film "Winterreise" von Hans Steinbichler lebte der Schauspieler als ewig unzufriedener, polternder Geschäftsmann seine Gefühle mit Heftigkeit aus.

Rohe Kräfte walteten auch in seinem selbst konzipierten Theaterstück "Holzschlachten. Ein Stück Arbeit" 2006 an der Berliner Schaubühne. Darin hatte er Interviews des KZ-Arztes Hans Münch und Monologe des Autors Florian List verarbeitet: Wuchtig ließ Bierbichler die Axt immer wieder auf grobe Holzscheite niedersausen, verschwitzt und brachial.

Die andere Seite

Doch es gibt auch die andere Seite, empfindsam, nachdenklich und poetisch kann Bierbichler sein - etwa wenn er über seine Träume oder den Tod sinniert. Am 26. April feiert der Schauspieler seinen 60. Geburtstag.

Dass er Schauspieler wurde, bezeichnet Bierbichler als reinen Zufall, einen Reflex, eine fixe Idee. "Ich hab überhaupt nicht nachdenken müssen, was ich machen will", sagt er in einem Filmporträt der Filmemacherin Regina Schilling. Seine Kindheit und Jugend verbrachte er als Landwirtssohn in Ambach am Starnberger See. Schon früh stieg in dem idyllisch gelegenen Gasthaus "Zum Fischmeister" ein, das er noch heute führt.

Schauspielschule mit 23

Bis heute ist der "Bierbichler", wie die Gaststätte auch genannt wird, ein beliebtes Ausflugsziel vor allem bei schicken Münchnern. Doch das Gastgewerbe allein füllte Bierbichler nicht aus. Nach einer Lehre als Hotelfachmann bewarb er sich an der Otto Falckenberg Schauspielschule in München und wurde mit 23 Jahren prompt aufgenommen.

Bald feierte er Erfolge - in München, Hamburg, Berlin oder Wien. Prägend für Bierbichler war die Begegnung mit Herbert Achternbusch. Zahlreiche gemeinsame Projekte für Theater und Film entstanden, darunter "Bierkampf" oder "Heilt Hitler". Es folgten Filme mit Werner Herzog, Tom Tykwer oder Michael Haneke.

Mehrfach "Schauspieler des Jahres"

Mehrfach kürten ihn Kritiker zum "Schauspieler des Jahres", Bierbichler erhielt 1998 den Adolf-Grimme-Preis in Gold für seine Rolle in dem ZDF-Fernsehfilm "Freier Fall" und 2007 den Deutschen Filmpreis als "Bester Schauspieler" für seine Rolle in "Winterreise".

Auf die Gunst seiner Zuschauer schielte Bierbichler bei all seinen Auftritten aber nicht, den Applaus empfand er mitunter als unangenehm. "Das Publikum ist mir ehrlich gesagt relativ wurscht. Ich habe keine Angst davor und auch kein Lampenfieber", sagte er mal in einem Interview.

Das Publikum braucht er nicht

"Wenn die mitatmen und ich spüre, das entspricht jetzt dem, was ich auslösen wollte, dann ist es eine relativ angenehme Erfahrung, aber wenn ein Gegenatem entsteht, ist mir das eigentlich auch egal. Der Atem des Publikums, das klingt hocharrogant, aber den brauch' ich nicht."

2005 wandte Bierbichler den Münchner Kammerspielen den Rücken zu. Mit einem Brief verabschiedete er sich von der Bühne. "Ich habe keine Lust mehr auf das, worauf ich 30 Jahre Lust hatte, in einem Stück eine Rolle spielen", schrieb er darin.

Zufrieden, so scheint es, ist Bierbichler vor allem in der Natur. Wenn er Holz hackt im Wald oder von den Schönheiten seiner Heimat schwärmt. Dabei ist er mal melancholisch, mal poetisch und mitunter auch schwermütig. Viele Menschen um sich herum braucht er dazu nicht, er zieht er sich gerne zurück in seine Welt.

An die Einsamkeit erinnern

"Ich möchte noch einmal mit mir allein ich selbst sein und das geht - wie der Klang schon andeutet, nur allein", erklärt er in dem Filmporträt. "Ich möchte mich schon mal an die Einsamkeit erinnern, und das muss ich tun, solange ich noch lebe."

Von Cordula Dieckmann, dpa

Quelle: ntv.de

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